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»Viel Glück!« sagte Knowles noch, als die Aufzugtür sich schloß.

Viel Glück wobei? fragte Ainslie sich. Im Augenblick hätte er es als Glück empfunden, wäre seine Rolle in diesem Drama mit der Überbringung der Anklagebeschlüsse beendet gewesen. Aber er hatte den Verdacht, daß es dabei nicht bleiben würde.

Seine tiefen Depressionen vom vergangenen Freitag hatten über das Wochenende und auch gestern angehalten, als das Netz um Cynthia sich stetig enger zuzog.

In seinem Privatleben hatte es einige Veränderungen gegeben. Am späten Freitagabend hatte er Karen seinen Entschluß mitgeteilt, nach diesem Fall aus der Mordkommission auszuscheiden und vielleicht auch den Polizeidienst zu quittieren, obwohl das noch zweifelhaft war. Darauf hatte Karen ihn umarmt und ihm fast unter Tränen versichert: »Darling, ich bin so erleichtert! Ich habe erlebt, wie du unter diesen Scheußlichkeiten leidest. Du solltest bei der Polizei ganz aufhören. Mach dir um die Zukunft keine Sorgen; wir kommen schon irgendwie zurecht! Du bist wichtiger als alles andere - für mich, für Jason, für...« Sie legte eine Hand auf ihren im vierten Schwangerschaftsmonat gerundeten Bauch, »...für diesen Irgendjemand.«

Jetzt kam es darauf an, diesen Auftrag - unter allen Umständen sein letzter Einsatz - so rasch wie möglich durchzuführen.

Die Aufzugstür öffnete sich im Erdgeschoß des Gerichtsgebäudes.

Als Polizeibeamter hatte Ainslie seinen neutralen Dienstwagen gleich vor dem Gebäude geparkt, und die Fahrt ins Präsidium - drei Blocks nach Norden und zwei nach Westen -dauerte nicht lange.

Im Vorzimmer von Assistant Chief Serrano, der alle polizeilichen Ermittlungen beaufsichtigte, begrüßte ihn eine Sekretärin:

»Guten Tag, Sergeant Ainslie. Sie werden erwartet.« Sie stand auf und öffnete ihm die Tür zum Chefbüro.

Drinnen sprachen Otero Serrano, Mark Figueras, Manolo Yanes und Leo Newbold miteinander. Als Ainslie eintrat, verstummten sie und sahen ihm entgegen.

»Sind das die Anklagebeschlüsse, Sergeant?« Chief Serrano, ein großer, sportlicher Mann, saß an seinem Schreibtisch. Als ehemaliger Kriminalbeamter hatte er eine Bilderbuchkarriere gemacht.

»Ja, Sir.«

Ainslie überreichte ihm die mitgebrachte Aktenhülle. Serrano zog die zweifach ausgefertigten Schriftstücke heraus und verteilte sie, damit die anderen sie ebenfalls einsehen konnten.

Während die vier Männer lasen, führte die Sekretärin Ruby Bowe herein. Sie blieb bei Ainslie stehen und flüsterte. »Wir müssen miteinander reden. Ich habe ihr Kind gefunden.«

»Cynthias?« Er starrte sie verblüfft an. »Müssen wir...«

Sie antwortete flüsternd: »Nein, noch nicht.«

Von den anderen, die weiterlasen, war gelegentlich ein unterdrücktes Stöhnen zu hören, dann ächzte Figueras vernehmlich: »O Gott! Schlimmer hätte's nicht kommen können.«

»Manchmal passieren eben Dinge, die keiner für möglich hält«, stimmte Serrano resigniert zu.

Die Tür ging erneut auf, und Polizeipräsident Farrell Ketledge kam herein. Alle schwiegen und setzten sich unwillkürlich auf. »Weitermachen«, sagte der Chief halblaut. Er trat an ein Fenster, drehte sich um und erklärte Serrano: »Das ist Ihre Show, Otero.«

Die vier lasen weiter.

»Cynthia hat uns echt aufs Kreuz gelegt«, sagte Figueras. »Hat sich befördern lassen, nachdem sie den Mord an Jensens Exfrau und ihrem Freund vertuscht hatte.«

»Die gottverdammten Medien werden uns in der Luft zerreißen«, sagte Yanes voraus.

Obwohl der erste Anklagebeschluß wegen Mordes schwerwiegender war, schmerzten der zweite und dritte Beschluß Cynthias Vertuschung zweier Morde, als sie noch Kriminalbeamtin gewesen war, und das Verschweigen eines dritten Mordes - offenbar am meisten.

