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Sie mir, meine Herren.«

Sie kamen in einen langen Gang, von dem, wie in einem Kloster, rechts und links kleine Zimmer abgingen, winzige Zellen, Schlafplätze, nur mit holzgezimmerten Betten und sorgfältig zusammengelegten Decken ausgestattet. Ein Waschraum in der Mitte des Ganges war groß genug, um dreißig Mann aufzunehmen. Über einem langen, gemauerten Trog hing ein Wasserrohr mit vielen Zapfhähnen.

«Fließend Wasser!«sagte Dr. Simpson geradezu ergriffen.»Welch ein Traum!«

«Durch das eigene Aggregat möglich. Von einem Wasserreservoir kann ich es in alle Ecken der >Burg< pumpen. Wir haben sogar Duschen und Bäder… mit Warmwasser.«

«Phantastisch! Novarra, ich melde mich bei Ihnen an. Wöchentlich zweimal ein heißes Bad!«Dr. Simpson blieb an der Tür zum Waschraum stehen.»Was muß man tun, um in Ihren Club aufgenommen zu werden?«

«Schuften. Acht Stunden mindestens täglich in der Mine. Was man findet, bei mir abliefern — und an die Revolution glauben!«

«Da ist ein Armenhospital komfortabler!«Dr. Simpson ging weiter.»Und uns nennt er idiotische Idealisten!«

Vor einer verschlossenen Tür blieben sie stehen. Dr. Novarra räusperte sich.»Noch etwas«, sagte er gedämpft.»Das geht Sie an, Dr. Morero. Der Mann will sterben. Machen Sie ihm keine Hoffnungen aus ärztlicher Sicht.«

«Wenn es Hoffnungen gibt. «Dr. Mohr schüttelte energisch den Kopf.»Ich habe die Pflicht übernommen zu helfen. Jedem zu helfen!«

«Er hat Krebs.«

«Das haben Sie schon angedeutet. Aber das Wort allein ist noch kein Todesurteil.«

«Hier wohl doch! Sie sind kein Westentaschengott, Doctor, der kraft seines Blickes die Tumoren zerstören kann. Und wenn Sie an das Hospital denken, das wir bauen, der Mann ist inoperabel. Außerdem wird er längst tot sein, bevor Sie ihm unter dem eigenen Dach die erste Injektion geben können. Der Mann ist nur noch Haut und Knochen.«

«Gehen wir hinein?«fragte Pater Cristobal.

«Ja. «Dr. Novarra klinkte die Tür auf und trat zurück. Trotz der an den Decken entlanggezogenen Entlüftungskanäle aus Zinkblech wehte ihnen ein süßlicher Duft entgegen. Fäulnis, sich zersetzendes Fleisch, Verwesung, der Geruch des Todes.

Der Mann in dem klobigen Holzbett hob den Kopf, als die Tür aufsprang. Ein Kopf ohne Fleisch, ein Totenschädel mit Lederhaut überzogen. Darin groß und brennend die Augen und darüber ein wilder, schwarzer Haarschopf.

«Wer ist der Pater?«fragte er. Eine harte Stimme, kein Wohlklang, kein schwingender Ton, wie sie jede menschliche Stimme besitzt. Nur kalte Worte, wie aus dem Lautsprecher eines Automaten kommend.

«Das bin ich. «Pater Cristobal trat an das Bett. Er erkannte das lebende Gerippe sofort, aber niemand sah ihm an, daß ihn diese Erkenntnis erschütterte.

«Und der Arzt?«

Dr. Mohr trat an die Seite Cristobals.»Ich, Dr. Morero.«

«Der andere?«

«Auch ein Arzt. Er hilft mir. Für Sie dürfte er kaum zuständig sein, er ist Gynäkologe.«

Der Mann mit dem Geruch des Todes sank auf die zusammengefaltete Decke zurück, die sein Kopfkissen bildete, und schloß die Augen. Um die schmalen, eingefallenen Lippen huschte ein Lächeln.

