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Hatte der Sultan mit seinem Erlass zunächst lediglich eine gesetzliche Regulierung des Luxus im Auge, wenn auch mit dem erklärten Ziel, die Ungläubigen zu erniedrigen, so waren die Folgen doch weitaus schlimmer als wohl beabsichtigt. »Als der Sultanserlass bezüglich der dimmis der Bevölkerung von Alexandria zu Ohren gekommen war, wandte diese sich gegen die Christen und zerstörte zwei ihrer Kirchen. Außerdem zerstörte sie jüdische und christliche Häuser, welche die benachbarten muslimischen Häuser überragten. Auch im Fajum wurden zwei Kirchen zerstört« [zit. n. Lewis, II, 1982, S. 288].

Der Erlass war also Anlass zu einem Pogrom geworden. In der Folge beriet eine Versammlung von islamischen Rechtsgelehrten über die Rechtmäßigkeit der Zerstörung dieser Kirchen. Man kam zu dem Schluss, dass es nur dann rechtens sei, eine Kirche zu zerstören, wenn diese erst in islamischer Zeit errichtet worden war, wie es schon unter Kalif Omar Jahrhunderte zuvor festgelegt worden war. Die Kirchen Kairos blieben ein ganzes Jahr geschlossen. Erst auf die Bitten christlicher Herrscher hin wurden sie wieder geöffnet.

Die Templer und die Muslime

Die strengen Gesetze des Islams verhinderten aber nicht, dass auch freundschaftliche Kontakte zwischen Muslimen und Christen entstanden. In der Zeit der Kreuzzüge war dies auch gut möglich. In den Auseinandersetzungen untereinander kamen die islamischen Herrscher nicht umhin, Verträge mit den Kreuzfahrern gegen ihre eigenen Glaubensgenossen zu schließen, ja mit ihnen gemeinsam in die Schlacht zu ziehen. In den Ritterorden dienten unter den »Turkopolieren« Truppen von muslimischen Kämpfern, die als Einwohner des Landes für viele Einsätze besser geeignet waren als die Europäer. Der syrische Ritter Usama ibn Munqid berichtet in seinem Werk Kitab al-Itibar (Buch der Belehrung durch Beispiele) von seinen Kontakten zu den Templern. Er besuchte sogar deren Hauptquartier in der Moschee al-Aksa. Als er dort in einer kleinen Moschee beten wollte, versuchte ihn ein neu aus dem Westen gekommener Ritter daran zu hindern. »Gleich eilte eine Gruppe von Tempelrittern zu ihm, nahm ihn und führte ihn von mir weg. Ich widmete mich wieder dem Gebet. Doch der Franke überrumpelte die Tempelritter, fiel noch einmal über mich her und drehte mein Gesicht wieder nach Osten. ›So musst du beten!‹, rief er. Die Templer kamen zurück und holten ihn hinaus. Dann entschuldigten sie sich bei mir: ›Er ist noch fremd. Erst dieser Tage ist er aus dem Frankenland angekommen. Er hat noch nie jemand gesehen, der nicht nach Osten gewendet betet!‹« [Usama ibn Munqid, 1981, S. 151]

Der syrische Ritter sah diesen Vorfall als ein Beispiel für die »rohen Sitten« der Franken an. Er bezeichnet aber die Templer als »meine Freunde«, was für recht enge Kontakte zu ihnen spricht. Ihre Beziehungen waren offensichtlich von gegenseitigem Respekt und Anerkennung geprägt, was allerdings mehr die jeweiligen ritterlichen Qualitäten der Männer betraf.

Jörg Dendl

Angeführte Literatur:

Francesco Gabrieli, Die Kreuzzüge aus arabischer Sicht, Zürich 1973

Der Islam – Geschichte, Religion, Kultur, Ankara 1973

Bernard Lewis, Der Islam von den Anfängen bis zur Eroberung von Konstantinopel, 2 Bde. Zürich 1982

Donald P. Little, Jerusalem under theAyyubids and Mamluks 1187-1516 AD, in: Jerusalem in History, K. J. Asali (Hg.), Victoria House 1989, S. 177-199

F. E. Peters, Jerusalem, Princeton (NJ) 1985 Usama ibn Munqid, Unterhaltsames und Belehrendes aus der Zeit der Kreuzzüge, Holger Preißler (Übers./Hg.), Leipzig/Weimar 1981