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»Sie haben mir leider nicht gesagt, dass ich Magie höheren Grades nicht anwenden darf. Oder hab ich Sie da falsch verstanden?«

»Keine Ahnung, Max. Jedenfalls bist du ein Böiger Wind«, wiegelte Juffin ab. »Sei aber bitte so lieb und versuch, deinen Wirkungskreis auf mein Büro zu beschränken. Dann gibt es auch keine Probleme. Und jetzt schauen wir uns mal an, was du vom König bekommen hast.«

Wir betasteten das kleine Päckchen, das mitten im Staub lag. Dann packte ich es vorsichtig aus, bis eine purpurrote Erbse zum Vorschein kam, die ich in die Hand nahm und von allen Seiten betrachtete.

»Was ist das?«

Juffin lächelte nachdenklich. »Ein Nachkomme der legendären Purpurroten Perle König Gurigs VII. Das Besondere an dieser Perle ist, dass niemand sie je gesehen hat - weder der verstorbene König noch sein Nachfolger, der partout nicht ermitteln will, wo sich dieses unsichtbare Wunder befindet. Er hat gesagt, er wisse es nicht und wolle es auch nicht wissen. Aber der Nachwuchs der Mutterperle kommt regelmäßig in den unterschiedlichsten Ecken des Palasts zum Vorschein. Seine Majestät schenkt diese »Perlenwaisen* besonders verdienten Bürgern. Ich hab schon drei. Bei dir ist es wirklich flott gegangen, ohne dass der Erwerb für dich leicht gewesen wäre. Schließlich hast du im Haus meines Nachbarn einiges erlebt!«

»Hat die Perlenmutter Zauberkräfte?«

»Auf alle Fälle. Aber was sie genau kann, wird sich noch zeigen. Bisher weiß es niemand. Bewahr deine Perle gut auf und bestell beim Juwelier eine Schatulle dafür, wenn du magst.«

»Eine Schatulle? Die kostet doch nur Geld, und mir gefällt das kleine Ding nicht besonders.«

»Typisch Barbar! Der Schrecken der Wachmänner!«, rief Juffin und brach in Gelächter aus.

Dann überließ er mich dem Schicksal, übergab mir also die Leitung des Hauses und ging ins Fressfass, wo er Melifaro ein Essen ausgab.

»Erinnern Sie ihn daran, dass er mir noch was schuldet«, rief ich meinem Chef nach. »Er soll seine Verpflichtungen mir gegenüber irgendwann erfüllen!«

»Bedeuten Verpflichtungen für dich kalte oder warme Vorspeisen?«, fragte Sir Juffin.

»Verpflichtungen bedeuten viel Essen im richtigen Moment«, stellte ich klar.

Die Nacht verlief so ruhig, dass ich etwas enttäuscht war. Kurusch unterhielt mich, so gut er konnte. Jetzt erfuhr ich auch, dass der kluge Vogel genau wie ich gern die ganze Nacht wach blieb. Diese Seelenverwandtschaft erlaubte mir, ihm mein Leben zu erzählen. Zuerst aber legte er einen Eid ab, ihm anvertraute Informationen »mehr als streng geheim« zu halten. Seine unerschütterliche Ruhe erstaunte mich.

Der nächste Tag begann mit dem Besuch von Sir Kofa Joch, der noch vor Tagesanbruch erschien. Auch er arbeitete oft nachts, da es zu seinen Hauptpflichten gehörte, Wirtshausgespräche zu belauschen und wichtige Informationen herauszufiltern. Jeden Morgen erschien der Meister des Verhörs im Haus an der Brücke, glich seine Miene seinem etwas angegriffenen Gesamtzustand an und berichtete Sir Juffin bei einer Tasse Kamra interessante Neuigkeiten. Abends hingegen, wenn er seinen Nachtdienst begann, pflegte er über große Pläne zu schwadronieren.

»In der Stadt gibt es Gerüchte, du seiest Juffins unehelicher Sohn«, begrüßte mich Sir Kofa Joch. »Aber egal. Du hast schon am ersten Arbeitstag die Auszeichnung des Königs bekommen. Juffin und ich hatten gewettet, ob das tatsächlich passieren würde, und er hat gewonnen. Dank deines Erfolgs und der milden Stimmung Seiner Majestät hat dieser alte Fuchs sechs Kronen verdient. Aber das macht nichts, denn in der Nacht habe ich einiges beim Kartenspiel gewonnen und kann alles bezahlen.«

»Woher kommen diese Gerüchte über meine Herkunft, Sir Kofa?«, hakte ich nach.

»Frag mich was Leichteres. Ich vermute, sie basieren zum Teil auf diffus durchsickernden Informationen, zum Teil auf der erschütternd banalen Fantasie vieler Leute. Vielleicht spielt auch der Wunsch eine Rolle, die langweilige Realität ein wenig aufzupeppen. Ich hab keine Ahnung, Max.«

»Die Leute reden einfach gern«, erklärte Kurusch nachsichtig.

