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    Die beiden Vivandas kannten die Klugheit ihres Schützlings, seine Vorsicht und seinen Mut, und es war nicht unwichtig, den Neger in die Gewalt zu bekommen.

    "Nimm einige von unseren besten Leuten mit, Alonzo."

    "Ja, ich will einige mitnehmen."

    Nun stimmten die beiden alten Herren zu.

    Alonzo rief drei der Indios an, befahl ihnen, sich vom Majordomo Büchsen geben zu lassen, nahm selbst seine Büchse und den Lasso, und alle vier ritten dem Waldsaum zu. An der Mündung des Pfades angelangt, sagte Alonzo seinen Begleitern, daß es darauf ankomme, einen spitzbübischen Neger auf dem Flusse zu fangen und befahl ihnen, ihm in hundert Schritt Entfernung zu folgen. Er wollte den Neger beschleichen und fürchtete das Geräusch, das die Indianer, die nicht gewohnt waren, sich im Walde anzupirschen, machen würden. Er mußte lautlos am Ufer ankommen und den Neger, ihn überraschend, vor der Büchse haben, ehe dieser das offene Wasser gewinnen konnte. Dann konnten seine Begleiter ihn binden und fortführen.

    Man band die Pferde an, und Alonzo schritt leichten Fußes in das Dunkel des Waldes, geräuschlos, alle Sinne wach; der wilde Krieger war in ihm lebendig.

    Eben wollten seine Leute ihm nachgehen, was des schmalen Pfades wegen hintereinander geschehen mußte, als dumpf der Hall eines Büchsenschusses an ihr Ohr schlug - einen Hilferuf glaubten sie zu vernehmen - erschreckt standen sie still. Aber nur einen Augenblick. Die Leute waren mutig und liebten ihren Sennorito.

    "Vorwärts - es gilt Don Alonzo - vorwärts!" und in Eile drängten sie rücksichtslos vor, die Büchsen, die sie zu brauchen verstanden, in der Hand.

    Das Schweigen des Waldes umgab sie bei ihrem eiligen Vormarsch, kein Laut außer dem Zwitschern eines Vogels war hörbar. Sie gelangten an das Schilf - vorsichtig gingen sie gebückt hindurch dem Wasser zu - endlich hatten sie die Wasserfläche vor sich. Kein Boot, kein Neger war zu sehen, nichts von dem jungen Herrn zu gewahren.

    In heller Verzweiflung sahen sich die armen Menschen an.

    "O, Don Alonzo!" stöhnte der eine.

    "O, was wird Sennor sagen?"

    Sie riefen laut, auf jede Gefahr hin - nichts antwortete - sie gingen in den Wald rechts und links von dem Pfade, suchten und schrieen sich heiser. Aber schon kam die Nacht, und trostlos schritten die Leute, die auf Otoño aufgewachsen waren, zurück. Als sie an den Waldsaum kamen, wieherte im Walde ein Pferd, und einer der drei Männer ging dem Laut nach und brachte Caldas Roß mit sich.

    Schon lag auch die Nacht auf den Llanos.

    Langsam, zum Tode traurig ritten sie zur Hacienda zurück, das Roß Alonzos und das des Erschlagenen mit sich führend.

    Mit maßlosem Entsetzen lauschten die beiden alten Herren ihrem Berichte.

    Der Cura, der den Jüngling wie seinen Sohn liebte, kniete nieder und betete in tiefem Jammer.

    Don Vincente, der sich zuerst faßte, trotzdem auch er ungemein litt, schien es klar, daß der Mörder, den sein Schicksal so jäh erreicht, nicht allein gewesen sei. Die Feinde Alonzos mußten auf dem Rücken des einsam strömenden Ocoa gekommen sein, wie auch Caldas augenscheinlich diesen Weg gekommen und sich das Pferd irgendwo am Ufer verschafft hatte.

    "Geh zu Elvira, Bruder, und bereite sie vor, ich will das Land und die Flußufer alarmieren," sagte er.

    Während der tiefgebeugte Priester seine Nichte aufsuchte, ließ Don Vincente die Glocke läuten, deren Ton die Arbeiter nach den Herrschaftsgebäuden rief, und die Fanale entzünden, die die Vaqueros von den Llanos herbeiführten.

