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Skar sprang. Mit einem verzweifelten Satz federte er in die Höhe, flog in einem ungeschickten halben Salto über den grünen Lichtblitz hinweg und verlor das Gleichgewicht, als er seinen Sturz abzufangen versuchte. Der Mann in der schwarzen Rüstung stieß ein verblüfftes Keuchen aus und wirbelte herum, aber er war um eine Winzigkeit zu langsam: Skars Schwert blitzte auf, beschrieb einen glitzernden Halbkreis und prellte ihm die Waffe aus den Fingern.

Der Mann schrie auf, taumelte zurück und umklammerte seine verstauchte Hand, aber er war keineswegs außer Gefecht gesetzt. Als Skar auf ihn zusprang, drehte er sich blitzschnell zur Seite, wich seinem nachgesetzten Hieb aus und trat nach Skars Knie. Eine Sekunde später prallten sie zusammen und stürzten aneinandergeklammert zu Boden.

Skar begriff im gleichen Augenblick, daß er einen Fehler gemacht hatte. Der Fremde war ihm an Körperkraft hoffnungslos unterlegen; aber seine Rüstung machte ihn fast unverwundbar. Sie bestand nicht aus Leder, wie Skar bisher angenommen hatte, sondern aus fingerbreiten, eng ineinanderliegenden Ringen aus mattem schwarzem Metall, von dem Skars Finger haltlos abglitten. Er rang den anderen zu Boden und hielt ihn fast mühelos nieder, aber sehr viel mehr als ihn festhalten konnte er nicht. Hätte er zugeschlagen, hätte er sich an der stahlharten Panzerung allerhöchstens die Hand gebrochen.

Schritte näherten sich, und das Geräusch eines schweren Körpers, der rücksichtslos durch das Unterholz brach. Skars Gedanken überschlugen sich. Er konnte nicht hierbleiben, aber eine Flucht war ebenso sinnlos. Die Männer mußten einfach nur in den Wald hineinschießen, um ihn zu erwischen; die Reichweite des grünen Lichtes war beträchtlich.

Als der zweite Zauberpriester näher kam, sprang er auf die Füße und riß seinen Gefangenen einfach mit sich. Er wirbelte herum, hielt den Mann wie einen lebenden Schutzschild vor sich und rammte ihm die Spitze seines Schwertes in die Seite. Ein dumpfes, erschrockenes Stöhnen drang unter dem gewaltigen Helm des Zauberpriesters hervor, und sein Widerstand erlosch. Er mußte die Waffe kennen, mit der Skar ihn bedrohte: die Klinge des Tschekal bestand aus Sternenstahl, einem Metall, das Eisen so mühelos schnitt wie weiches Holz. Skar bezweifelte insgeheim, daß seine Kraft ausreichen würde, die Klinge durch den schwarzen Metallpanzer zu stoßen; aber das wollte er ja auch gar nicht.

Der zweite Zauberpriester blieb stehen, als er sah, daß Skar seinen Kameraden mit dem Schwert bedrohte. Die Waffe in seiner Hand bewegte sich nach oben, und der grüne Kristall an ihrem Ende schien Skar anzustarren wie ein kleines, böses Auge. Aber er schoß nicht.

Statt dessen kam er einen weiteren Schritt näher und blieb hastig wieder stehen, als Skar eine drohende Bewegung mit dem Schwert machte.

»Keinen Schritt mehr«, sagte er. »Oder ich töte deinen Kameraden. Du kannst mich niederschießen, aber vorher stoße ich ihm das Schwert in den Leib.«

Der andere zögerte. Die Augen unter dem schwarzen Riesenhelm starrten Skar fast ausdruckslos an. »Du bist der Satai«, sagte er schließlich. »Skar.«

Skars Blick wanderte zwischen dem glühenden grünen Auge der Waffe und denen des Zauberpriesters hin und her. Aus irgendeinem Grunde zögerte der Mann, ihn einfach mitsamt seinem Kameraden niederzuschießen. Vielleicht war das grüne Feuer nicht ganz so harmlos, wie er bisher angenommen hatte. Daß Titch und seine Quorrl es unverletzt überstanden hatten, bedeutete nicht unbedingt, daß auch er es überlebte. Ein Quorrl war fünfmal so widerstandsfähig wie ein Mensch.

»Und wenn?« fragte er nach einer Weile. Er mußte Zeit gewinnen.

