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»Du hörst dich wie ein echter Redneck an.«

Andrew lachte. »Fast, ich bin ein Ocker. Ein einfacher Mann vom Land.«

»Das bist du ganz bestimmt nicht.«

Andrew lachte noch lauter.

Der erste Kampf begann. Ein gedrungener, rothaariger kleiner Kerl, der seine eigenen Boxhandschuhe und einen privaten Fanclub mitgebracht hatte, kämpfte gegen einen noch kleineren Mann aus dem Team von Chivers.

»Ire gegen Ire«, sagte Andrew mit dem Blick des Kenners.

»Dein sechster Sinn?« fragte Harry.

»Meine zwei Augen. Rote Haare. Also: Iren. Zähe Kerle, das wird ein langer Kampf werden.«

»Go-go-Johnny-go!« stimmte der Fanclub an.

Es gelang ihnen, das zweimal zu rufen, bevor der Kampf vorüber war. Da hatte Johnny drei ordentliche Schläge auf die Nase bekommen und wollte nicht mehr weiterkämpfen.

»Die Iren sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren«, seufzte Andrew.

Die Zuschauer wetteten bereits ganz offen, wer den nächsten Kampf gewinnen würde. Sie scharten sich um zwei Männer mit breitkrempigen Hüten, die ganz offensichtlich die Buchmacher waren. Alle schrien durcheinander, während die knitterfreien australischen Dollarnoten den Besitzer wechselten. In rasendem Tempo wurden mündliche Vereinbarungen getroffen, ohne daß irgend etwas notiert wurde, einzig ein Nicken der Buchmacher bestätigte, daß die Wette angenommen worden war.

»Wie war das wieder mit der Glücksspielverordnung?« brummte Andrew und rief drei, vier Worte, die Harry nicht verstand.

»Was hast du gemacht?«

»Ich habe hundert Dollar darauf gesetzt, daß der Boxer von der Mannschaft von Chivers seinen Gegner in weniger als zwei Runden k.o. schlägt.«

»Das hat doch wohl keiner in dem Gewühl dort vorne mitbekommen?«

Andrew amüsierte sich im stillen. Anscheinend gefiel ihm seine Rolle als Dozent.

»Hast du nicht gesehen, daß der Buchmacher mit der Augenbraue gezuckt hat? Das nennt man simultane Aufnahmefähigkeit, Harry. Teils angeboren, teils erlernt. Viele Sachen gleichzeitig hören zu können und dabei das Wichtige aus all dem Lärm herauszufiltern.«

»Hören?«

»Ja, hören. Hast du das schon einmal versucht, Harry? Das ist in manchen Situationen recht nützlich.«

Es knackte in den Lautsprechern, und Terry kündigte über das Mikrophon Robin »The Murri« Toowoomba und Bobby »The Lobby« Pain, einen lokalen tapferen Streiter, an, der mit einem Brüllen über die Seile des Boxrings sprang. Er zog sein T-Shirt aus und entblößte eine haarige, kräftige Brust und angespannte Oberarmmuskeln. Eine weißgekleidete Frau hüpfte unmittelbar vor dem Ring auf und ab, und Bobby warf ihr eine Kußhand zu, bevor ihm zwei Assistenten in die Boxhandschuhe halfen. Ein Raunen ging durch den Saal, als Toowoomba durch die Seile stieg und den Ring betrat. Er war ein großgewachsener, ungewöhnlich schwarzer, hübscher Mann.

»The Murri?« fragte Harry.

»Ein Aborigine aus Queensland.«

Johnnys Fanclub meldete sich wieder zu Wort. Sie hatten bemerkt, daß sie auch »Bobby« in ihrem Schlachtruf verwenden konnten. Der Gong wurde geschlagen, und die beiden Boxer näherten sich einander. Der Weiße war fast einen Kopf größer als sein schwarzer Kontrahent, aber selbst mit ungeschulten Augen war zu erkennen, daß er sich nicht mit der gleichen schnellen Eleganz bewegte wie der Murri.

Bobby schoß nach vorne und schlug mit aller Wucht nach Toowoomba, der aber schnell und leicht abtauchte. Das Publikum im Saal stöhnte auf, und die Frau in Weiß johlte begeistert. Bobby schlug noch ein paar weitere Luftlöcher, bevor sich Toowoomba näherte und vorsichtig, fast prüfend »The Lobby« einen leichten Schlag in das Gesicht versetzte. Bobby stolperte zwei Schritte zurück und es sah aus, als wäre der Abend für ihn schon gelaufen.

»Ich hätte zweihundert setzen sollen«, brummte Andrew.

Toowoomba umkreiste Bobby, versetzte ihm noch ein paar weitere, leicht provozierende Schläge und entschwand auf die gleiche elegante Weise, als Bobby mit seinen baumstammartigen Armen zu einem Schwinger ausholte. Bobby atmete schwer und brüllte vor Ärger, weil Toowoomba niemals da zu sein schien, wo er doch noch vor einem Augenblick gewesen war. Das Publikum begann zu pfeifen. Toowoomba sah aus, als wolle er Bobby die Hand zum Gruß reichen, doch seine Faust landete in dessen Magen, woraufhin Bobby zusammenklappte und gekrümmt in einer Ecke des Ringes stehenblieb. Toowoomba trat zwei Schritte zurück und sah fast etwas bekümmert aus.

