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Eine zweite Reise nach China.

Jane wird nicht begeistert sein, sie wird ein weiteres Kind erwarten. Robert wird zögern. Aber nicht allzu lange.

Zwischen dem, was er aufschreiben und veröffentlichen, was er von Angesicht zu Angesicht erzählen wird, Jane, den Kindern, wem auch immer, wird vieles ungesagt bleiben.

Inmitten der Blumen, die er in China noch sammeln wird, auf den Philippinen und in Japan, wird etwas fehlen. Obwohl es am Ende Tausende sein werden, von denen ein gutes Dutzend seinen Namen tragen wird, und Tausende und Abertausende von geschmuggelten Teepflanzen und Samen, die den Tee von Assam begründen und den Tee von Darjeeling. Eine Goldader, gewaltig und unerschöpflich wie die Wasser des Ganges, die gemeinsam mit dem Silberfluss des Opiums das Britische Empire zum größten und mächtigsten Reich der Welt machen wird.

Etwas wird fehlen.

Selbst dann noch, als er mit dem Porzellan, das er auf seinen Reisen durch China erwirbt, ein Vermögen zusammenträgt. Mit Jade und Edelsteinen, Lackkästchen und Schnitzereien und Bronzestauen.

Glück. Wohlstand. Erfolg. In glänzendem Ruhm. Wie er es sich immer erträumt hat.

Ein Sehnen wird bleiben, ihn heimsuchen, und wieder und wieder wird er ihm nachgeben.

Diesem Sehnen nach China.

Nach diesem Land, in dem er auf eine Art er selbst sein kann, wie es ihm in England nicht möglich ist, und doch auch ein anderer. Ein Mann, der Räuber in die Flucht schlägt, Taifune übersteht und Piraten austrickst. Ein Blütensammler, der ein Abenteurer ist.

Nur eine blutige Rebellion, die ein Königreich des Himmels in China errichten will, mit Gottes Segen, und ein zweiter Krieg um Opium und Tee werden ihn zwischendurch davon abhalten, diesem Sehnen nachzugeben.

Davon, das zu suchen, was er einst in China gefunden und verloren hat.

Ein Fluss aus Tausenden azurblau leuchtender Blütensterne neben einem Fluss aus Wasser und das Gesicht eines Mädchens.

Mit diesen Augen wie dunkle Mandelkerne, die unergründlich und tief waren und doch zu lächeln verstanden, manchmal mehr sagten, als Worte es vermocht hätten.

Ein Bauernmädchen, benannt nach dem Herbstmond, unter dem es geboren worden war. Das gegen ein herzloses Schicksal aufbegehrte, das man ihm aufzwingen wollte, und ihr Leben in ihre Kinderhände nahm. Im Kloster der Alten Haine und Jungen Bäume wiedergeboren, als das Mädchen mit dem Schwert, von leidenschaftlichem Herzen und unbezähmbarem Willen.

Lian. Biegsam wie eine Weide. Stolz und stark wie die Sonne.

Diese Tochter des Windes, die ihr Schwert für Gerechtigkeit und für die Schwachen erhob und dem Weg der Flüsse und Seen folgte. Die immer wieder fortgehen musste, um zurückzukehren.

Die ihn das Kämpfen lehrte und das Atmen. Ihn lehrte, was Freiheit war und was Mut.

Eine Frau gewordene Orchidee mit den Narben einer Kriegerin, unter seinen Händen, auf seiner Haut. In der er sich verlor und neu wiederfand, hoch oben in den Bergen, schwebend zwischen Himmel und Erde, über einem Meer aus Wolken. Wo sie ihn reich an allen Schätzen der Seele zurückließ und doch beraubt und leer.

Es kann nicht wirklich gewesen sein, wird sein Verstand ihm sagen. Die Unrast, die durch seine Adern pulst, wird bleiben. Dieser Hunger nach Antworten auf seine Fragen, seine Zweifel. Nach Spuren, nach Hinweisen, die ihm verraten, ob es Erinnerungen sind, die ihn heimsuchen, oder Träume.

Gewissheit kann er nur in China erlangen, auf alten Wegen dort und auf neuen.

Und überall, wo er in China hinkommt, wird er Ausschau halten nach dem Land der vier Flüsse, die im Kreis fließen. Den Berg der erhobenen Augenbraue suchen. Nach dem Kloster des Weißen Kranichs wird er überall fragen.

Immer wird er auf der Suche bleiben.

Auf der Suche nach Lian.

Nachwort

Wo verläuft die Grenze zwischen Fakten und Fiktion?

Ungefähr hier: Es gab tatsächlich einen Botaniker namens Robert Fortune, in Schottland geboren und aufgewachsen, in England tätig, der im 19. Jahrhundert nach China reiste, dort die Blütenschätze von Blauregen, Päonien und Lilien hob, uns die Kumquat und die Kiwi mitbrachte und Teesetzlinge schmuggelte, während seine Frau Jane mit den Kindern zu Hause in England auf ihn wartete. Ihre Namen, Lebensdaten und manche Ereignisse in ihrer beider Leben habe ich mir für diesen Roman ausgeborgt.

Und hier: Lian ist die Essenz all jener Mädchen und Frauen, die in früheren Jahrhunderten als jianghu für andere wie für sich selbst kämpften. Mehr in Form von Legenden denn als historische Wahrheit überliefert – falls überhaupt –, fanden sie erst mit der Taiping-Rebellion Eingang in die Geschichtsbücher.

Körnchen von Tatsachen, die ich im Feld meiner Imagination ausgesät habe, um diesen Garten von einem Roman wachsen zu lassen.

Ebenfalls für diesen Roman ausgeliehen habe ich mir Erlebnisse auf den verschiedenen Reisen Robert Fortunes durch China, Auszüge aus den Dokumenten der Horticultural Society und Passagen aus den veröffentlichten Reiseberichten Robert Fortunes.

Sämtliche dem Roman und seiner einzelnen Teile vorangestellten Zitate sind von mir selbst ins Deutsche übertragen worden, wobei Arthur Waldegrave-Fernsby und Flora Greensleeves mitsamt ihrer zitierten Werke meiner Imagination entstammen.

Fehler, Irrtümer und Ungenauigkeiten jenseits aller künstlerischen Freiheit sind allein mir anzulasten.

Danke an meine Begleiter auf dieser Reise: Jörg. E.L. Carina, Anke, Corinna und Margrit; AK und Sanne.

Mein besonderer Dank gilt Claudia Wuttke und dem gesamten Team von HarperCollins Germany. Silvia Kuttny-Walser. Mariam und Thomas M. Montasser.

Ihnen ist es zu verdanken, dass mein Traum von diesem Buch Wirklichkeit geworden ist.