«Darüber hätte ich früher gelacht«, sagte er mit seiner kalten Automatenstimme.»Wissen Sie, was ein Überläufer ist?«

«Natürlich!«Pater Cristobal setzte sich auf die Bettkante.»Der allgemeine Begriff hat heute sogar einen Namen bekommen: Jose Ban-dilla.«

«Das bin ich. Pater, wie weit kann man die Güte Gottes strapazieren?«

«Wenn man das Weltall mit Sünden füllen könnte, Gott schöpfte es aus.«

«Das ist ein guter Vergleich. «Jose Bandilla öffnete die fiebrigglänzenden Augen.»Pater, ich habe etwa vierhundert Menschen umgebracht… man kann es nur schätzen.«

Kapitel 8

Man konnte nicht sagen, daß Ewald Fachtmann, Repräsentant der Pharmazeutischen Werke H. Strothfeld in Bogota, mit der Entwicklung seiner anfangs nur als Abenteuer gedachten Idee zufrieden war. Seit >Othello< Mohr in Penasblancas eingetroffen war, hatte dieser nur einmal — von der Polizeistation aus — angerufen und berichtet, daß alle Gerüchte, die über diese Smaragdgräberstadt bis nach Bogota drangen, weit untertrieben seien. Die Wahrheit überträfe alles, was Phantasie hervorbringen könnte.

Für Fachtmann war das kein beruhigendes Gespräch. Er begann sich Vorwürfe zu machen, trank mehr als bisher, versuchte, sich mit besonders formenreichen Mädchen abzulenken, hockte dann doch ziemlich deprimiert in den Bars herum und rief ein paarmal in Penasblancas an.

Polizeichef Felipe Salto hatte andere Sorgen, als Auskünfte zu erteilen. Nachdem man ihm kurze Zeit gelassen hatte, sich einzugewöhnen, und drei charmante Bestechungsversuche von >Mama< Mercedes Ordaz fehlgeschlagen waren — selbst das hübscheste Mädchen aus der Bar, das Salto eines Nachts bei sich im Bett vorfand und das er ziemlich unhöflich wieder vor die Tür setzte, vermochte nicht, seinen Reformeifer zu bremsen —, ging Penasblancas wieder zur gewohnten Tagesordnung über. Das bedeutete: Mord ohne Täter in den Talschluchten und an den Bach- und Flußläufen, Raub und Überfälle auf einsame Guaquero-Hütten, Vergewaltigungen, Schlägereien in den Kneipen, Messerstechereien, vor allem aber wieder die furchtbaren Morde auf der Straße nach Bogota, der Todesstraße, die jeder entlanggehen mußte, wenn er seine Smaragde zu den Edelsteinhändlern bringen wollte. In der Stadt, das war bekannt, zahlte man mehr für die Funde, weil der gefährliche Transport schon vorbei war. Lagen die grünen Steine erst einmal im Tresor, waren sie ziemlich sicher, wenngleich es auch in Bogota vorkam, daß auf dem Weg zum Flughafen die Steinpaketchen umgetauscht und wertlose Kiesel nach Tokio oder Zürich geflogen wurden. Wie das möglich war, bei aller Vorsicht, blieb immer ein Rätsel. Selbst die größten Smaragdhändler gingen in Bogota nie allein auf die Straße. Mindestens drei Leibwächter sorgten dafür, daß niemand nahe an sie herankommen konnte. Auf die Straße nach Penasblancas aber wagte sich keiner der reichen Bosse. Hier pendelten schwerbewaffnete Spezialisten, zum Teil in gepanzerten Wagen, hin und her. Ein Toter pro Tag, das war die Norm. Und die Regierung, das Militär, die unterbesetzte Polizei waren machtlos. Man gab sich auch keine große Mühe. Wer wollte schon seinen Kopf hinhalten für die paar Pesos Monatslohn? Wer wollte ein Held sein und Leute schützen, die ihrerseits keine Gnade kannten, wenn es um die grünen Steine ging!

Wenn also Ewald Fachtmann in Penasblancas bei Leutnant Salto anrief, hörte er immer nur:»Nichts von Dr. Morero! Unterlassen Sie in Zukunft diese Anfragen. Wir haben andere Sorgen.«

Als an diesem Abend das Telefon klingelte, spürte Fachtmann mit einem untrüglichen Instinkt, daß dies kein normaler Anruf war. Er wartete ein paar Sekunden ab, ließ die Klingel schrillen und hob dann ab.

«Endlich!«sagte er.

«Was heißt endlich?«fragte eine fremde Stimme zurück.»Wen erwarten Sie?«

«Wer sind Sie?«Fachtmann lehnte sich an die Wand.

«Hier spricht Camargo.«

«Oh, der große Boß persönlich!«Fachtmann spürte ein ungutes

Gefühl im Leib. Es war nicht die Art des bekannten unbekannten Camargo, Privatgespräche zu führen. Es sei denn, es handelte sich um etwas Außergewöhnliches. Geschäftliche Unterredungen führten grundsätzlich seine Direktoren.