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Skars Lungen brannten wie Feuer, und vor seinen Augen begannen feurige Kreise zu flimmern. Der Arm, den Titch ihm auf den Rücken drehte, schmerzte unerträglich. Aber er hörte erst auf zu toben, als er das Bewußtsein zu verlieren begann.

Titchs Griff lockerte sich, aber nur so weit, daß Skar wieder atmen konnte. Er taumelte, rang keuchend nach Luft und brach ganz langsam in die Knie. Titch folgte der Bewegung, stützte ihn, als er zusammenbrach, hielt ihn aber auch gleichzeitig fest, selbst, als Skar längst aufgehört hatte, sich zu bewegen.

»Was ist los mit dir?« schrie er.

Skar antwortete nicht, aber Titch schien zu spüren, daß es vorbei war. Zögernd ließ er Skars Hand los, drehte ihn auf den Rücken und trat rasch einen Schritt zurück, um nicht von einem neuerlichen Angriff überrascht zu werden.

»Was soll das?« fragte er mißtrauisch, und viel mehr verwirrt als zornig: »Bist du verrückt geworden?«

»Vielleicht«, stöhnte Skar. Das Sprechen fiel ihm schwer. Titchs unbarmherziger Griff hatte etwas in seinem Hals verletzt. Er schmeckte Blut. »Vielleicht bin ich das wirklich«, wiederholte er. »Oder ich werde es. Großer Gott, Titch - was geschieht mit uns?«

»Du hast es doch selbst gesagt«, grollte Titch. »Du wirst verrückt - und ich bin es offenbar schon, mich immer noch mit dir abzugeben.« Er legte den Kopf auf die Seite und sah Skar mißtrauisch und sehr lange an.

»Du hast wieder geträumt?«

Skar nickte. Er versuchte aufzustehen, aber seine Kräfte versagten. Er fühlte sich schwächer denn je. Der Schlaf hatte ihn erschöpft, statt seine Kräfte zu regenerieren; er sank stöhnend zurück, blieb sekundenlang mit geschlossenen Augen liegen und versuchte es noch einmal. Titch sah ihm schweigend zu, machte aber keine Anstalten, ihm zu helfen. Ganz im Gegenteil - als Skar endlich auf eigenen Füßen stand, wich er einen Schritt zurück. »Ist es... vorbei?«

Skar lauschte in sich hinein. Es war nicht vorbei, weil es nie vorbei sein würde, solange dieses fürchterliche Flüstern in seinen Gedanken nicht aufhörte, aber für den Moment hatte er die rote Haßkreatur besiegt. Er nickte, und Titch schien zu spüren, daß es die Wahrheit war, denn er atmete hörbar auf. Skar konnte sehen, wie die Spannung aus ihm wich.

»Gut«, sagte er. »Wenn du wieder klar genug bei Verstand bist, mir zuzuhören, können wir vielleicht weitergehen.« Die Stimme des Quorrl zitterte. Skar sah ihn aufmerksamer als bisher an und erschrak. Titchs Gesicht war voller Blut, und längst nicht alles davon stammte von Skar. Und die Art, in der er den rechten Arm hielt, verriet, daß er verwundet war.

»Ich habe dich verletzt«, sagte er. »Das... tut mir leid. Laß mich sehen.«

Titch schlug seine Hand beiseite, als Skar nach seinem Arm greifen wollte. »Das ist nichts«, sagte er. »Ein Kratzer. Du kannst mich nicht ernsthaft verletzen, weißt du? Aber du warst überraschend gut - für einen Menschen«, fügte er hinzu.

Skar schwieg betroffen. Er hatte Titch verletzt, das wußte er. Er konnte es sehen, und er hatte gespürt, wie irgend etwas unter seinen Fäusten zerbrochen war, und das waren nicht nur die harten Panzerschuppen des Quorrl gewesen.

»Wir werden es nicht schaffen, Titch«, flüsterte er. »Wir haben keine Chance. Es... es wird schlimmer, mit jedem Mal, wenn ich schlafe. Das nächste Mal bringe ich dich vielleicht um.«

Titch lachte unecht. »Der Mensch, der einen Quorrl mit bloßen Händen umbringt, muß erst noch geboren werden«, sagte er leichthin. Skar wollte protestieren, aber Titch schnitt ihm mit einer herrischen Geste das Wort ab. »Ich habe mich ein wenig umgesehen, während du geschlafen hast. Interessiert dich, was ich gefunden habe?« Er wartete Skars Antwort erst gar nicht ab, sondern drehte sich halb herum und deutete in die Richtung, aus der er gekommen war, ohne Skar dabei jedoch auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen.