»Finish him off, you black bastard!« schrie Andrew. Toowoomba drehte sich überrascht zu ihnen um, lächelte und winkte ihnen mit der Hand über dem Kopf zu.

»Grins nicht blöd rum. Mach deine Arbeit, du Idiot! Ich hab hier eine Wette laufen!«

Toowoomba drehte sich um, er wollte es jetzt anscheinend hinter sich bringen, aber gerade als er Bobby den Gnadenstoß geben wollte, ertönte der Gong. Die beiden Boxer gingen in ihre Ecken, und der Ansager griff zum Mikrophon. Die Frau in Weiß wartete bereits in Bobbys Ecke und schimpfte, während ihm zwei Helfer eine Flasche Bier reichten.

Andrew war sauer. »Robin will den Weißen nicht verletzen, das ist in Ordnung. Aber er sollte respektieren, daß ich Geld auf ihn gesetzt habe, dieser Nichtsnutz!«

»Kennst du ihn?« ' »Ja, Robin Toowoomba kenne ich«, erwiderte Andrew.

Wieder erklang der Gong, und diesesmal blieb Bobby in seiner Ecke stehen und wartete auf Toowoomba, der sich mit entschlossenen Schritten näherte. Bobby hielt die Arme hoch, um sein Gesicht zu schützen, und Toowoomba schlug einen leichten Körperhaken. Bobby sank nach hinten in die Seile. Toowoomba drehte sich um und schaute fragend zu Terry, dem Ansager, hinüber, der auch als eine Art Schiedsrichter fungierte, um ihn aufzufordern, den Kampf abzubrechen.

Andrew schrie auf, doch zu spät.

Bobbys Faust schickte Toowoomba mit einem Schlag rücklings auf die Bretter. Als er sich benommen wieder aufrappelte, war Bobby wie ein Orkan über ihm. Die Schläge waren gerade und präzise, und Toowoombas Kopf tippte wie ein Ping-Pong-Ball vor und zurück. Ein dünnes Rinnsal Blut rann aus einem seiner Nasenlöcher.

»Scheiße! Ein Hustler!« brüllte Andrew.

»Hustler?«

»Unser Freund Bobby tut so, als sei er Amateur, ein alter Trick, um Chivers' Leute aus der Deckung zu locken. Der Typ ist vermutlich der lokale Champion hier. Scheiße, Robin, dem bist du ins Messer gelaufen!«

Toowoomba hielt die Hände vor das Gesicht und wich zurück, während Bobby ihm folgte. Bobbys linker Arm schoß vor und zurück, gefolgt von schweren rechten Haken und Uppercuts. Das Publikum geriet in Ekstase, und auch die Frau in Weiß war wieder auf den Beinen. Sie schrie nur die erste Silbe seines Namens und zog den Vokal in einem langen, schneidenden Ton in die Länge: »Booo …«

Terry schüttelte den Kopf, während der Fanclub hastig einen neuen Refrain probierte: »Go-go-Bobby-go-go-go. Bobby be good!«

»Das war's. Es ist vorbei«, sagte Andrew.

»Toowoomba wird verlieren?«

»Bist du verrückt?« Andrew blickte Harry bestürzt an. »Toowoomba wird den Kerl töten. Ich hatte nur gehofft, daß es heute einigermaßen sauber abgehen würde.«

Harry konzentrierte sich, um zu verstehen, was Andrew sagte. Toowoomba hatte sich nach hinten in die Seile gelehnt und sah fast entspannt aus, obwohl Bobby auf seine Bauchmuskeln einhämmerte. Einen Augenblick lang glaubte Harry, Toowoomba würde einschlafen. Die Weißgekleidete zerrte hinter dem Murri an den Seilen. Bobby änderte seine Taktik und versuchte den Kopf zu treffen, doch Toowoomba wich den Schlägen aus, indem er den Oberkörper mit einer sachten, beinahe langsamen Bewegung vor und zurück schwang. Fast wie eine Brillenschlange, dachte Harry, wie eine … Kobra!

Bobby erstarrte mitten in der Ausholbewegung zu einem Schlag. Sein Kopf war leicht nach links gedreht, und sein Gesicht sah aus, als sei ihm gerade etwas eingefallen, das er vergessen hatte, dann rollten seine Augen nach hinten, der Zahnschutz flutschte aus seinem Mund, und Blut spritzte in einem feinen gleichmäßigen Strahl aus einer kleinen Wunde auf dem Nasenrücken. Sein Nasenbein war gebrochen. Toowoomba wartete, bis Bobby fiel und schlug dann noch einmal zu. Im Zelt war es jetzt vollkommen still, und Harry konnte ganz deutlich das ekelerregende Klatschen hören, als Bobbys Nase zum zweiten Mal getroffen wurde und die kreischende Frauenstimme, die den Rest von Bobbys Namen schrie: