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Titch regte sich nicht. Anschis Fäuste hämmerten auf seinen Brustpanzer, seinen Helm und seine Arme ein, bis ihre Haut blutig war, aber sie hörte auch dann nicht auf, sondern schrie und schlug weiter wie in Raserei auf den schweigenden Giganten ein, bis Skar endlich hinter sie trat und fast sanft ihre Arme ergriff.

Er konnte regelrecht spüren, wie alle Kraft aus Anschi wich. Aus ihren hysterischen Schreien wurde ein krampfhaftes Schluchzen. Sie ließ es zu, daß er sie mit sanfter Gewalt herumdrehte, aber dann riß sie sich los und wich zwei, drei Schritte von ihm und dem Quorrl zurück.

»Faß mich nicht an!« zischte sie. »Faß mich nie wieder an, Satai, oder ich töte dich.«

Skar unterdrückte ein verzeihendes Lächeln, schwieg aber, und auch Titch verbiß sich jeden Kommentar und trat schweigend neben ihn. Anschi starrte sie abwechselnd an, bückte sich dann nach ihrer Waffe und schob sie mit einer zornigen Geste in den Gürtel. Dann ging sie wortlos an Skar und dem Quorrl vorbei und betrat den Felsspalt, in dem die Krieger lagerten. Rasch sah sie sich um, schürzte abfällig die Lippen und wandte sich dann wieder an Skar. »Sind das alle?« fragte sie.

»Alle, die überlebt haben, ja«, antwortete Skar.

»Gut. Dann sag deinen fischgesichtigen Freunden, daß sie sich nicht von der Stelle rühren sollen, wenn sie Wert darauf legen, auch noch länger zu leben. Meine Schwestern werden auf jeden schießen, der diesen Ort verläßt.«

Skar wußte, daß das nicht wahr war. Nichts von allem hätte irgendeinen Sinn gehabt, wären Anschi und ihre Schwestern hergekommen, um zu kämpfen. Aber er widersprach auch jetzt nicht, und zu seiner Überraschung schien selbst Titch zu spüren, wie wenig Sinn es in diesem Moment gehabt hätte, Stolz zu zeigen. Statt aufzufahren gab er seinen Kriegern ein Zeichen, die Waffen zu senken.

»Wie geht es Yul?« fragte Skar.

»Sie ist tot.« Anschi sah ihn nicht an, sondern blickte starr in die entgegengesetzte Richtung, aber das Zittern ihrer Stimme war unüberhörbar. Sie war abermals dicht davor, die Beherrschung zu verlieren.

»Das tut mir leid«, sagte er.

Anschi drehte sich nun doch zu ihm herum und maß ihn mit einem langen, schwer einzuordnenden Blick. »Seltsam«, sagte sie. »Ich glaube dir sogar. Aber das ändert nichts daran, daß ich dich hasse. Irgendwann wirst du dafür bezahlen, Satai, das schwöre ich. Und dieses... Tier ebenso.«

Skar spürte, daß nun auch Titchs Selbstbeherrschung fast erschöpft war. Er mochte ebensogut wie Skar spüren, wie es hinter Anschis mühsam beherrschtem Gesicht aussah, aber er war noch immer ein Quorrl, und noch dazu ein Fürst seines Volkes, der es nicht gewohnt war, beleidigt zu werden.

Rasch trat er zwischen ihn und Anschi und sagte hörbar schärfer als bisher: »Bist du nur gekommen, um Drohungen auszustoßen?«

»Nein. Ich... habe euch etwas auszurichten. Etwas zu tun, das ich nicht tun will, aber muß. Yul ist tot, aber sie starb nicht sofort, sondern gab mir einen letzten Befehl. Ich...« Sie stockte. Ihr Blick hielt dem Skars plötzlich nicht mehr stand, und als sie weitersprach, spürte Skar, wie schwer ihr jedes einzelne Wort fiel. »Ich soll dafür sorgen, daß du und die Quorrl sicher in den Norden gelangen.«

»Du?« ächzte Titch. »Du sollst -«

Skar unterbrach ihn mit einer fast erschrockenen Geste. »Das ist alles?« fragte er. »Nichts weiter?«

»Reicht dir das nicht?« schnappte Anschi. Sie war den Tränen nahe.