»Wenn, dann wirst du Brol nicht töten«, sagte der Mann mit dem Riesenhelm ruhig. »Du bist kein Mörder. Wir kennen dich.«

»Da wäre ich nicht so sicher«, sagte Skar. »Ich habe keine große Wahl, weißt du?«

Der andere zuckte mit den Achseln, schüttelte bedächtig den Kopf und senkte seine Waffe. Seine Finger bewegten sich; Skar hörte ein deutliches ›Klick‹, und das grüne Feuer verglomm. »Wir sind nicht deine Feinde«, fuhr der Zauberpriester fort. »Es besteht kein Grund für dich, Brol noch länger festzuhalten. Wir sind nicht hier, um mit dir zu kämpfen.«

Skar lachte bitter. Sein Griff lockerte sich nicht um einen Deut. »Ich weiß«, antwortete er höhnisch. »Ihr seid nur zufällig hier, wie?«

»Keineswegs«, antwortete der Zauberpriester. »Wir suchen dich schon seit zwei Tagen. Und nicht nur wir. Aber nicht, um dich zu töten oder irgend etwas anderes Unsinniges zu tun. Wir wollen dir helfen.«

»Helfen?« Skar schnaubte. »So wie Yul und dieses Miststück Anschi?«

»Wie Yul«, bestätigte der Fremde. »Anschi ist ein dummes Kind. Sie hat einen Fehler gemacht, aber sie wußte es nicht besser. Es war auch unser Fehler; wir hätten kein Kind mit einer Aufgabe betrauen sollen, die eines Erwachsenen bedarf. Es war dumm von ihr, die Quorrl zu töten, und völlig überflüssig. Sie wird bestraft werden.« Er schwieg einen Moment, dann ging er ganz behutsam in die Hocke, legte seine Waffe vor sich auf den Boden, richtete sich wieder auf und breitete die Hände aus.

»Du hast nichts vor uns zu befürchten«, fuhr er fort. »Wir sind hier, um dir zu helfen. Du bist krank, Skar.«

»So?«

»Und du weißt es ganz genau. Du wirst jeden Tag schwächer. Du bist ebenso krank wie Kiina.«

»Wo ist sie?« schnappte Skar. »Was habt ihr mit ihr gemacht?«

»Nichts«, antwortete der andere mit einem leisen, fast ehrlich klingenden Lachen. »Oder doch dasselbe, was wir mit dir tun werden. Wir haben sie geheilt. Ihr Zustand bessert sich bereits. Aber du wirst sterben, wenn du nicht mit uns kommst.«

»Ich fürchte, das wird auch geschehen, wenn ich es tue«, sagte Skar. Aber seine Stimme klang nicht mehr ganz so überzeugt wie bisher. Sein Arm, der das Schwert hielt, begann zu schmerzen, aber er versuchte nicht, das Zittern zu unterdrücken. Er wußte, daß der andere ein scharfer Beobachter war, der die kleinen Zeichen von Unsicherheit und Schwäche sorgsam registrieren würde. »Skar, bitte«, fuhr der Zauberpriester fort. »Ich weiß, daß du Brol und mich besiegen kannst. Wir kennen deinen Ruf, und wir kennen dich, besser vielleicht als du selbst. Ich werde nicht mit dir kämpfen.« Er bückte sich, hob seine Waffe wieder auf und schob sie mit einer achtlosen Geste in eine lederne Hülle, die an seinem Gürtel hing.

»Ich werde jetzt gehen und bei den Tieren auf dich warten. Du kannst Brol hierlassen und fliehen, wenn du willst. Es gibt noch mehr von uns, aber ich bin nicht einmal sicher, ob wir dich einfangen könnten. Lauf weg, wenn du willst. Aber dann stirbst du, und zwar bald und sehr qualvoll. Oder du kannst mit uns kommen und leben.«

»Als euer Sklave, ja«, sagte Skar verächtlich. Er bemühte sich, in seine Stimme genau jenen Ton von Trotz zu legen, den der andere erwartete. »So wie Kiina.«

»Wir haben ihr für kurze Zeit ihren Willen geraubt, das ist wahr«, gestand der Zauberpriester ruhig. »Aber das geschah nur zu ihrem eigenen Schutz.« Er zuckte mit den Achseln, sah Skar noch einmal lange und fragend an und drehte sich um. Skar wartete, bis er zwei, drei Schritte gemacht hatte, dann rief er ihn zurück: »Priester.«

Der Mann drehte sich herum. »Ich bin kein Priester. Mein Name ist Ian. Hast du es dir überlegt?«