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    "Ich folge dir, Cura."

    Schweigend legten sie den Weg zur Hacienda zurück, wo man Alonzo ein Zimmer anwies.

    Am anderen Tage wurde Enriquez Gomez beerdigt. Der Cura durchstöberte alles nach den Briefen, von denen der Sterbende gesprochen hatte, fand aber nichts.

    Als sie zur Hacienda zurückkehrten, war eben der Haciendero Sennor Vincente Vivanda, der ältere Bruder des Geistlichen, angelangt, der mit seinem Töchterchen eine Fahrt in die Berge gemacht hatte.

    Eine helle melodische Stimme erklang im Jubeltone: "Das ist er - Papa -, das ist er -, der mich gerettet hat -," und mit jäh emporschießender Freude sah Alonzo das zarte Kind vor sich, das er durch einen glücklichen Schuß auf die gefährliche Katze vor Unheil bewahrt hatte.

Achtes Kapitel.

Zwei Ehrenmänner

    Das alte Santa Fé de Bogotá, die Hauptstadt Neugranadas, liegt hoch über den Llanos zwischen Bergen eingebettet. Überragt wird es von den nahen, mit Kapellen geschmückten schroffen Felskegeln Guadalupe und Monserate und weiterhin schimmern die schneebedeckten Riesen der himmelanstrebenden Kordilleren. Doch freundlich liegt es da inmitten einer gigantischen Umgebung.

    Schräge rote Ziegeldächer und gelbe oder weiß getünchte Lehmwände geben der Stadt ein freundliches Kolorit, das durch die dazwischen aufragenden schlanken Eukalypten noch gehoben wird.

    Die Doppeltürme der Kathedrale, die Kuppel von Santa Clara, der weiße Turm von San Franzisko grüßen schon auf weite Ferne hin, über die nach Ost und Süd sich ausdehnenden Hochebenen, nach den Bergen hinauf.

    - Schon neigte sich die Sonne den unwirtlichen Höhen im Westen zu, sie mit ihren letzten Strahlen in einen goldigen Schimmer von seltener Schönheit hüllend, als auf müdem Pferde ein Mann, der einen langen Weg hinter sich haben mußte, von Süden her in die Stadt einritt.

    Der breitrandige Hut, der hie und da durchlöcherte Poncho, die langen Reitgamaschen waren mit Sand und Staub bedeckt, gleich dem Fell des Tieres, das er ritt, und auch die Haltung des Mannes deutete auf Erschöpfung.

    Seine Gestalt war lang und hager, das scharf geschnittene Profil wies eine starke Habichtsnase auf, zu deren Seiten unter dichten Brauen zwei dunkle Augen leuchteten, deren Blick etwas vom lauernden Raubtier an sich hatte.

    Von dem unteren Teile des Gesichtes war wenig zu sehen, denn der Mann trug nach Art derer, die aus den Llanos kamen, ein seidenes Tuch um Mund und Kinn als Schutz vor dem Staube des Weges.

    Er trug auf dem Rücken einen Karabiner und den landesüblichen Lasso am Sattelknopf.

    Die Leute, die vor den Häusern saßen oder sich in der Straße bewegten, achteten des Reiters kaum; eine solche Erscheinung war ihnen nichts Neues.

    Der Mann schien seinen Weg zu kennen, denn ohne zu fragen, bog er in eine Quergasse ein, die hier in der Vorstadt San Diego noch Häuser aus der Zeit Philipps II. aufweist, und hielt vor einer Posada, die durch eine Weintraube als solche kenntlich gemacht wurde.

    "Wenn der Alte noch lebt," murmelte der Reiter vor sich hin, "können wir sogleich die Probe machen, ob mein Gesicht in Bogotá noch bekannt ist."

    Als niemand kam, ihm das Pferd abzunehmen, begann er sich bemerkbar zu machen: "Ist denn in dieser Herberge niemand, der einem Caballero das Pferd abnimmt?" rief er.

    Das brachte endlich den Posadero, eine fleischige Gestalt mit dickem, gutmütigem Gesicht, in den Torweg, der zum Patio führte.

    "Sachte, sachte, Sennor," sagte der Posadero, "wir sind hier an Höflichkeit gewöhnt."

    Der Reiter hatte das Tuch, das den unteren Teil seines Gesichtes einhüllte, entfernt. Lippe und Kinn zierten ein Schnurr- und Knebelbart, die das gebräunte Antlitz nur noch hagerer erscheinen ließen.