    Während der Cura die in ihrem tiefen Schmerz tränenlose Elvira zu trösten versuchte, er, der selbst des Trostes bedurfte, kamen die Arbeiter zusammen. Der Majordomo hatte Pferde und Maultiere bereit gestellt. Schon nahten auch die Vaqueros, die in der Nähe ihre Herden geweidet hatten.

    Don Vincente trat zwischen sie und teilte ihnen mit, Don Alonzo sei verschwunden, getötet oder fortgeführt worden.

    Ein dumpfer Laut des Schreckens erhob sich unter den dicht um ihren Herrn gedrängten Leuten.

    Er sagte ihnen dann von dem Mordversuche des Tages, ohne Maxtla dabei zu erwähnen, und daß die Mörder den Ocoa heraufgekommen sein müßten. Daß es jetzt gelte, das Schicksal des Jünglings aufzuklären und die Spuren der Verbrecher zu finden.

    Ein Teil der berittenen Leute wurde den Fluß entlang geschickt, um überall auf jeder Hacienda, bei jedem Flußübergang das Verschwinden Alonzos zu verkünden und die Bevölkerung auf Flußpiraten aufmerksam zu machen. Die andere Hälfte wurde mit dem gleichen Auftrage in die Llanos geschickt, um auch hier die Bevölkerung zur Wachsamkeit und zum Beistand aufzurufen. Der Gedanke, daß der so plötzlich abgereiste Tejada mit dieser Gewalttat in Verbindung stehe, lag nahe. Don Vincente, der für einen ausgedehnten Distrikt polizeiliche Obergewalt hatte, fertigte einen Verhaftbefehl für ihn aus und sandte den Majordomo, einen entschlossenen Mann, dem Abgereisten mit einigen sicheren Leuten nach, ihm dabei mitteilend, wie Maxtla zu diesem und zu Don Alonzo stehe, und daß der Jüngling nur dem Indianer das Leben verdanke.

    Auch der Majordomo sprengte in die Nacht hinein.

    Kaum war die Sonne aufgegangen, so war Don Vincente mit einigen seiner Leute bereits selbst im Uferwalde, um nach Spuren Alonzos zu suchen, geängstigt von der schreckensvollen Vorstellung, seinen Leichnam zu finden.

    Auch diese Nachforschung verlief in dem dicht von Schlingpflanzen und Stechpalmen häufig undurchdringlich gemachten Wald resultatlos.

    Nichts ward gefunden.

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Don Sancho Tejada war unruhiger, als es den Anschein hatte. Die mit Alonzo gewechselten Worte hatten ihn sehr verstimmt. Schien es ihm darum wünschenswert, möglichst rasch einen größeren Zwischenraum zwischen Otoño und seine werte Person zu legen, so hielt die Begierde, das Resultat von des verfolgten Piraten Tätigkeit kennen zu lernen, ihn wiederum in dessen Nähe gebannt, um hoffentlich gute Nachrichten zu empfangen und in aller Eile nach Bogotá bringen zu können.

    Daß der Mann mit seinen Leuten ohne besondere Schwierigkeiten das finstere Werk auszuführen vermöge, daran zweifelte er nicht, obgleich dieser d'Alcantara ein äußerst gefährlicher Bursche war.

    Die Posada lag nicht übel, um Neuigkeiten von Otoño zu erfahren, und Don Sancho hätte gern dort länger geweilt, wenn nur sein Name und wer weiß was noch nicht auf der Hacienda bekannt gewesen wären - das war ihm sehr unangenehm.

    Er beeilte seine Abreise trotzdem nicht, so ungern verließ er den Schauplatz seiner Tätigkeit. Eben war er im Begriff, sich in den Sattel zu schwingen und sich von dem Posadero zu verabschieden, als in vollem Rosseslaufe ein junger Llanero herbeijagte.

    "O, Don Jaquino," schrie er dem Posadero zu, während er sein vom rasenden Laufe zitterndes Pferd anhielt, "o, welches Unglück, welches Unglück für uns alle!"

    Der Posadero, Tejada und Maxtla horchten auf und aus dem Hause traten Frau und Tochter des Wirtes und einer seiner indianischen Diener.

    "Was ist geschehen?"

    "Don Alonzo ist ermordet!"

    "Don Alonzo?!" schrieen alle auf, mit Ausnahme von Maxtla, dessen Augen unter dem schattenden Hute gleich glühenden Kohlen leuchteten.