»Kommt der Fall vor Gericht, kann der Prozeß sich jahrelang hinziehen«, stellte Newbold fest. »Und wir stehen dann ständig unter Beschuß.«

Die anderen nickten resigniert.

»Das war's vorläufig«, entschied Serrano. »Ich wollte Sie auf dem laufenden halten, weil wir alle betroffen sind. Aber wir dürfen keine Zeit verlieren.«

»Wäre vielleicht nicht schlecht, wenn Ernst davon erführe, bevor wir sie holen.« Das war Manolo Yanes' Stimme. »Dann könnte sie sich anständigerweise eine Kugel in den Kopf jagen. Das würde allen eine Menge Scherereien ersparen.«

Ainslie hatte erwartet, daß Yanes' Bemerkung einen scharfen Tadel auslösen würde. Zu seiner Überraschung blieb er jedoch aus; statt dessen herrschte nur Schweigen. Bedeutet das etwa eine subtile Aufforderung? Als er diesen Gedanken als unwürdig verwarf, sprach Serrano ihn an.

»Das mag unangenehm für Sie sein, Sergeant Ainslie, aber wir haben beschlossen, Sie die Verhaftung vornehmen zu lassen.« Nach kurzer Pause fragte er rücksichtsvolclass="underline" »Bereitet Ihnen das irgendwelche Probleme?«

Er wußte es also. Ainslie konnte sich denken, daß sie alles von Cynthia und ihm wußten. Ihm fiel ein, was Ruby gesagt hatte: Wir sind schließlich Kriminalbeamte, nicht wahr?

»Es wird mir keinen Spaß machen, Sir. Wer hätte wohl Spaß daran? Aber ich tue, was erforderlich ist.« Irgendwie fühlte er sich Cynthia gegenüber verpflichtet, diese Sache durchzustehen.

Serrano nickte anerkennend. »Da es um einen City Commissioner geht, wird die Öffentlichkeit ab sofort jeden Schritt mit Argusaugen verfolgen. Sie genießen einen ausgezeichneten Ruf, und ich bin zuversichtlich, daß keine Pannen, keine Fehler passieren.«

Der Assistant Chief warf einen Blick auf den Zettel, den seine Sekretärin ihm eben hingelegt hatte. »Wir lassen Ernst seit heute morgen beschatten. Vor einer halben Stunde ist sie in ihr Büro im Rathaus gefahren. Dort befindet sie sich jetzt.« Er sah zu Ainslie auf. »Sie müssen eine Kriminalbeamtin mitnehmen. Detective Bowe wird Sie begleiten.«

Ainslie nickte. Heutzutage wurde keine Frau mehr von einem einzelnen Beamten verhaftet; das leistete Klagen wegen angeblicher sexueller Belästigung zu leicht Vorschub.

Serrano fuhr fort: »Ich habe angeordnet, daß Sie von einer Streifenwagenbesatzung unterstützt werden. Sie steht bereits unten und wartet auf Ihre Befehle. Und das hier brauchen Sie auch.« Er übergab den im Vorgriff auf die Anklagebeschlüsse ausgestellten Haftbefehl. »Und jetzt los!«

Im überfüllten Lift sah Ruby zu Ainslie auf, aber er murmelte: »Später. Erzählen Sie's mir unterwegs.« Als sie aus der Kabine traten, wies er Ruby an: »Sie besorgen uns einen Wagen. Ich rede inzwischen mit unseren Begleitern.«

Die beiden uniformierten Beamten - Sergeant Ben Braynen, den Ainslie gut kannte, und sein Partner - warteten vor dem Personaleingang neben ihrem blauweißen Streifenwagen. »Wir sind eure Verstärkung«, sagte Braynen zur Begrüßung. »Der Befehl ist von ganz oben gekommen. Du scheinst verdammt wichtig zu sein.«

»Höchstens vorübergehend«, erklärte Ainslie ihm. »Und ich bekomme trotzdem nur den üblichen Gehaltsscheck.«

»Okay, welchen Auftrag haben wir?«

»Wir fahren zur City Hall in Coconut Grove, wo die Commissioners ihre Büros haben. Ich nehme dort mit Bowe eine Verhaftung vor, und ihr kommt zur Verstärkung mit.« Er wies den Haftbefehl vor und zeigte seinem Kollegen, auf welchen Namen er ausgestellt war.

»Ohne Scheiß?« fragte Braynen ungläubig. »Stimmt das wirklich?«

Ruby Bowe stellte sich mit einem neutralen Dienstwagen vor den Streifenwagen.