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Als ich auf den Philippinen ankam, um mit meinem ersten Projekt für Underwood Samson zu beginnen, war ich schrecklich aufgeregt. Wir waren First Class geflogen, und nie werde ich das Gefühl vergessen, wie ich in meinem Anzug zurückgelehnt auf meinem Sitz thronte und von einer attraktiven und – ja, ich war wirklich so dreist, mir die Annahme zu gestatten – koketten Stewardess Sekt serviert bekam. Ich sah mich selbst als wahren James Bond, nur jünger, dunkler und womöglich auch besser bezahlt. Wie seltsam, sich jetzt an diese Zeit zu erinnern; wie schnell meine Selbstgefälligkeit später schwand!

Aber ich eile voraus. Ich wollte Ihnen noch von Manila erzählen. Waren Sie schon einmal im Osten, Sir? Ach, ja! Für einen Amerikaner sind Sie wirklich weit gereist – eigentlich für einen Bewohner eines jeden Landes. Ich werde zunehmend neugieriger, in welcher Branche Sie tätig sind, aber vorerst ist es Ihnen anscheinend lieber, dass ich fortfahre. Da Sie nun schon im Osten waren, muss ich Ihnen ja nicht erklären, wie ungeheuer sich dieser Teil des Erdballs verändert. Ich erwartete, eine Stadt wie Lahore vorzufinden oder vielleicht Karatschi, stattdessen wurde ich mit Wolkenkratzern und Superhighways konfrontiert. Doch, auch Slums gab es in Manila; man sah sie auf der Fahrt vom Flughafen: riesige Bezirke, in denen Männer in verdreckten weißen Unterhemden vor Autowerkstätten herumlungerten, eine Art ärmere Variante der fünfziger Jahre in Amerika, wie sie in Filmen wie Grease dargestellt sind. Aber Manilas Skyline und seine ummauerten Enklaven für die Superreichen waren anders als alles, was ich in Pakistan gesehen hatte.

Ich versuchte, mich nicht länger mit diesem Vergleich aufzuhalten; es war eine Sache, zu akzeptieren, dass New York reicher als Lahore war, eine ganz andere aber, zu verdauen, dass dies für Manila ebenfalls galt. Ich kam mir vor wie ein Langstreckenläufer, der meint, gar nicht so schlecht zu sein, bis er einen Blick über die Schulter wirft und sieht, dass der Bursche, der ihn überrundet, nicht das Feld anführt, sondern eher ein Nachzügler ist. Vielleicht tat ich in Manila deshalb etwas, was ich davor noch nie getan hatte: Ich versuchte, soweit es meine Selbstachtung zuließ, mich mehr wie ein Amerikaner zu geben und auszudrücken. Die Filipinos, mit denen wir arbeiteten, schienen zu meinen amerikanischen Kollegen aufzuschauen und sie fast instinktiv als Angehörige der Offiziersklasse des globalen Business zu betrachten – und ich wollte auch meinen Anteil an diesem Respekt.

Also lernte ich, zu leitenden Angestellten im Alter meines Vaters zu sagen: »Ich brauche das jetzt«, ich lernte, mich mit einem exterritorialen Lächeln in einer Schlange nach vorn zu mogeln, und ich lernte, auf die Frage, woher ich sei, zu antworten: aus New York. Ob mir das Probleme bereitete, fragen Sie? Ja, natürlich, Sir, ich schämte mich oft. Nach außen hin ließ ich mir aber nichts anmerken. Es gab ja auch vieles, worauf ich stolz sein konnte: meine echte Begabung für unsere Arbeit beispielsweise und die überschwänglichen Beurteilungen, die ich für meine Leistungen von Kollegen erhielt.

Wie ich Ihnen schon sagte, waren wir dort, um eine Musikfirma zu bewerten. Der Besitzer war eine legendäre Gestalt in der dortigen A&R-Szene; wenn er die Sonnenbrille abnahm, lag in seinen Augen jene kosmische Offenheit, die man mit längerem Genuss von LSD verbindet. Aber trotz seiner bunten Vergangenheit hatte er es geschafft, lukrative Outsourcing-Deals für die Herstellung und den Vertrieb von CDs für zwei internationale Musik-Majors abzuschließen. Er nahm sogar für sich in Anspruch, sein Unternehmen sei das größte seiner Art in Südostasien und wachse – ungeachtet aller Piraterie, Downloads und chinesischer Konkurrenz – auch noch in einem recht ordentlichen Tempo.

