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«Mit anderen Worten: Ich soll Arzt und Ihr Statthalter in Pen-asblancas sein. Voll und ganz Ihre Kreatur, abhängig von Ihrer Lust und Laune.«

«Don Pedro, da ist ein falscher Ton in Ihrer Stimme. Ihre Forderung?«

«Alle Freiheiten, um meinen Beruf als Arzt auszuführen. Alle Medikamente, die ich brauche.«

«Liefert Ihnen Ihr Freund Don Ewaldo…«

«Eine Not-OP-Einrichtung. Bau eines Hospitals, um auch stationär behandeln zu können. Jeglicher Schutz, der möglich ist.«

«Der neue Albert Schweitzer der Kordilleren! Don Pedro, sonst noch etwas?«

«Nein! Das genügt, um meine Pflicht zu tun.«

«Ihre Pflicht. «Don Alfonsos Stimme wurde ernster.»Seien Sie nicht so hochmütig und so randvoll mit deutschem Reformiergeist! Koppeln Sie Ihre Aufgabe mit meinem Vorschlag: Bilden Sie eine Elitetruppe von Guaqueros heran, die einmal die Minen fest in den Händen halten wird. Und verziehen Sie nicht den Mund, wenn Sie Smaragd sagen. Das ändert sich, wenn Sie zum erstenmal hunderttausend Mark in kleinen, grünen Steinen in der Hand halten. Ich weiß, wir werden uns verstehen. Kaufen Sie an Ausrüstung alles, was Sie brauchen. Rechnung an mich. In Penasblancas halten Sie Kontakt mit mir über meinen Minenleiter Christus Revaila. Don Pedro, wir sollten echte Partner sein. Leisten Sie sich ein krummes Ding, bekommen Sie nicht einmal ein Holzkreuz auf Ihrem Hügel.«»Ich bin nur Arzt, Don Alfonso!«

«Nur Arzt!«Camargo lachte sonor.»Wieviel Betten hatten Sie in Hamburg?«

«In der I. Chirurgischen: 340 Betten.«

«Der 3 bleiben Sie treu. Auf Sie warten in den Bergen 30.000 Gesetzlose! Sie werden für diese 30.000 der einzige Arzt sein!«

Dr. Mohr nickte. Aber über seinen Rücken lief ein kalter Schauer. Es gibt eine Grenze, wo auch das größte Abenteuer schierer Wahnsinn wird.

Er stand an dieser Grenze.

Kapitel 2

In seinem weißen Kolonialstilhaus wartete Ewald Fachtmann ungeduldig auf Dr. Mohr. Die Verabredung in dem Cafe an der Ram-bla hatte Peter nicht eingehalten. Fachtmann hatte über eine Stunde gewartet, war dann unruhig mit seinem Wagen die Emerald-Street auf und ab gefahren, hatte sogar unauffällig vor dem Bürogebäude von Don Alfonso geparkt und den Eingang beobachtet… doch Dr. Mohr kam nicht heraus.

Fachtmann wurde unruhig, fuhr nach Hause und trank erst einmal zwei riesengroße Whiskys. Zwei Möglichkeiten gab es: Entweder hatte sich Peter dusselig benommen und war von den Leibwächtern Camargos kaltlächelnd kassiert worden; in diesem Falle sah man ihn nie wieder, und es hatte auch keinen Sinn, die Polizei oder die deutsche Botschaft zu alarmieren. Alfonso Camargo hatte einen so gußeisernen Namen bei allen Regierungs- und Polizeistellen, bei Ministern und Generälen, daß jeder ausgelacht worden wäre, der Don Alfonso hätte anklagen wollen. Wer dann noch beharrte und weiter behauptete, Don Alfonso sei der größte Gauner von Kolumbien und einer der gefährlichsten Gangster überhaupt, mit einer bestens ausgebildeten Killertruppe, der konnte entweder mit seiner Ausweisung oder so feinfühlig servierten Gemeinheiten und Schwierigkeiten der Behörden rechnen, daß er von selbst verstört das Land verließ.

Als zweite Möglichkeit für Peters Unpünktlichkeit erwog Facht-mann, daß dieser tatsächlich mit Camargo in ein solch intensives Gespräch gekommen war, daß Don Alfonsos wertvolle Zeit plötzlich keine Rolle mehr spielte. Das jedoch schien außerordentlich unglaubwürdig. Wer Camargo kannte, wußte von seiner Eigenheit, Entscheidungen schnell und präzise zu treffen, diskussionslos und konsequent. Mit Widerreden hatte sich Camargo noch nie aufgehalten.