    "Er ist es," murmelte er vor sich hin, während der Wirt ihn aufmerksam musterte. Und er fügte laut hinzu: "Nun, ich hatte mir in der berühmten Posada Don Geronimos einen freundlicheren Empfang erhofft."

    Dies schien dem Wirt, der den Fremden immer noch anstarrte, zu schmeicheln, denn er sagte höflicher: "Seid willkommen, Sennor, möge es Euch in meiner schlechten Behausung gefallen. Pepe," rief er einem Peon zu, "nimm dem Caballero das Pferd ab."

    Der Bursche nahm das Tier am Zügel, der Reiter stieg ab und folgte dem Wirt in ein Zimmer des Erdgeschosses, das als Schenkstube diente und in diesem Augenblick von Gästen leer war.

    Der Fremde warf den Poncho ab, stellte den Karabiner in die Ecke und sagte: "Rasch einen Schluck Aguardiente, Mann, ich muß den Staub hinunterschlucken."

    Der Wirt brachte ihm ein Glas des scharfen Getränkes, den Reisenden dabei fortwährend musternd. Dieser trank und verlangte dann nach Speise. Der Posadero stellte ihm ein gebratenes Huhn und frische Tortillas in Aussicht und begab sich hinaus, um das Abendbrot für seinen Gast zu bestellen.  

"Seid willkommen, Sennor! Möge es Euch in meiner schlechten Behausung gefallen."

"Er hat mich nicht erkannt, der Brave," sagte der Reisende vor sich hin, als der Wirt fort war, "das ist mir doch lieb."

    Er ging mehrmals auf und ab und murmelte vor sich hin: "Es ist des Löwen Höhle, in die ich mich wage, indessen hoffe ich, Don Carlos wird Vernunft annehmen. Mit den Häuptern der Liberalen will ich nichts zu tun haben, sie wissen einen Mann wie mich nicht zu schätzen, und ob sie Geld haben, ist fraglich. Don Carlos hat die Macht und Geld, wagen muß ich es."

    Der Wirt kam zurück.

    "Ihr müßt mir sagen, Sennor, wer Ihr seid und was für Geschäfte Euch hierher führen. Der Alkalde ist seit einiger Zeit sehr neugierig, was Fremde betrifft, wir Posaderos haben strenge Befehle."

    "Gleich, Sennor, doch vorerst sagt mir, ob Excellenza de Valla in der Stadt ist?"

    "Excellenza de Valla?" fragte erstaunt der Wirt, "unser hochgebietender Herr Minister? Ich glaube wohl."

    "Das ist gut, denn ich muß Excellenza noch heute meine Aufwartung machen. Das ist mein Geschäft hier, und mein Name -," er sah mit einem spöttischen Lächeln in das dicke, gutmütige Gesicht des Wirtes, "mein Name lautet Sancho Tejada, ehemals Lugarteniente im Heere der Republik."

    Wäre das Haus eingefallen, der Wirt hätte nicht erschrockener aussehen können, als bei Nennung dieses Namens.

    Mit dem Ausdrucke des Entsetzens starrte er in das Gesicht des Fremden.

    "Du scheinst wenig Gedächtnis für die Züge deines gehorsamen Neffen zu haben, mein teuerster Oheim, doch ich hoffe, dein Herz ist noch das alte geblieben."

    Der Posadero schien sein Entsetzen überwunden zu haben, denn seine Miene wurde finster und drohend.

    "Wie kommst du hierher? Was willst du hier?" Seine Stimme bebte vor innerer Erregung.

    "Ah, mich trieb die Sehnsucht hierher, dein würdiges Antlitz wieder zu sehen."

    "Verlaß augenblicklich die Schwelle meines Hauses. Wenn ich nicht nach den Alguacils rufe, verdankst du es nur der Erinnerung an meine Schwester."

    "Das ist wahrlich ein schöner Empfang. Aber sei vernünftig, Oheim -"

    "Was willst du hier?"

    "Ich habe, wie ich dir schon sagte, Geschäfte mit Excellenza de Valla."

    "Du?"

    "Ich. Sei ruhig, Don Geronimo, ich werde dir nicht lange zur Last fallen."

    "Wie kannst du dich hierher wagen; du Schandfleck einer ehrlichen Familie? Hierher, wo der Galgen auf dich wartet?"