Um zu bestimmen, wie viel es denn nun wert war, arbeiteten wir über einen Monat lang rund um die Uhr. Wir befragten Zulieferer, Angestellte und Experten aller Art; wir verbrachten Stunden in geschlossenen Räumen mit Buchhaltern und Anwälten; wir sammelten gigabyteweise Daten; wir verglichen Performance-Indikatoren mit Benchmarks, und am Ende erstellten wir ein komplexes Finanzmodell mit zahllosen Permutationen. Ich verbrachte einen Großteil meiner Zeit vor dem Computer, besuchte aber auch die Fabrik und mehrere Musikgeschäfte. Auf diesen Ausflügen fühlte ich mich ungeheuer mächtig, da ich wusste, dass mein Team die Zukunft gestaltete: Würden diese Arbeiter gefeuert werden? Würden diese CDs anderswo hergestellt werden? – darüber würden wir, indirekt natürlich, mitentscheiden.

Doch es gab auch Momente, in denen ich verwirrt war. An eine solche Begebenheit erinnere ich mich besonders. Ich fuhr mit meinen Kollegen im Auto. Wir steckten im Verkehr fest, es ging nicht mehr vor und zurück, und ich sah aus dem Fenster, als etwa einen Meter entfernt der Fahrer eines Jeepney meinen Blick erwiderte. In seinen Augen lag unverhohlene Feindseligkeit; ich hatte keine Ahnung, warum. Wir waren uns noch nie begegnet – dessen war ich mir so gut wie sicher –, und wenn dieser Moment vorbei wäre, würden wir uns wahrscheinlich nie mehr wiedersehen. Doch seine Abneigung war so offensichtlich, so intim, dass sie mir unter die Haut ging. Ich starrte ihn ebenfalls an, wurde meinerseits wütend – Sie werden inzwischen bemerkt haben, dass Anstarren für uns Männer aus Lahore eine ernste Sache ist –, und ich hielt den Blickkontakt mit ihm aufrecht, bis ihn das anfahrende Auto vor ihm zwang, seine Aufmerksamkeit wieder der Straße zuzuwenden.

Danach versuchte ich zu verstehen, warum er sich so verhalten hatte. Vielleicht, dachte ich, hat ihn gerade seine Frau verlassen, vielleicht lehnt er mich wegen meiner Privilegien ab, die mein Anzug und der teure Wagen nahelegen, vielleicht mag er einfach keine Amerikaner. Diese Sache beschäftigte mich viel länger, als sie es verdient hätte, ich spielte etliche Möglichkeiten durch, denen als unbewusster Ausgangspunkt allesamt zugrunde lag, dass er und ich eine Art Dritte-Welt-Empfindlichkeit teilten. Dann fragte mich einer meiner Kollegen etwas, und als ich mich ihm zuwandte, um ihm zu antworten, geschah etwas ganz Merkwürdiges. Ich schaute ihn an – seine blonden Haare und hellen Augen und vor allem, wie er in die Details unserer Arbeit versunken war, ohne etwas anderes wahrzunehmen – und dachte, du bist ja so ausländisch. In dem Moment fühlte ich mich dem philippinischen Fahrer viel näher als ihm; mir war, als spielte ich hier eine Rolle, wo ich doch eigentlich auf dem Heimweg sein sollte, so wie die Leute draußen auf der Straße.

Natürlich sagte ich nichts, aber diese seltsame Kette von Ereignissen – oder besser Eindrücken, denn als Ereignisse konnte man sie ja kaum bezeichnen – hatte mich so sehr aus dem Gleis gebracht, dass ich in der folgenden Nacht kaum Schlaf fand. Aber zum Glück ließ die Intensität, mit der wir an unserem Projekt arbeiteten, nicht zu, dass ich mir weitere Anfälle von Schlaflosigkeit genehmigte; am Tag darauf blieb ich bis zwei Uhr morgens im Büro, und als ich dann in mein Hotelzimmer kam, schlief ich wie ein Murmeltier.