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«Verdammt! Ich möchte, daß Sie hier verschwinden! Vielleicht will jemand beichten?«

«Jetzt nicht.«

«Doch! Ich!«Pebas trat vor.»Ich möchte jetzt beichten.«

«In einer Stunde, mein Sohn«, sagte Cristobal mahnend.

«In einer Stunde kann ich tot sein. Wissen Sie es? Man hat uns gesagt: Mit Gott kann man zu jeder Zeit sprechen! Also, ich will mit ihm sprechen. Jetzt sofort!«

«Gut. «Pater Cristobal faltete die Hände.»Dann sprich!«

«Hier?«»Gott ist überall!«

«Die Beichte unterliegt dem Geheimnis.«

«Dann flüstere mir ins Ohr.«

«Verflucht, sind Sie ein sturer Hund, Pater!«schrie Novarra.»Wandeln Sie endlich in Ihre Kirche! Oder wollen Sie diesen Mörder vielleicht noch segnen?«

«Wenn er es nötig hat.«

«Haben wir es nötig, Glatzkopf?«fragte Dr. Novarra höhnisch.»Gibt es noch was, das du dir von der Seele reden mußt?«

«Hört mich an!«schrie Duk mit quiekender Stimme.»Hört mich doch erst an. Dahinter steckt Christus Revaila.«

«Wo ist Christus Revaila?«brüllte Novarra.»Revaila, vortreten! Er ist nicht da? Merkwürdig! Wer nicht da ist, kann kein Blasrohr durchpusten! Ist das logisch, Fettsack?«

«Ich heiße Duk, Henry Duk. Revaila hat mir.«

Novarra schnitt mit einer Handbewegung den Satz ab.»Wo ist Revaila?«

«In Penasblancas«, stotterte Duk.

«Und wer ist hier? Wie heißt du?«

«Duk.«

«Der kleine, fette Duk ist hier! Mit einem Blasröhrchen! Und nicht Revaila hat geblasen, sondern der kleine Duk. Warum sollen wir also Revaila verfluchen und den Blasrohr-Henry streicheln? Warum wohl? Weil er so gerne ein paar tausend Pesos haben wollte, schnell verdient, indem man einen Mann umbläst? Was ist denn schon dabei? Was ist ein Mensch denn wert in dieser Gegend?! Natürlich, der Auftrag kommt von Christus Revaila, ein wahres Miststück ist das, das wissen wir alle. aber wer klebte am Blasrohrmundstück? Wer wollte töten? Duk, wir fragen dich.«

Der dicke Glatzkopf schwieg. Alles an ihm schmerzte. Der Unterleib, der Arm, in dem noch immer das Messer stak, das Herz, das sich vor Angst und Grauen zusammenkrampfte. Plötzlich begann er zu wimmern, weinte wie ein Kind und hing schlaff in den Händen der Männer.

«Ich kann nichts sagen«, stammelte er.»Seid gnädig. Bitte, bitte, seid gnädig.«

«Warst du mit dem Doctor gnädig? Wieviel war er Revaila wert, na?«

«Gnade.«

Novarra sah sich um.»Wer hat das Wort schon mal gehört?«fragte er laut.

«Keiner!«brüllten die Guaqueros.

«Ich.«, sagte Pater Cristobal in die plötzliche Stille hinein.

«Einer also!«Novarra wischte sich über die Augen.»Aber bis er uns das Fremdwort übersetzt, bis wir es begreifen, ist die Zeit verronnen. Duk.«

Henry Duk blickte hoch. Sein feistes Gesicht zuckte. Mit flimmerndem Blick verfolgte er, wie Dr. Novarra das Blasrohr mit dem vergifteten Pfeil an einen Mann weitergab, der wie ein Halbblut aussah. Der Mann nickte, wog das Blasrohr in der Hand und setzte es dann an seine Lippen.

«Wir sind gerecht«, sagte Novarra langsam und betont.»Wir sind so gerecht, daß wir sogar die Bibel respektieren. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Hier heißt es Pfeil um Pfeil. Führt ihn an die Hauswand!«

«Nein!«brüllte Duk. Die Augen quollen ihm aus dem Kopf. Er fiel auf die Knie und umfaßte mit beiden Händen seinen Kopf. Das Blut aus seinem Arm, in dem noch immer das Messer stak, rann ihm jetzt auch über den Schädel und färbte ihn mit roten Streifen.»Nein! Ich schwöre, ein guter Mensch zu sein. «Er warf sich herum, sah Cristobal an und begann, auf den Knien zu ihm hinzurutschen.»Pater! Helfen Sie mir«, greinte er. Er faltete die Hände und hob sie wie betend empor.»Pater. Im Namen Gottes, schützen Sie mich. Man kann mich doch nicht einfach töten.«

Zwei Männer rissen Duk von Cristobal zurück und schleiften ihn zur Hospitalwand. Der Glatzkopf schrie durchdringend und grell, stemmte die dicken Beine gegen die Erde, ließ sich fallen, — aber es nutzte ihm nichts, sie trugen ihn weg, warfen ihn an die Wand und traten von ihm zurück. Er lag auf dem felsigen Grund, zusammengekrümmt, weinend, geschüttelt von Todesangst und glaubte daran, daß ihm niemand etwas täte, wenn er so liegen blieb. Erst wenn er sich aufrichtete, würde man den Pfeil abschießen. Er streckte sich, legte sich auf den Bauch und preßte das Gesicht auf die Erde.

