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    "Er immer noch Don Alonzo heißen."

    "Estupido," murmelte Don Ignacio.

    "Du nur hinreiten, dort zu Castello, dann ihn sehen, o, er schöner Caballero."

    "So," dachte Ignacio, "er ist also hier?"

    Er sann einen Augenblick nach und sagte dann: "Ich muß mir die Freude jetzt doch versagen, ich könnte zu spät in Esmeralda eintreffen, aber auf dem Rückwege will ich bei euch vorsprechen, solche Heroes sieht man doch selten. Adios."

    Und davon ritt Sennor de Caldas.

    Der Indianer versank wieder in seine nachlässige Haltung. Kaum aber war der Reiter hinter den Bäumen verschwunden, als Maxtla mit einer staunenswerten Behendigkeit aufsprang und ihm zwischen Büschen, die ihn deckten, hastig folgte.

    Bald hatte er ihn auch wieder im Auge.

    Don Ignacio hielt, überschaute die Felder, blickte aufmerksam nach den Gebäuden der Hacienda hinüber und trieb sein Pferd in den Wald, der hier weniger Unterholz zeigte als an anderen Stellen.

    Maxtla schlich durch die Büsche, was hie und da der Dornen wegen große Schwierigkeiten bereitete und sah den, dem er folgte, bald wieder.

    Don Ignacio hatte den Sattel verlassen und band sein Pferd an. Dann schritt er auf einem kaum bemerkbaren Pfade dem Wasser zu; zu seiner Seite folgte mit der Geräuschlosigkeit des Waldkriegers Maxtla. Der Kreole mußte den Pfad kennen.

    Nach kurzer Zeit, denn an dieser Stelle war der den Fluß umsäumende Waldstreifen dünn, erreichten sie Bambus und Schilf und Weiden, ein Zeichen der Nähe des Wassers. Auf dieses zu führte der Pfad weiter. Maxtla erkletterte einen jungen Kautschukbaum. Von seiner Höhe sah er ein Canoa im Schilf versteckt liegen, in dem ein alter Neger saß. Mit diesem wechselte Don Ignacio einige Worte. Der Schwarze reichte ihm eine Büchse und einem Kugelbeutel aus dem Boote, und so ausgerüstet schritt der Kreole den Pfad zurück, den er gekommen war. Maxtla wie vorher zu seiner Seite.

    Der Indianer hatte keinen Zweifel, daß es Alonzo galt - daß Don Ignacio von Bogotá mit demselben Auftrag ausgesendet worden sei wie Tejada - und zwar mit genauer Kenntnis des Aufenthaltes des Jünglings. Don Ignacio besaß jedenfalls mehr Mut und mehr Geschicklichkeit als der Bandit, dem Maxtla diente und ihn zugleich überwachte.

    Ignacio war gefährlicher.

    Aus den dichten Tabakfeldern, den Kaffeesträuchern war leicht ein Schuß abzugeben, sie deckten den Schützen und dessen Rückzug nach dem Waldsaum und dem Wasser; der Plan war gut ausgeheckt. Der Ocoa war zu sicherer Flucht geeignet. Caldas mußte sich auf diese Art des Angriffs und des Rückzugs vorbereitet haben.

    Mittag war vorüber, aber Arbeiter und Aufseher hielten noch ihre Siesta; es war leicht, ungesehen in die weit ausgedehnten Felder zu gelangen, die um diese Jahreszeit niemand betrat.

    Don Ignacio führte sein Pferd etwas tiefer in den Wald zu einer Stelle, wo es nicht leicht gefunden werden konnte, sah sich vom Waldsaume aus aufmerksam um und schlüpfte dann mit großer Gewandtheit in ein nahe gelegenes Maisfeld, das an Tabaksfelder grenzte, die sich bis in die Nähe der Gebäude ausdehnten. Aber hinter ihm schlich der düstere Indianer einher, die blanke Machete in der sehnigen Hand, einem Schweißhunde gleich, der auf der Spur seines Wildes geht.

    Don Alonzo war in den Gebäuden, das wußte Maxtla, er hätte ihn sonst abreiten sehen. Tejada war, wie er wiederholt getan, allein ausgeritten, um sich, wie er sagte, Land und Leute anzusehen.

Maxtla schlich hinter Don Ignacio einher, die blanke Machete in der Hand.