Ewald Fachtmann genehmigte sich einen weiteren dreistöckigen Whisky, setzte sich dann auf die von geschnitzten Holzsäulen gestützte Terrasse, blickte trübsinnig in seinen gepflegten Park und kam sich reichlich hilflos vor. Bei Don Alfonso anzurufen, hatte überhaupt keinen Sinn. Weiter als bis zu dem Portier kam er nicht, höchstenfalls bis zu Senorita Teresa. Dann aber war Endstation.

Nach genau drei Stunden, in denen Fachtmann dreißig seelische Höllen mit Gebirgen voller Selbstvorwürfe durchwanderte, knirschten draußen die Bremsen eines Taxis. Der Hausboy riß die Tür auf. Dr. Mohr sprang lächelnd die drei Treppen zum Eingang hinauf.

«Nie wieder!«sagte Fachtmann laut und griff zur Whiskyflasche.»Nie wieder hole ich dich irgendwohin! Das überlebt ja keiner!«Er schwenkte die Flasche.»Das ist mein vierter.«

«Die vierte Flasche?«Dr. Mohr nahm sie Fachtmann aus der Hand, setzte sie direkt an den Mund und trank einen langen Schluck.»Ewald! Die Leber! Das zarte Leberchen!«Er stellte die Flasche auf einen kleinen Tisch.»Junge, du siehst ja ganz verstört aus. Was hast du denn?«

«Mein Gott, das fragst du noch?«Fachtmann ging voraus zur Terrasse und warf sich in einen der breiten Korbsessel.»Nicht allein, daß in Bogota bei fast 2.700 Metern über dem Meeresspiegel die

Luft sehr dünn ist und das Blut wallt… jede Aufregung bringt den Überdrucktopf zum Platzen. Othello, ich war nahe davor. Drei Stunden bei Don Alfonso. Das hat noch nicht einmal ein Minister geschafft.«

«Bei einem gründlichen Arzt muß man Zeit mitbringen.«

«Ich sinke um! Du hast Camargo gesehen?«

«Nein! Nur gehört. Eine sympathische Baritonstimme.«

«Die sagen kann: Liquidieren… und dann geht ein Feuerwerk los. Menschenleben bedeuten diesem sympathischen Bariton nicht viel.«

«Bei unserem Gespräch ging es nicht ums Liquidieren, eher um das Gegenteil.«

«Othello, werde kein Silbenrätsel!«

«Don Alfonso will Leben retten.«

Fachtmann beugte sich vor und schob seine Haare zurück.»Junge, guck mir mal in die Ohren. Ich habe einen Hörfehler.«

«Wußtest du, daß in den verlassenen Grubengebieten trotz drei Bataillonen Militär und Polizei über 30.000 Guaqueros vegetieren?«

«Ja. «Fachtmann blickte unschuldig in den blaßblauen Himmel.»Ich wollte dich nur nicht schon vorher erschrecken!«

«Gauner!«

«Von den 30.000 sind 29.999 V2 potentielle Mörder.«

«Wer ist der Halbe?«

«Einer mit einem Arm und einem Auge.«

«Camargo will ein Krankenhaus bauen«, sagte Dr. Mohr ernst als Reaktion auf diesen blutigen Witz. Fachtmann starrte ihn entgeistert an.

«Hast du wirklich mit Don Alfonso gesprochen? Bist du sicher?«

«Er ist ein kluger Bursche. Seine Rechnung sieht folgendermaßen aus: Wenn die Guaqueros sich durch Fieber, Krankheiten und gegenseitiges Umbringen dauernd dezimieren, werden auch weniger Smaragde gefunden. Das illegale Schürferpotential muß immer wieder aufgestockt werden. Aber weiß man, was für Leute nachkommen? Die bereits da sind, kennt man genau. Also liegt es nahe, im Interesse eines ständig sprudelnden Smaragdflusses in die Tresore von Camargo, die Arbeitskraft der Guaqueros nicht nur zu erhalten, sondern zu fördern, zu steigern, gewissermaßen medizinisch zu unterstützen.«

«Das hat er dir erzählt?«

«Und das leuchtet mir ein.«

«Dr. Peter Mohr, der Albert Schweitzer von Penasblancas.«

«Genau das hat Don Alfonso auch gesagt. Er will ein Hospital gründen, damit wenigstens die schwersten Fälle an Ort und Stelle behandelt werden können.«

«Das werden Schußwunden sein. Zerhackte Gliedmaßen. Macheten und Äxte sind sehr beliebte Diskussionshelfer. Nicht zu vergessen Messer! Es gibt da wahre Künstler, die werfen ein Messer selbst auf größte Distanz genau in den Rücken oder ins Herz.«

«Aber es existieren auch schreckliche Infektionen und Krankheiten. Unfälle mit Quetschungen sowie Reißwunden.«

«.und Syphilis!«

«Auch die! Es ist genug zu tun.«