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«Es freut mich!«sagte der weibliche Berg und blieb vor ihnen stehen.»Ich bin Mercedes Ordaz.«

Pater Cristobal griff mit der rechten in die Innentasche, zog — zum Entsetzen Dr. Mohrs — eines der kleinen, bunt bedruckten Heiligenbildchen heraus und hielt es Mercedes Ordaz hin.»Die Heilige Mutter segne dich«, sagte er dabei.»Nächsten Sonntag um 11 Uhr vormittags ist die Heilige Messe.«

>Mercedes die Große<, wie man sie in Penasblancas nannte, griff nach dem Heiligenbildchen, betrachtete es und steckte es dann vorn in ihre Bluse. Sie schob es zwischen ihre gewaltigen Brüste. Cristobal nickte zufrieden.

«Das war der heilige Antonius. Er wird sich wohl fühlen. Tieren galt seine ganze Liebe.«

«Ich habe weder Läuse noch Flöhe«, sagte Mercedes ruhig. Ihre Stimme war angenehm dunkel, von jenem samtigen Timbre, das in Räume mit kissenbelegten Betten paßt. Ihr Spanisch war rein, sauber von allen Dialektflecken — ein vollendetes Kastilianisch.»Ha-ben Sie die Absicht, einen Bilderhandel in Penasblancas aufzumachen, Senor?«

«Ich bin Priester, Senora.«

«Das meine ich ja.«

«Wie heißt Ihr Portier?«

«Meinen Sie Miguel?«

«Er wird Vorsänger. An Stelle der noch fehlenden Orgel.«

«Dieser Idiot!«

«Gott schützt die Einfältigen. - Aber er hat eine gute Stimme. Sie auch, Senora.«

«Was trinken Sie?«fragte Mercedes Ordaz. Die Richtung des Gespräches gefiel ihr nicht. Sie sah Dr. Mohr an, musternd, kritisch, dann lächelten zuerst ihre Augen, die vollen Lippen folgten. Die erste Prüfung war bestanden.»Sie sind der Geologe aus Bogota?!«In ihrer Stimme lag ein spöttischer Klang.

Sie weiß genau, wer ich bin, dachte Dr. Mohr. Vor ihr Versteck zu spielen, wäre eine Farce.

«Ja, ich komme aus Bogota. «Er wandte sich an Pater Cristobal.»Ich muß eine Lüge zurücknehmen, Cris, ich bin kein Geologe. Ich bin Arzt!«

«Ha! Hat er das geglaubt?!«rief Mercedes.

«Nein. «Cristobal Montero lächelte breit. Man sah es daran, daß sein Vollbart etwas aufklaffte und sich verzog.»Aber man soll Menschen, auch wenn sie Freunde sind, die Freude an kleinen Geheimnissen lassen. Sie spielen so gerne damit wie Kinder mit ihrem Püppchen.«

«Danke, Cris. Eine Todsünde weniger.«

«Einen Pfaffen zu belügen, wird nicht so hoch eingestuft.«

«Was trinken Sie?«fragte Mercedes Ordaz erneut. Die Lautsprecher dröhnten, die Paare tanzten, an den Tischen wurde diskutiert und gesoffen. Alles sah ein bißchen krampfhaft aus, marionettenhaft, wie von einer unsichtbaren, großen Hand gezogen. Bis auf >Mer-cedes die Große<. Ihr zu befehlen wäre ein Unding gewesen. Das hatte selbst Christus Revaila erfahren. Nach einer Meinungsverschiedenheit mit Mercedes wegen eines Smaragdverkaufs lag er ein paar Tage im Bett. Nur ein Oberschenkelstreifschuß, nur ein harmloses Ritzchen, aber Mercedes hatte nach dem Schuß mit stolzer Grandenstimme gesagt:»Das nächstemal geht es zehn Zentimeter nach rechts, mitten ins Glockengeläut. «So etwas muß man sehr ernst nehmen. Das sind keine leeren Versprechungen!

«Was Sie trinken, Senora!«antwortete Dr. Mohr.»Ich halte mit.«

«Und Gottes Enkelchen?«

«Ich brauche das Doppelte. Mein Bart säuft mit!«

Mercedes Ordaz sah Pater Cristobal erstaunt an, ging um die Panzertheke herum und griff nach unten. Die Flasche, die sie hervorholte, war anscheinend für besondere Gäste reserviert, denn die neben Dr. Mohr und Pater Cristobal sitzenden Männer warfen ein paar mitfühlende Blicke auf die Neuen. Es sah wie ein stummer Abschied aus.

>Mercedes die Große< schüttete drei Gläser voll, nahm ihres und kippte es hinunter.»Kein Gift!«sagte sie mit unverändert warmer Stimme.