Novarra nickte dem Halbindianer zu. Bevor Pater Cristobal es verhindern konnte, denn plötzlich stand das Bollwerk Adolfo Pebas im Weg, trat das Halbblut an Henry Duk heran und legte das Blasrohr an die Lippen.

«Duk!«rief Novarra hart.

Der Glatzkopf hob den Kopf. Mit offenem Mund starrte er in das Blasrohr, sah wie ein Aufblitzen den Pfeil herumzischen und fühlte den fast schmerzlosen Einstich in seiner Kehle. Gurgelnd warf er sich auf den Rücken, riß sich mit beiden Händen den Pfeil aus dem Hals, aber schon bei diesem Griff spürte er die Lähmung und hörte in sich den >lautlosen Donner<. Sein Blut rauschte wie ein riesiger Wasserfall, das Grollen schwoll an und erreichte seinen Kopf, und dieser Kopfwar nur noch eine himmelweite Trommel, aus dem das Leben herausgeschlagen wurde.

Als übermanne ihn eine alles erlösende Müdigkeit, so streckte er sich aus, seine geweiteten, in einem fürchterlichen Glanz schwimmenden Augen suchten das Licht, und so blieb er liegen, mit abgewinkeltem Arm, plötzlich ganz still, steifund in einem letzten Zuk-ken emporschnellend wie ein luftsuchender Fisch.

Der Halbindianer beugte sich über ihn, legte ihm das Blasrohr an die Brust und trat dann zurück. Stumm standen die Männer herum, nur die 170 Mulis scharrten, wieherten und trappelten über das Gestein.

Dr. Novarra ging hinüber zu Dr. Mohr und Pater Cristobal.

«Wollen Sie den Tod feststellen, Doctor?«fragte er hart.

«Nein!«

«Und Sie Pater? Wollen Sie ein Gebet sprechen?«

«Später. wenn Sie weg sind.«

«Sie mögen jetzt über mich denken, was Sie wollen, mich kümmert's nicht! Wer hier leben und überleben will, muß sich an andere Gesetze gewöhnen. Ihre zehn Gebote von Moses sind überholt, Pater! Vertreiben Sie aus einem hungrigen Löwen den Hunger, wenn Sie ihm eine Predigt über Nächstenliebe halten? Sagen Sie nicht: Das hier sind Menschen! Was sie mit Menschen gemeinsam haben, ist ihr Aussehen, sonst kaum etwas! Henry Duk wollte töten. Er ist mit seiner eigenen Waffe bestraft worden! Das ist Konsequenz, Pater. Das ist logische Gerechtigkeit. Ob sie human ist.? Hat der Menschheit jemals Humanität genützt?! Vom Steinbeil bis zur Atombombe schreitet die Entwicklung des Tötens fort. Trotz Humanität! Da sind wir hier sogar ehrlicher: Wir wissen genau, was jeder vom anderen zu erwarten hat! So, und nun klagen Sie hinauf zu Gott! Und Sie, Doctor, massieren sich Ihre Gänsehaut weg und richten Ihr Hospital wieder ein. Unser Leben ist zu kurz und kostbar, um auch nur eine Minute um einen Auswuchs wie diesen Henry Duk zu trauern.«

Er ließ Dr. Mohr und Pater Cristobal stehen, winkte und brüllte über die Menge:

«Weitermachen! Bis zum Abend muß alles abgeladen sein!«

Um Henry Duk, den Toten, kümmerte sich niemand mehr.

Pater Cristobal winkte Miguel herbei.»Trag ihn in die Kirche«, sagte er.

«Ich?«Miguel schüttelte sein breitgeschlagenes Boxergesicht.»Ich fasse ihn nicht an. Gift! Weiß ich, ob das Gift nicht auch in die Haut geht?«

Pater Cristobal sah Dr. Mohr fragend an. Der nickte.»Ich helfe dir. Wirklich in die Kirche?«

«Ja. Er hat in seiner letzten Minute nach Gott gerufen. Das allein ist wichtig.«

Sie packten den steifen Toten an den Beinen und Armen und trugen ihn weg. Jeder, an dem sie vorbeigingen, drehte ihnen den Rücken

In der Kirche, die noch nicht fertig war, und in der im Altarraum nur ein einfaches Holzkreuz stand, kniete Pablo Zapiga, der Junge, der Dr. Mohr das Leben gerettet hatte. Er bedeckte mit der beweglichen Hand seine Augen, als Cristobal und Dr. Mohr die Leiche an ihm vorbeischleppten. Plötzlich war auch Adolfo Pebas da, stellte sich neben Pablo und sah zu, wie sie den Toten vor das Kreuz legten. Pater Cristobal drehte sich um.