»Hast du schon Gerüchte über den Ehrwürdigen Leiter gehört?«, fragte Kofa. »Die Hälfte davon haben wir selbst in Umlauf gebracht. Der Geheime Suchtrupp soll nämlich einschüchternd wirken. Wusstest du schon, dass Sir Juffin im Besitz eines Lügenrings ist, der tödliche Strahlung aussendet? Jeder, der in seiner Gegenwart die Unwahrheit sagt, muss unter großen Schmerzen sterben. Die ursprüngliche Fassung dieses Gerüchts war bescheidener: Mit Hilfe eines kleines Gegenstands - so lautete sie - überführe Sir Juffin jeden Betrüger. Die grausamen Details verdanken wir also der Volkskunst.«

»Kannst du mir noch mehr erzählen?«, fragte ich interessiert.

»Zum Beispiel ernährt Juffin sich von dem gedörrten Fleisch rebellischer Magister, das er immer dabeihat. Man soll ihm nicht in die Augen sehen, sonst verliert man den Funken und stirbt. Und natürlich schnappt ihn sich Juffin - wer anders? Außerdem lebt er ewig, und seine Eltern waren uralte Magister, die ihren Sohn aus Sand geschaffen haben, den sie mit ihrer Spucke mischten. Der Ehrwürdige Leiter hatte auch einen Zwillingsbruder, den er jedoch eines Tages verspeist hat. Und nachts geht er als Schatten um.«

»Seid ihr am Tratschen? Stör ich etwa?«, fragte die gerade durchgehechelte Kultgestalt der städtischen Mythologie munter und ließ sich genüsslich in einen Sessel fallen.

»Ich versuche nur, den armen Jungen vorzuwarnen«, sagte Sir Kofa und lächelte.

»Arm? Wieso denn arm? Sie hätten ihn als Vampir erleben sollen! Wie war deine Nacht, mein Held?«, fragte Juffin.

»Langweilig - nichts los«, sagte ich selbstmitleidig. »Ich hab die ganze Nacht mit Kurusch geschwatzt.«

»Bei mir gab's auch nichts«, ergänzte Sir Kofa. »Nur zwei stinknormale Einbrüche in reichen Gegenden. Die Diebe haben zwar die teuersten Sachen mitgenommen, aber General Bubuta wird das schon schaffen. Max hat recht, es war extrem langweilig. Echo - früher ein Bollwerk krimineller Romantik - verwandelt sich langsam in einen provinziellen Sumpf.«

»So schlimm ist es auch wieder nicht. Es ist doch schrecklich, wenn's zu bunt wird. Geh nach Haus und erhol dich, Max.«

Genau das hatte ich vor, doch im Treppenhaus hörte ich eine laute Stimme, die zwischen Bass und Falsett schwankte: »Du wagst es, mir so einen Blödsinn zu erzählen?! Sechzig Jahre bin ich jetzt hier, und noch niemand ...«

Ich riss die Tür auf. Ein athletisch gebauter, in einen purpurroten Mantel gehüllter Mann an der Schwelle zu deutlichem Übergewicht pöbelte den erschrockenen Chauffeur meines Dienst-A-Mobils an.

»Ruhe, aber sofort!«, rief ich. »Der Ehrwürdige Leiter des Geheimen Suchtrupps hat geschworen, die auf den Scheiterhaufen zu bringen, die ihn stören. Hören Sie also mit dem Geschrei auf. Der Fahrer steht in königlichem Dienst!«

»Was? Wer sind Sie, und was erlauben Sie sich?«, fragte das bullige Geschöpf und schien wieder gesprächsfähig.

»Haben Sie zu viel getrunken, Sir?«, schleuderte ich ihm gut gelaunt entgegen. »Ihr Büro ist im anderen Trakt. Wir sind hier im Treppenhaus des Gebäudes, das sich Stadtpolizei und Kleiner Geheimer Suchtrupp teilen. Seien Sie so gut und respektieren Sie das, denn hier halten sich einige zornige Leute auf, die sich so ihre Gedanken machen, wenn mal wieder die ganze Nacht niemand verhaftet wird. Also, fahren wir!«, meinte ich dann zum Chauffeur, und wir verschwanden.

»Danke, Sir Max!«, erklärte der bejahrte Mann und verbeugte sich vor mir.

»Warum erlauben Sie ihm, Sie so anzubrüllen? Er sieht zwar gefährlich aus, aber Sie arbeiten doch für den König und für Sir Juffin! Sie sind eine wichtige Person, mein Freund.«

»General Bubuta Boch nimmt so was nicht zur Kenntnis. Es nervt ihn, wenn ein A-Mobil zu nah am Eingang steht, obwohl sein Fahrer beinahe im Korridor parkt.«

»War das General Bubuta Boch? Hoppla!«