»Keine Informationen?« vergewisserte sich Skar. »Nichts, was du mir sagen sollst?«

»Sie hatte nicht mehr viel Zeit«, antwortete Anschi wütend. »Sie starb in meinen Armen, Satai, und ihren letzten Atem verschwendete sie, um über dich zu sprechen, den Mann, der ihr den Tod gebracht hat!«

»Aber das stimmt doch nicht«, widersprach Skar sanft. »Ihr hättet -«

»Alles war gut, bevor du aufgetaucht bist«, unterbrach ihn Anschi mit zitternder Stimme. »Wir waren ihm so nahe! Wir hätten es fast geschafft, sein Vertrauen zu erringen. Noch eine Nacht, oder zwei, und er hätte uns gehorcht.«

»Wovon spricht sie?« fragte Titch.

Skar sah ihn nicht an, sondern hielt Anschi weiter mit Blicken gefangen. »Vom Dronte«, antwortete er. »Dem Wesen, auf dem die Ultha kamen. Ihrem Herrn.«

»Du... kennst dieses... dieses Ding?« fragte Titch. Mißtrauen klang in seiner Stimme mit, und Skar war verwirrt. Er hatte angenommen, daß Titch die Wahrheit kannte oder zumindest erraten hatte; schon weil es nicht eine einzige Frage gegeben hatte. Aber das stimmte nicht. Wahr war, daß der Quorrl auf seine Art so betäubt und erstarrt war wie Skar. Vielleicht mehr. Er hatte einfach nicht wissen wollen, was wirklich geschehen war.

»Sag es ihm«, verlangte Skar.

In Anschis Augen glomm ein gequälter Ausdruck auf. Sie versuchte, Titch anzusehen, aber es gelang ihr nicht. Sie tat Skar leid. Aber er wußte, daß er jetzt keinen anderen Ausweg mehr hatte. Er mußte Titch die Wahrheit sagen. Er hätte es längst tun sollen. »Sag es ihm!« verlangte er noch einmal. »Wiederhole, was Yul mir erzählt hat. Du weißt es doch, oder nicht? Du warst doch ihre Vertraute. Ihre Lieblingsschülerin.«

»Was... bedeutet... das?« fragte Titch schleppend. Er weiß es, dachte Skar. Er weiß es längst. Er wußte es schon damals, in Drasks Burg. Titch hatte es nur nicht wahrhaben wollen.

»Du hast mir die Legende von den Ultha erzählt, Titch«, sagte Skar, als klar wurde, daß Anschi nicht reden würde. »Die Legende vom Land der Toten und dem Daij-Djan, dem Teufel eures Volkes. Es ist keine Legende. Du hast den Daij-Djan gesehen, und du hast die Ultha gesehen.«

Titch schwieg, aber seine Hände begannen ganz sacht zu zittern. Er wußte, was kommen würde.

»Sie sind keine Dämonen, Titch«, fuhr Skar fort, ohne Anschi auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen. »Sowenig wie der Dronte und die Netzkreatur oder irgendein anderes Ungeheuer, das die Sternengeborenen erschufen.« Er wandte sich mit einer auffordernden, fast herrischen Geste an Anschi. »Sag es ihm!« Anschi schwieg weiter.

»Sie sind nicht einmal richtige Lebewesen«, fuhr Skar fort. »Sie sind... Dinge. Kreaturen ohne wirklichen eigenen Willen. Wenig mehr als Maschinen, die nur durch Zufall aus Fleisch und Blut bestehen. Ist es nicht so?«

Die Errish wich seinem Blick aus. Aber sie nickte. »Ja«, flüsterte sie. »Skar sagt die Wahrheit.«

»Aber wieso waren sie hier?« fragte Titch. »Bei euch?!«

»Weil wir sie gerufen haben«, antwortete Anschi leise. Titch sog scharf die Luft ein, und Skar legte ihm abermals beruhigend die Hand auf den Unterarm. Titch schüttelte sie ab.

»Sie kamen, kurz nachdem der Wächter Elay übernommen hatte«, fuhr Anschi fort. »Sie jagten uns, und sie töteten viele unserer Schwestern. Aber Yul erkannte, daß sie nichts als Werkzeuge waren. Skar hat recht - sie sind Tiere, weniger noch als Tiere. Sie denken, und sie sind intelligent - jedenfalls glaube ich das -, aber sie haben keinen eigenen Willen.«

»Und als der Wächter starb, da habt ihr versucht, ihren Geist zu übernehmen«, vermutete Skar. »So wie ihr es mit den Tyrr und den Daktylen tut.«

Anschi nickte. »Und es wäre uns gelungen. Wir hätten sie ebenso beherrscht. Yul war sicher, daß es uns gelingt.«

»Niemand kann Feuer mit Feuer bekämpfen«, sagte Titch. »Wir schon!« behauptete Anschi. »Wir sind Errish, keine -«