Dr. Mohr und Pater Montero taten es ihr nach. Bis zu diesem Augenblick hatten sie nicht gewußt, daß Feuer flüssig sein kann und ausschüttbar in Gläser. Ein wilder Brand durchglühte ihre Speiseröhre, fraß sich im Magen weiter fort und bildete dort einen Glutklumpen.

Dr. Mohr starrte Mercedes entsetzt an. Pater Cristobal faltete die Hände über seinen Vollbart.

«Herr, der Qualen sind Tausende«, sagte er heiser.»Und immer kommen wieder unbekannte dazu.«

«Wollen Sie Ihre Zimmer sehen, Senores?«fragte Mercedes würdevoll.

«Zimmer?«Dr. Mohr umklammerte noch immer das Glas. Es war eiskalt, obgleich es eigentlich geschmolzen sein mußte.»Wieso?«

«Ich habe zwei Zimmer für sie herrichten lassen. «Sie goß die Gläser noch einmal voll.»Die Offiziere wohnen im Polizeigebäude, das war mir klar, aber für Sie habe ich meine besten Zimmer hergege-ben.«

«Das ist rührend!«sagte Pater Cristobal. Er goß das flüssige Feuer noch einmal in sich hinein und verstand die Märtyrer, die stumm den Flammentod erlitten hatten, überhaupt nicht mehr.»Aber wir vier möchten zusammenbleiben.«

«Angst?«>Mercedes die Große< lächelte mütterlich.»In meinem Hause und an meinem Tisch gibt es keinen Judas, Pater. «Sie trank ihr Glas leer, kam um die Panzertheke herum und wartete, bis auch Dr. Mohr mit geschlossenen Augen das höllische Getränk gekippt hatte.»Ich führe Sie zu Ihren Zimmern.«

An der Schmalseite des Tanzlokals führte eine Treppe nach oben. Mercedes ging voraus, gab einem Betrunkenen, der auf den Stufen saß, einen Tritt und machte auf diese simple Art den Weg frei. Auf dem Podest zum Flur blieb sie stehen.

«Ich habe 22 Zimmer«, sagte sie.»Davon bewohne ich selbst drei. Bleiben 19. Sie, Pedro Morero, bekommen Zimmer 12. Der Pater zieht in Nummer 14 ein. Ich nehme an, Ihre Nachbarn wirken nicht allzu belastend auf Ihr Gemüt.«

«Wer sind unsere Nachbarn?«fragte Pater Cristobal.

«Entzückende, junge Mädchen. Sie arbeiten bei mir als Bedienungen und Tanzpartnerinnen für Junggesellen.«

«So kann man es auch nennen, Senora«, sagte der Pater.

«Sie reden von, ich praktiziere Nächstenliebe!«

Die Zimmer waren groß und einfach eingerichtet. Ein Schrank, ein Tisch, zwei Stühle, ein Waschbecken, ein Spiegel und ein breites Holzbett.

Am wichtigsten schien der massive Innenriegel an der Tür zu sein. Vor den Fenstern — sie gingen zur Straße hinaus — hingen starke Holzläden.

«Es ist kein Hilton!«sagte >Mercedes die Große<.

«Für Penasblancas doch!«Dr. Mohr setzte sich auf das Bett.»Was kostet die Übernachtung?«

«Ich kann mir den Luxus leisten, Sie als meine Gäste einzuladen. «Sie drückte die Tür mit ihrem Körper zu und wurde sehr ernst.»Ich setze voraus, daß Sie Gastfreundschaft zu würdigen wissen, Seno-res, und mein Geschäft für Sie unantastbar ist.«

«Ich bin Arzt, Senora. «Dr. Mohr stand auf, ging ans Fenster und lugte durch einen Spalt der Läden auf die Straße.»Ich werde und muß alles tun, was mir dieser Beruf auferlegt.«

«Meine Mädchen sind gesund! Ich untersuche sie selbst jede Woche!«

«Bravo.«

«Und sie brauchen auch keinen Beichtvater!«Sie sah Pater Cristobal an.»Sie sind zufrieden, verdienen gutes Geld und leben freiwillig bei mir. Freiwillig, Pater!«

«Ich habe das nie bestritten. Die Not ist wie ein Sumpf. Die schönsten Blüten treiben auf fauligem Grund.«

«Sie werden Penasblancas bald wieder verlassen.«

«Glauben Sie?«

«Ich weiß es. Jeder Mensch braucht einen Arzt und einen Priester. Nur diese Menschen hier nicht! Ihr Gott und ihre Medizin sind die kleinen, grünen Steine. Ihre Welt ist zusammengeschrumpft auf das Stollenloch, das sie jeden Tag tiefer in den Berg treiben. Der einzige Sinn ihres Lebens sind grüne Kristalle. Sind durch Beimengungen von Chrom zu grünen Sonnen gewordene Beryll-Mineralien.«