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Nach der Erteilung dieser Auskünfte lassen die beiden Ordensbrüder den Postulanten allein in der Kapelle zum Gebet zurück. Nochmals erscheinen sie, um ihn zu fragen, ob er darauf beharrt, in den Orden aufgenommen zu werden. Bei positiver Antwort suchen sie den Ordensmeister auf, dem sie mitteilen, der Postulant habe seinen Willen klar bezeugt.

Nach dem Abschluss dieser Befragungen führt man den Postulanten vor den Meister. Er kniet nieder und spricht nach Artikel 660 der Ordensregel folgende Bitte aus: »Herr, ich bin vor Euch und vor die Brüder getreten, die mit Euch sind, um Aufnahme in die Gemeinschaft des Ordens zu erbitten.« [Art. 660; zit. n. Oslo, 2001, S. 128]

Nun muss er seine Antworten, die er zuvor den Ordensbrüdern gegeben hatte, vor dem Meister bestätigen. Es folgt der Schwur auf die Bibel. Dann richtet der Meister das Wort an ihn:

»Ihr müsst bei Gott und der Jungfrau Maria schwören und versprechen, dass Ihr dem Großmeister des Tempels stets gehorchen werdet, dass Ihr die Keuschheit, die guten Sitten und Gebräuche des Ordens einhalten werdet, dass Ihr besitzlos leben werdet, dass Ihr nur das behaltet, was Euch Euer Oberer gegeben hat, dass Ihr alles, was in Eurer Kraft steht, tun werdet, um das zu bewahren, was im Königreich Jerusalem erworben worden ist, dass Ihr niemals von Euch aus dorthin geht, wo man Christen unrechtmäßig tötet, ausraubt und um ihr Erbe bringt. Und wenn Euch Gut des Tempels anvertraut ist, schwört Ihr, darüber gut zu wachen. Und auf Gedeih und Verderb werdet Ihr den Orden niemals verlassen ohne die Einwilligung Eurer Oberen.« [Art. 674-676; zit. n. Oslo, 2001, S. 129]

Dies wird vom Postulanten beschworen. Mit den Worten: »Wir nehmen Euch auf vom Anfang bis zum Ende Eurer Tage« [Art. 677; zit. n. Oslo, 2001, S. 129] legt der Meister dem Bewerber den schwarzen Mantel des Knappen um und segnet ihn. Dazu singt der anwesende Kaplan den Psalm Ecce quam bonum (Ps. 133), darauf folgt das Heiliggeistgebet. Der Meister wendet sich dem noch immer knienden Bewerber zu, hebt ihn auf und küsst ihn auf den Mund. Dies tun auch der Kaplan und die der Zeremonie beiwohnenden Ritter.

Nach diesen Handlungen nehmen alle Anwesenden Platz. Der Meister selbst erklärt nun dem neuen Ordensmitglied die Ordensregel. Besonderer Wert wird in dem Ritterorden neben den religiösen Pflichten auch auf die militärischen Pflichten gelegt. Bestimmte Vergehen gegen die Ordensregel ziehen den Verlust des Habits, das Verbot, die Ordenskleidung zu tragen, nach sich. Als Zeichen ihrer Keuschheit werden die neuen Ordensbrüder ermahnt, um die Taille »einige kleine Schnüre« zu tragen. Der Meister beendete die Versammlung mit den Worten: »Gehet hin, Gott wird euch besser machen.« [Art. 686; zit. n. Oslo, 2001, S. 129]

Der Verlust des Heiligen Landes

Am Beginn des 14. Jahrhunderts hat der Templerorden seine eigentliche Aufgabe, die Verteidigung des Heiligen Landes, durch die historischen Ereignisse verloren. Seit 1187 befinden sich die Kreuzfahrerstaaten im ständigen Rückzug. Jerusalem ist seit 1244 fest in der Hand der Muslime. Und seit dem Jahr 1263 führt der Mameluckensultan Baibars I. (1260-1273) einen andauernden Kampf zur Rückeroberung der von den Christen besetzten Gebiete des Heiligen Landes. Mit seinem Tod kommen die Kämpfe zwar zum Erliegen, und die Kreuzfahrer können nochmals aufatmen, doch ab 1285 nimmt Sultan Qalawun die Rückeroberung wieder auf. Um eine Eroberung der Stadt durch die Genuesen zu verhindern, zerstört er Tripolis. Die Besitzungen der Christen sind schon auf einen schmalen Küstenstreifen in Palästina zusammengeschmolzen, als mit dem Jahr 1290 zunächst ein Hoffnungsschimmer erscheint.

Der in diesem Jahr zwischen dem Mamelucken-Sultan Qalawun und König Heinrich von Jerusalem geschlossene Waffenstillstand verspricht Sicherheit, der Handel in der Kreuzfahrerstadt Akkon blüht wieder auf. Die Karawanen von Damaskus kommen wieder in die Stadt. Doch die Idylle währt nicht lange.

