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«Wenn das Hospital die Arbeit voll aufnimmt, wird sich vieles ändern.«

«Da bin ich aber gespannt.«

«Die Schürfer werden nicht mehr allein ihre Steine zu den Dealern bringen und sich damit in tödliche Gefahr begeben. Ich werde den Smaragdstrom lenken.«

«Sie Phantast! Wie denn?«

«Mit Ihrer Hilfe!«

«Mit mir?«

«Ich brauche Ihre Leute als Leibgarde! Neben dem Krankenhaus werde ich auch eine Sammelstelle für Steine einrichten. Eine Art Genossenschaft. Was in der Landwirtschaft und bei anderen Produkten möglich ist, muß auch bei Smaragden praktikabel sein! Jeder liefert hier seine Steine ab, sie werden geschätzt, und der Schürfer bekommt einen Gutschein über die Summe. Wenn genug Steine zusammengekommen sind, werden sie in einem einzigen, schwer bewachten Transport nach Bogota gebracht.«

«Und Sie glauben wirklich, Sie kommen durch?«

«Mit Ihrer Streitmacht, Dr. Novarra.«

«Sie Utopist! Was glauben Sie, wird Camargo unternehmen, wenn er sieht, daß sein Smaragdfluß versiegt und Sie plötzlich die Preise bestimmen? Zugegeben: Ihre Idee einer Smaragd-Genossenschaft ist faszinierend, aber Camargo hat die Macht, sogar mit Militär gegen Sie vorzugehen! Die geschäftliche Verfilzung reicht bis in die höchsten Kreise!«

«Wir werden alle Guaqueros auf unserer Seite haben!«

«Bis auf die Banditen, die Sie trockenlegen wollen. Und das sind Hunderte, ja Tausende! Das wird dann Camargos Streitmacht!«

«Haben Sie Angst, Novarra?«fragte Dr. Mohr spöttisch.

«Kommen Sie mir nicht so!«Novarra blickte ihn böse an.»Ich bin nur kein Spinner wie Sie! Ihrem Genossenschaftstransport mit Smaragden im Werte von vielleicht 200.000 Dollar stehen Hunderte von Banditen gegenüber, die die Straßen absperren! Jeder Durchbruch nach Bogota wird eine Schlacht sein! Das machen die Schürfer vielleicht zweimal mit. mehr nicht. Dann versuchen sie es wieder einzeln. Als einzelner durchsickern ist sicherer als sich in einer Gruppe durchzuschlagen!«Novarra erhob und dehnte sich.»Machen wir weiter. Die nächsten Wochen werden zeigen, wie weit sich der Segen Ihrer Tätigkeit zum stillen Fluch wandelt.«

Er ging zu den Mulis und ließ Dr. Mohr allein.

Das war der Augenblick, auf den Henry Duk so lange gewartet hatte.

Der kleine, dicke Glatzkopf lehnte ausgerechnet an der Kirchenwand, keine zwanzig Schritte von Dr. Mohr entfernt. Er hatte beim Abladen mitgeholfen, ruhte sich jetzt aus und kaute an einem Grashalm. Als der Arzt allein war, griff er in die Hosentasche, holte ein ausziehbares Rohr heraus und wickelte aus einem Bogen Papier vor-sichtig und mit spitzen Fingern einen etwa zehn Zentimeter langen, sich bis zu einer Nadelspitze verdünnenden Bambuspfeil, schob ihn in das Blasrohr und fixierte mit zusammengekniffenen Augen sein Opfer.

Dr. Mohr sah sich ahnungslos um. Die Hälfte der Mulis war abgeladen. Die anderen standen noch mit ihren schweren Lasten herum, geduldig, mit gesenkten Köpfen, müde und kraftlos. Maria Dolores und Margarita hockten vor den Porzellankisten und packten das Geschirr aus.

Henry Duk atmete tief ein, saugte die Lungen voll Luft, hielt sie komprimiert im Brustkorb. Dr. Mohr drehte ihm jetzt den Rücken zu. Das schweißnasse Hemd klebte an seinem Oberkörper. Noch eine kleine Drehung, dachte Duk. Nur noch ein wenig. Ich muß den Giftpfeil genau neben die Halsschlagader einblasen. Noch besser, wenn man die Ader selbst trifft, aber das wäre zuviel Glück. Es genügt, wenn der Pfeil in den Hals dringt. Dann geht es schnell. Die Lähmung tritt sofort ein. Sie haben ein höllisches Gift, die Indianer von Chopzena. Den >lautlosen Donner< nennen sie es, weil das Blut plötzlich rauscht und durch die Adern donnert, aber das hört nur das Opfer, und das auch nur sekundenlang, ehe die große Dunkelheit einbricht.

Henry Duk riß das Blasrohr an den Mund. Seine Brust wölbte sich. Dr. Mohr stand richtig, und Duk hatte noch nie sein Ziel verfehlt.

