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Skar versuchte zu erkennen, was die Männer taten, aber es gelang ihm nicht. Seine Position am Höhleneingang war zu ungünstig, um ihn mehr als huschende Schatten und einzelne nicht zu identifizierende Bewegungen wahrnehmen zu lassen. Er versuchte, sich ein wenig weiter vorzuarbeiten, wobei er den Leichnam des Quorrl als Deckung ausnutzte. Seine Hand glitt über die graugrünen Schuppen des toten Giganten.

Und zuckte erschrocken zurück.

Der Quorrl lebte.

Sein Gesicht war starr, und über den weit aufgerissenen Augen lag ein milchiger Schleier, aber der Quorrl atmete, und als Skar behutsam nach seinem Hals tastete, spürte er einen ganz schwachen, aber regelmäßigen Pulsschlag. Er lebte.

Verblüfft ließ Skar sich wieder zurücksinken. Der Quorrl lebte. Er hatte gesehen, wie ihn das grüne Feuer traf und zu Boden streckte, aber wie immer diese unheimliche Waffe wirkte, sie tötete offensichtlich nicht - und das hieß, daß Titch vielleicht auch noch am Leben war.

Skar zog sich lautlos weiter vom Höhleneingang zurück, schob die Waffe wieder in den Gürtel und sah sich um. Die Schatten der beiden Errish waren deutlich näher gekommen, aber Skar verwarf den flüchtigen Gedanken, sie anzugreifen, sofort wieder. Er ignorierte allerdings auch das mahnende Flüstern hinter seiner Stirn, das ihn dazu bringen wollte, zu verschwinden, solange er noch Zeit dazu hatte. Statt dessen wich er ein paar Schritte zur Seite, suchte sich einen Felsen, hinter dem er geschützt war, und wartete. Seine Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt.

Die beiden Errish kamen nur ganz allmählich näher. Das Gehen auf dem stark abschüssigen Hang schien ihnen große Mühe zu bereiten; sie liefen stark nach vorne gebeugt, wie Menschen, die sich gegen einen unsichtbaren Sturm stemmten, und ihre Bewegungen waren... falsch. Hölzern wie die von Puppen. Oder Menschen, dachte Skar, die unter dem Einfluß eines fremden Willens standen. Aber es waren Errish. Es war unmöglich, eine Errish zu hypnotisieren.

Er wartete.

Minuten vergingen, reihten sich aneinander und wurden zu einer Viertelstunde, bis die beiden Gestalten endlich die Höhle erreichten und stehenblieben. Der Feuerschein überschüttete ihre Gesichter mit rotem Licht und verwirrenden Schatten, die es unmöglich machten, irgendeinen Ausdruck darauf zu erkennen, aber Skar sah zumindest, daß eine der beiden jungen Frauen niemand anderes als Anschi selbst war. Der Anblick erfüllte ihn mit dumpfer Wut, die allerdings zu einem nicht geringen Teil ihm selbst galt. Was für ein Narr war er gewesen, sich von diesem Kind übertölpeln zu lassen! Und sein Zorn stieg noch, als auch die zweite Errish die Kapuze zurückstreifte und er Kiina erkannte.

Eine der schwarzgepanzerten Gestalten trat aus der Höhle heraus und blieb dicht vor den beiden Errish stehen. Anschi und ihre Begleiterin senkten demütig das Haupt, und der Riese hob die Hände an den Kopf und setzte den Helm ab.

Skar unterdrückte im letzten Moment einen ungläubigen Aufschrei.

Das Gesicht unter dem bizarren Riesenhelm war alt, uralt. Ungezählte Jahre hatten es in ein Gewirr von Falten und Runzeln verwandelt, in dem nur noch die Augen zu leben schienen, dunkle, grundlose Augen voll uraltem bösem Wissen und dem unstillbaren Hunger nach Macht, der etwas in ihrem Hintergrund in Brand zu setzen schien. Und er kannte dieses Gesicht. Es war Drask.

Aber das war doch unmöglich! Der Zauberpriester war vor seinen Augen gestorben, und er selbst war dabeigewesen, als sein Körper verbrannt worden war!

»Wir sind bereit, Herr«, sagte Anschi. Ihre Stimme war leise und klang so holprig, wie ihre Bewegungen waren, aber in der Stille der Nacht konnte Skar trotzdem jedes Wort so deutlich hören, als stünde er neben ihr. »Die Daktylen sind gesattelt.«

»Der Satai«, antwortete der Mann mit Drasks Gesicht. »Ihr habt ihn?«

Es war nicht Draks Stimme, dachte Skar verwirrt. Sie klang... ähnlich, aber nicht gleich. Er versuchte, das Gesicht über der bizarren schwarzen Rüstung genauer zu erkennen, aber die Entfernung war einfach zu groß.

Anschi zögerte, zu antworten. »Noch... nicht«, sagte sie schließlich.

Der Zauberpriester legte den Kopf schräg und sah sie stirnrunzelnd an. »Noch nicht?« wiederholte er. »Was soll das heißen? Habt ihr ihn in Gewahrsam oder nicht?«

»Kiina hat ihn betäubt«, antwortete Anschi hastig. »Aber dieses dumme Kind kann sich nicht genau erinnern, wo.«

»Dann sucht ihn!« kreischte sie der Zauberpriester an. Skar sah jetzt immer mehr Unterschiede zu Drask. Es war nicht nur eine andere Stimme. Sein Gesicht war und blieb das des greisen Priesters, der um ein Haar ihr gesamtes Heer vernichtet hätte, aber seine Gestik war anders. Es war eine zufällige Ähnlichkeit; wenn auch eine, die Skar schauern ließ, denn sie machte ihm klar, wie wenig sie bisher alle über das Volk wußten, mit dem sie um nichts weniger als ihre gesamte Welt kämpften.

»Das werden wir, Herr«, sagte Anschi. »Wir werden ihn finden.«

»Gut«, antwortete der Mann mit Drasks Gesicht. Er fügte nichts hinzu, keine Drohung, keine Ermahnung, aber vielleicht war es gerade das, was Anschi wie unter einem Hieb zusammenfahren ließ, denn der alte Mann sprach mit dem Selbstbewußtsein eines Menschen, der es gewohnt war, seine Befehle ausgeführt zu sehen, und keine Ausflüchte und Entschuldigungen gelten ließ. »Dann bereitet alles für den Aufbruch vor«, fuhr er fort. »Wir erwarten euch in zwei Tagen.«

»Und die Quorrl?« fragte Anschi. »Sollen wir sie töten?«

Drask - der nicht Drask war - schüttelte den Kopf. »Das werden die Drachen und Schakale erledigen«, sagte er kalt. »Bindet sie, und sorgt dafür, daß sie sich nicht zu schnell befreien können, wenn die Betäubung nachläßt. Bis auf den Krieger in der goldenen Rüstung.«

»Titch?«

»Wenn das sein Name ist, ja«, antwortete der Zauberpriester. »Ich habe viel über ihn gehört. Ihr werdet ihn mitnehmen.« Anschi zögerte. Ihr Gesicht spiegelte deutlich das Unbehagen wider, mit dem sie der Befehl des Alten erfüllte. »Er ist... gefährlich, Herr«, sagte sie unsicher.

»Dann behandelt ihn entsprechend«, fuhr sie der Alte an. »Setzt ihn meinetwegen unter Drogen, oder legt ihn in Ketten, aber verletzt ihn nicht. Und vergreift euch nicht an seinem Geist. Wir brauchen Männer wie ihn. Und jetzt geht und sucht diesen Satai, bevor ich es tun muß.« Die Drohung, die in diesen Worten mitschwang, war unüberhörbar. Anschi fuhr abermals zusammen, während Kiinas Gesicht ausdruckslos blieb. Skar revidierte in Gedanken seine Meinung über die Unbeeinflußbarkeit einer Errish. Vielleicht hatten sie die Zauberpriester trotz allem noch unterschätzt.

Die beiden jungen Frauen machten sich auf den Rückweg ins Lager hinab, aber Skar blieb, wo er war. Gebannt sah er zu, wie der Zauberpriester zurück in die Höhle ging, wobei er seinen sonderbaren Helm wieder aufsetzte und vom Menschen zum Ungeheuer wurde. Nach einer Weile kehrte er zurück, jetzt aber nicht mehr allein, sondern begleitet von fast einem Dutzend gleichaltriger, in absurde Rüstungen gehüllter Gestalten.