»Dort hinten sind Spuren, und sie sind nicht älter als eine Stunde. Zwei, vielleicht drei.«

»Daktylen?«

»Nein«, antwortete Titch. »Aber auch keine Reiter.« Er machte eine hilflose Handbewegung. »Ich habe Spuren wie diese noch nie gesehen, aber ich denke, es sind Drachenspuren. Und die von Menschen. Wir sollten uns darum kümmern.«

Skar zögerte, aber nur einen Moment. Titch wollte nicht mit ihm über das sprechen, was geschehen war, und er konnte den Quorrl sogar verstehen. Reden nutzte keinem von ihnen. Und es machte die Gefahr nicht kleiner. Wortlos bückte er sich nach seinem Mantel, warf ihn über und trat mit einer auffordernden Geste neben den Quorrl. Die Stille fiel ihm auf, als sie in den Busch eindrangen. Sie hatten - schon aus Furcht vor Raubtieren - ihr Lager fast unmittelbar am Rande des kleinen Waldflecken aufgeschlagen, nur durch ein paar Büsche geschützt, aber Skar wußte, daß der Dschungel nicht sehr groß war - ein Stück von zwei, allerhöchstens drei Meilen Länge und der doppelten Breite, von der sie auf ihrem Marsch durch die Nacht allerdings schon das allergrößte Stück hinter sich gebracht hatten. Titch und er waren nicht besonders leise, was allein daran lag, daß sie sich mehr als nur einmal ihren Weg durch das verfilzte Unterholz hacken mußten. Trotzdem hätte es Geräusche geben müssen: der Dschungel quoll schier über vor Leben, und wo so viele Pflanzen Nahrung und Lebensraum fanden, mußte es einfach auch Tiere geben. Aber sie sahen und hörten nichts; nicht den mindesten Laut.

Skar sprach den Quorrl darauf an. Titch zuckte nur mit den Schultern, aber nach einem weiteren Dutzend Schritte blieb er plötzlich stehen und deutete mit der Schwertspitze auf einen Punkt dicht neben sich. Skar beugte sich neugierig vor.

Was Titch ihm zeigte, war ein Spinnennetz. Es war unversehrt, mußte aber schon mehrere Tage alt sein, denn die feinen klebrigen Fäden waren voller Staub und Schmutz. Die Spinne selbst - ein gewaltiges Tier, mit einem Körper so groß wie Skars Daumennagel und fast fingerlangen, haarigen Beinen, hing tot in ihrem Nest im Zentrum des Netzes.

»Und?« Skar warf Titch einen fragenden Blick zu.

Der Quorrl lächelte humorlos und deutete abermals mit seinem Schwert. Diesmal mußte Skar genauer hinsehen, um zu erkennen, was Titch ihm zeigen wollte. Aber als er es sah, erschrak er zutiefst.

Unweit des Spinnennetzes lag ein graugrünes Knäuel auf dem Boden, halb bedeckt von Erdreich und Blättern; ein bizarres Etwas, das Skar im allerersten Moment wie eine absurde Eidechsenkreatur mit zwei Köpfen und mindestens sechs Beinen vorkam. Bis er erkannte, daß es zwei Tiere waren: eine kleine, hellgrüne Eidechse mit schlanken Gliedern und einem fast intelligent anmutenden Gesicht, und eine etwas größere, schuppige Kreatur, die nur aus Krallen und gezackten Panzerplatten zu bestehen schien. Die Tiere hatten sich gegenseitig umgebracht. Selbst im Tode waren ihre Zähne und Krallen noch in den Körper des anderen geschlagen.

»Wenn du dich genauer umsiehst, wirst du noch mehr finden«, sagte Titch düster. »Überall. Du bist nicht der einzige, der schlechte Träume hat.«

»Du meinst, es... wirkt auch auf Tiere?«

Titch hob zur Antwort nur die Schultern, aber Skar mußte plötzlich daran denken, was Kiina ihm gesagt hatte: Sie haben uns die Drachen genommen. Und da war die riesige Gottesanbeterin gewesen, die sie in den Bergen angegriffen hatte.

»Ich weiß es nicht«, knurrte Titch nach einer Weile. »Aber ich habe mich gründlich umgesehen, in den letzten Stunden. Wenn du mich fragst, dann lebt hier nichts mehr. Dieses ganze verdammte Tal ist ein Grab. Und noch etwas.« Er zögerte, und als er weitersprach, tat er es in einer Art, als wäre er nicht ganz sicher, ob es richtig war, Skar seine Beobachtung mitzuteilen. »Ich bin... auf einen der Bäume gestiegen, um mich umzusehen.«