In diesem Augenblick irritierte ihn ein Blitzen in der Luft, nahe vor seinen Augen. Und bevor er seinen Atem ausstoßen konnte, um den Giftpfeil mit ungeheurem Druck abzuschicken, traf ihn ein Schlag in den rechten, angewinkelten Arm, dem ein heißer Schmerz folgte. Das Blasrohr fiel aus seiner plötzlich kraftlosen Hand, er atmete seufzend aus und starrte auf das Messer, das in seinem Arm stak. Gleichzeitig aber hörte er eine schreiende Jungenstimme, die den Lärm um ihn herum übertönte.

«Festhalten! Mörder! Mörder! Festhalten. Er wollte unseren Doctor umbringen!«

Henry Duk wirbelte herum. Die Schrecksekunde war vorbei, nun begriff er seine Situation. Er preßte den blutenden Arm mit dem Messer an sich und wollte wegrennen, den Hang hinunter in die mit Buschwerk verfilzte Schlucht, aber ein langer, dürrer Mann stellte sich ihm in den Weg, hob das rechte Bein und trat Duk in den Unterleib. Heulend krümmte sich der Glatzkopfzusammen, versuchte trotzdem, weiterzutorkeln, aber drei Männer von der >Burg< ergriffen ihn, rissen ihn hoch und trugen ihn zum Hospital. Duk wimmerte und schrie, wollte um sich treten und schlagen, aber die Männer hieben ihm auf den Mund, drückten ihm die Kehle zu und schleppten ihn weiter.

«Das war gut, Pablo«, sagte Juan Zapiga zu seinem Sohn. Der Junge lehnte bleich an der Kirchenwand, seinen dick geschwollenen, unbeweglichen Arm in einer Schlinge. Die andere Hand zitterte noch, als habe der Messerwurf alle seine Nerven entzündet. Plötzlich weinte er und warf den Kopf zurück.

«Mit einem Blasrohr, Papa«, stammelte er.»Er wollte unseren Medico mit einem Blasrohr töten. Im letzten Moment habe ich es erkannt.«

«Du hast hervorragend geworfen, Pablo. «Zapiga zerwühlte die Haare seines Sohnes.»Ich bin stolz auf dich! Warum weinst du?«

«Ich habe zum erstenmal auf einen Menschen geworfen.«

«Aber du hast damit einem anderen Menschen das Leben gerettet. Hast du gesehen, wie ich ihn getreten habe?«

«Ja, Papa. «Pablo blickte hinüber zum Hospital. Dort hatte man Duk zu Dr. Novarra geschleppt. Dr. Mohr und Pater Cristobal redeten auf Novarra ein. Dr. Simpson schrie mit den Guaqueros herum, die sich näherdrängten. Einige schwenkten Taue oder drohten mit erhobenen Messern.»Was machen sie jetzt mit ihm?«

«Wie würdest du über einen Mörder entscheiden, der unseren Medico töten wollte?«

«Frag mich nicht, Papa.«, sagte Pablo leise.

«Dann dreh dich um, geh in die Kirche, bete und warte. Ich sage dir Bescheid, wenn alles vorbei ist. Pablo, du bist ein tapferer Junge.«

Novarra hielt sich mit Vorreden nicht auf. Er drehte das Blasrohr in seinen Händen, betrachtete den eingelegten Giftpfeil und hob wie schaudernd die Schulter. Dann blickte er Duk an, der bleich und mit schwammigem Gesicht, über das ein Blutrinnsal lief, in den Händen von vier Männern hing. Um sie herum schrien die anderen in verschiedenen Chören:»Hängt ihn auf. Erschießen! Erschießen! Ins Feuer legen und rösten! Dreht ihm den Hals um!«

Henry Duk schnappte nach Luft. Der Tritt in den Unterleib wirkte noch nach, aber er war so weit wieder bei klarem Verstand, um zu erkennen, daß seine einzige Chance die Gnade war. Mehr gab es für ihn nicht mehr.

«Ein Blasrohr«, sagte Novarra gedehnt.»Lautlos, schnell und sicher. Wer denkt daran, daß jemand unter uns ist, der mit einem indianischen Blasrohr töten kann?! Es wäre ein perfekter Mord gewesen. Auf dich, mein Dickerchen, wäre nie jemand gekommen. «Er blickte zu Dr. Mohr und Pater Cristobal. Margarita hatte sich vor Dr. Mohr gestellt, als wolle sie ihn jetzt noch mit ihrem Körper schützen. Sogar der auf ewig beleidigte und gedemütigte Adolfo Pebas war aus seinem Haus gekommen, hatte sich durch die Menge gedrückt und starrte Duk an.

«Pater… Doctor… haben Sie nichts in der Kirche oder im Hospital zu tun?«fragte Dr. Novarra finster.

«Nein!«antwortete Pater Cristobal.