In Norditalien haben sich auf einen Kreuzzugsaufruf Papst Nikolaus’ IV. hin wüste Haufen von Bauern und Tagelöhnern gesammelt, die unter dem Oberbefehl von Nikolaus Tiepolo, dem Sohn des Dogen von Venedig, mit 20 Galeeren ins Heilige Land aufbrechen. Zu diesem Kontingent stoßen noch fünf Galeeren aus dem spanischen Königreich Aragon. Als dieser Haufen im August 1290 in Akkon eintrifft, ist es mit dem Frieden vorbei. Die nur schlecht besoldeten Truppen beginnen sofort den Kampf gegen die Muslime, der für sie darin besteht, die von dem Waffenstillstand geschützten Händler und friedlichen Reisenden zu ermorden. Zunächst sind es Einzelfälle, doch Ende August eskaliert die spannungsvolle Lage in einem regelrechten Massenmord an den Muslimen Akkons. Ohne Rücksicht – allein das Tragen eines Bartes galt als Zeichen für einen Muslim – werden zahllose Menschen von der rasenden Soldateska getötet.

Als dem Sultan in Kairo von diesem Blutbad berichtet wird, sieht er darin einen Bruch des Waffenstillstands, worin ihn seine rechtsgelehrten Berater nur bestärken. Seine Forderung, die Schuldigen an dem Massaker auszuliefern, scheitert an der christlichen Bevölkerung von Akkon. Damit stehen die Zeichen auf Sturm: Qalawun bereitet in aller Stille einen Kriegszug gegen die Christen vor. Der Großmeister des Templerordens, Wilhelm von Beaujeu, erfährt zwar die Absichten des Sultans, doch stößt er mit seinen Warnungen bei den christlichen Herrschern auf taube Ohren. Erst recht glaubt sich Akkon in Sicherheit, als Qalawun Ende 1290 plötzlich stirbt. Aber das Vorhaben ist nur kurz aufgeschoben. Die Mitglieder einer christlichen Gesandtschaft werden in Kairo kurzerhand ins Gefängnis geworfen, wo sie sterben. Das gewaltige Heer des neuen Sultans, des Sohnes von Qalawun, el-Aschraf Khalil, trifft am 5. April 1291 vor Akkon ein. Etwa 60 000 Berittene und 160 000 Mann zu Fuß mit Hunderten von schweren Belagerungsmaschinen umstellen die Stadt. Die Befestigungsanlagen Akkons sind auf eine Belagerung gut vorbereitet, doch es fehlen Truppen. Der dringend benötigte Zuzug fällt sehr spärlich aus. Nahe am Meer haben die Templer einen Abschnitt der Stadtmauer zur Verteidigung übernommen. Mit dem 6. April 1291 beginnt die Belagerung. Den Muslimen steht das »griechische Feuer« zur Verfügung, eine brennbare Flüssigkeit, die mit Wasser nicht zu löschen ist. Die Belagerten sind allerdings nicht völlig hilflos. Das Meer beherrschen die Muslime nicht, und so können von Zypern, dem Hauptsitz des Templerordens, weiterhin ungestört Truppen und Lebensmittel in ausreichender Menge in die Stadt gebracht werden. Am 15. April wagen die Templer einen größeren Ausfall. Der bei Mondschein geführte Angriff auf die Belagerer kommt für diese völlig überraschend, hat aber keinen Erfolg. Viele der Ordensritter stürzen in die im fahlen Licht kaum erkennbaren Stricke der Zelte und fallen so den Muslimen als Gefangene in die Hände. Die Reste der Kämpfer werden in die Stadt zurückgetrieben. Ein zweiter Ausfall der Johanniter scheitert ebenfalls. König Heinrich trifft erst einen Monat nach Beginn der Belagerung mit 40 Schiffen von Zypern her in Akkon ein. Ein vom König veranlasster letzter Versuch zu einer diplomatischen Einigung scheitert am Sultan, der von den als Boten ausgeschickten Templern die Übergabe der Stadt fordert. Innerhalb von einer Woche unterminieren die Muslime die wichtigsten Türme, die aufgegeben werden müssen. Am 16. Mai überwinden sie die äußeren Mauern, den Christen bleibt nur noch die innere Mauerlinie. Nur zwei Tage später erzwingen die muslimischen Truppen mit einem Generalangriff auf die gesamte Mauerlänge den Eintritt in die Stadt. Am St.-Antons-Tor kämpfen die Templer zusammen mit den syrischen und zyprischen Rittern und den Johannitern einen verzweifelten Abwehrkampf. Ein letztes Mal stehen hier die Mitglieder der beiden zuvor zutiefst verfeindeten Ritterorden Seite an Seite im Kampf, als habe es nie eine Rivalität gegeben. Die Muslime haben ihren schwersten Angriff gegen den »Verfluchten Turm« geführt. Hier hält der damalige Großmeister der Templer, Wilhelm von Beaujeu, die Stellung und empfängt eine tödliche Verwundung. Als er vom Ort des Kampfes weggebracht wird, sagt er: »Herr, ich kann nicht mehr, denn ich bin tödlich getroffen, sehet den Hieb« (zit. n. Demurger, 1991, S. 236). Seine Leute legen den Sterbenden auf einen Schild und tragen ihn zunächst zum St.-Antons-Tor, das aber verschlossen ist. In einem Haus finden sie Unterschlupf, wo sie dem Großmeister die Rüstung abnehmen. Nun versuchen sie, über das Meer zu fliehen, doch als zwei Boote beschafft sind, hindert sie ein ausbrechender Sturm am Auslaufen. Als letzter Ausweg bleibt das Haus der Templer. Die Besatzung verwehrt den Ankömmlingen aber den Einlass, sodass der Großmeister in einem Hof, der ansonsten zum Abladen von Mist dient, abgelegt wird. Einen ganzen Tag lebt er noch, sagt aber nichts mehr. Wilhelm von Beaujeu wird in der Kirche des Templerhauses beigesetzt.