Während Don Ignacio und Maxtla sich durch die Tabakfelder bewegten, war Don Sancho Tejada, alias Molino, wohl eine Legua entfernt von jener Stelle und ritt verdrießlich am Waldsaume hin. Da er einsah, wie schwierig und auch gefährlich es sei, die Mordwaffe hier gegen Alonzo zu erheben, ging sein einziges Trachten dahin, einen verworfenen Gesellen zu finden, der gegen möglichst wenig Geld das Verbrechen ausführe.

    Diese Leute waren zu jener Zeit gar nicht zu schwer aufzutreiben, doch mußte man sie in den Städten suchen. Die Arbeiter hier waren dem Sennorito alle auf Tod und Leben ergeben, es blieb also wohl nichts übrig, als einen der kleinen Hafenorte der Flüsse aufzusuchen, wo sich Raubgesindel genug herumtrieb, um dort einen Mann zu dem Meuchelmorde zu gewinnen. Seine menschenfreundlichen Betrachtungen wurden unterbrochen durch den unerwarteten Anblick eines Reiters, der ihm hier auf ungewohntem Wege am Waldsaum entgegen kam.

    Der Mann ritt ein gutes Pferd und sah stattlich aus.

    Tejada hielt und ließ ihn ruhig herankommen. Zu seinem nicht geringen Erstaunen erkannte er in dem Fremden den Flüchtling von Naëva, den der Alguacil so gern vertraulich sprechen wollte.

    "Bin doch begierig, ob der mich auch erkennt," dachte er.

    Der Reiter kam heran, grüßte höflich und fragte: "Habe ich die Ehre, den Herrn dieses Grund und Bodens vor mir zu sehen?"

    Tejada erwiderte den Gruß in gleich höflicher Weise und entgegnete: "Nicht doch, Sennor, ich bin nur Gast hier."

    "Aber, ich bin vom Wege abgekommen, auf wessen Eigentum befinde ich mich?"

    "Auf dem Sennor Vivandas."

    "O, da bin ich in der Tat weit ab von meinem Ziele."

    Der Fremde hatte Tejada von der flüchtigen Begegnung in der Posada zu Naëva her nicht wieder erkannt. Seine Gedanken waren wohl damals hinreichend beschäftigt gewesen, um einem ihm gleichgültigen Fremden Aufmerksamkeit zu widmen.

    "Hoffentlich haben Sie Ihr flinkes Boot in der Nähe, um zum rechten Wege zurück zu gelangen."

    Der Fremde stutzte und warf Tejada einen drohenden Blick zu, fühlte auch zugleich nach seinem Pistolenhalfter.

    "Lassen Sie ruhig stecken, Sennor, denn wenn ich Sie verraten wollte, konnte ich das in Naëva tun, wo Ihnen der Alguacil so nahe auf den Fersen war."

    Der Genosse der Flußpiraten sah ihn an wie ein Fuchs den Hund, der ihn plötzlich gestellt hat.

    "Euer Gnaden irren sich gewiß in der Person - ich bin -"

    "Der Lockvogel der Ehrenmänner, die den Orinoko unsicher machen," ergänzte Tejada höhnisch, "und für den Strick längst reif."

    Der Mann erbleichte und tastete wieder nach seiner Pistole.

    "Der Alguacil, der das Unglück hatte, Sennor in Naëva zu verfehlen, ist ebenfalls in der Nähe und eine Nachricht von mir an ihn wird Sie überzeugen, ob es klug war, den Ocoa als Zufluchtsort zu erwählen. Jedenfalls sind die Pferde der Vaqueros ringsum sehr schnell, ihre Lanzen spitz und ihre Lassos unfehlbar. Euer Gnaden würden sich also in einer sehr gefährlichen Lage befinden, wenn Ihnen der Weg nach dem Meta verlegt würde."

    Der Pirat gewann doch die Überzeugung, daß er es mit jemand zu tun hatte, der nichts Böses gegen ihn beabsichtigte. Er sagte: "Ich habe entschieden einen vollendeten Caballero vor mir, der unschuldig Verfolgten gern beisteht." Und da er voraussetzte, daß sein Gegenüber einen Gegendienst für sein Schweigen verlange, setzte er hinzu: "Ich würde es mir zur Ehre schätzen, wenn ich mich für Euer Wohlwollen dankbar erzeigen könnte."

    "Hm," meinte Tejada, "eine Liebe ist der andern wert, ich behalte, was ich von Euer Gnaden werter Person weiß, für mich, der spürnasige Alguacil kann anderwärts suchen und Ihr erweist mit die Gegengefälligkeit und beseitigt einen höchst gefährlichen Menschen, der mich tödlich beleidigt hat. Ich nehme an, daß Ihr an Bord Eures Fahrzeugs die Leute dazu habt."