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    Er hielt sich den Tag über ruhig. Die Insel lag wie tot da. Einige Kähne und ein Floß, die von oben kamen, hielten sich von der gefährlichen Insel in ängstlicher Entfernung. Maxtla harrte geduldig. Einigen Mundvorrat führte er mit, so daß er keinen Mangel litt. So kam die Nacht heran.

    Auch jetzt harrte der Indianer noch stundenlang, denn früh kommt die Nacht in jenen Breiten. Dann aber trat er im Canoa in den Strom. Ein starker Wind kam stromauf, half ihm gegen die Strömung anzukämpfen und übertönte durch sein Rauschen in den Bäumen das leichte Geräusch seines Ruders.

    Er gelangte trotz der Dunkelheit zu den Felsen, war in ihrem Schutze in ruhigem Wasser und erkannte bald, daß hier ein gewundener Gang durch die felsige Einfassung der Insel führte. Er legte das Ruder nieder und stieß sein leichtes Boot an der Felswand, mit den Händen tastend, vorsichtig und geräuschlos weiter.

    Nach einigen Windungen, die er sich genau merkte, trat er in ein ziemlich geräumiges Bassin, in dem schattenhaft erkennbar einige Kähne lagen. Er gewahrte Feuerschein am Ufer, der durch Büsche drang, sah auch die unteren Äste der Bäume erleuchtet und vernahm Stimmen, die schwach zu ihm drangen.

    Er lauschte, ob nicht ein Mensch in den Booten sei, die vor ihm lagen, aber sein Ohr vernahm nichts. Kein Atemzug verriet die Nähe eines Lebenden. Er ruderte vorsichtig mit der Hand und trieb so in dem stillliegenden Wasser das Canoa ans Ufer.

    Langsam kroch er an dessen grasigem, mit Büschen besetztem Rande hinauf und endlich gelang es ihm, einen Blick durch die Zweige zu werfen. Er sah auf einem ebenen, von Strauchwerk befreiten Platze einige niedergebrannte Feuer, an denen noch Leute saßen und rauchten, sah mehrere roh hergestellte Hütten und ein etwas größeres Haus, das aus festerem Material hergerichtet war. Er kroch weiter und gelangte, immer durch Büsche gedeckt, in den Schatten eines höher stehenden Kautschukbaumes. Da sah er - selbst das Herz des eisernen Indianers stand einen Augenblick still bei diesem Anblick - sah er im Scheine eines Feuers an einen Baum gelehnt - Alonzo sitzen.

Maxtla erkannte, daß Alonzo mit einem Lasso an den Baum gebunden war.

Die Freude des Indianers war grenzenlos - der Sohn Don Pedros lebte.

    Er erkannte bald, daß der Weiße mit einem Lasso an den Baum gebunden war.

    Der Jüngling sah zwar bleich, aber trotzig und hochmütig aus.

    Maxtla betrachtete die Umgebung. Es war möglich, ungesehen in seine Nähe zu gelangen. Schon wollte er sich vorsichtig dahin schleichen, als er Stimmen in seiner Nähe vernahm.

    Er beugte sich nieder und verschwand im Grase.

    "Ich verstehe nicht, wie du uns mit einem Gefangenen belästigen kannst, Don Ambrosio," ließ sich gedämpften Tones eine tiefe Stimme vernehmen.

    "Er ist sehr wertvoll, Capitano, und de Valla muß uns seinen Kopf mit fünfzigtausend Pesos abkaufen."

    Es war der Mann, der von dem Alguacil verfolgt, von Tejada zum Morde Alonzos angespornt worden war, der hier sprach. Maxtla erkannte die Stimme, trotzdem er sie nur einmal gehört hatte.

    "Was? Fünfzigtausend Pesos?"

    "Der junge Mensch ist im Augenblicke eine wichtige Person in dieser glorreichen Republik. Ich sende morgen früh sichere Boten ab; sind in zehn Tagen nicht fünfzigtausend Pesos in guten Wertscheinen der Amerikanos in Cabuyaro an sicherer Stelle, kannst du ihn in den Orinoko tauchen, wenn der junge Mann sich dann nicht selbst auslöst."

    "Und unsere Zuflucht verrät."

    "Er weiß nicht, wo er ist, er lag gebunden, den Kopf verdeckt, im Raume, die ganze Reise über. Kommt das Geld, wie ich glaube, und der Gefangene ist für de Valla eine Person von äußerster Wichtigkeit, nun - hungrige Alligatoren hat der Fluß ja genug. Capitano, der Bursche, den das Glück mir in die Hand spielte, ist Gold wert. Der Dummkopf, der mich antrieb, ihn zu beseitigen, es war, wie ich später nach der Beschreibung, die ich von ihm gab, ein gewisser Tejada, ein Gauner, hatte keine Ahnung von der Bedeutung des jungen Menschen, sonst hätte er ihn teuer verkauft." Mit einem heiseren Lachen setzte der Sprecher hinzu: "Ich war klüger, ich habe ihn meinem Versprechen gemäß 'beseitigt' und nun soll er uns Geld einbringen, viel Geld."

    "Nun gut, warten wir es ab. Du weißt, daß ich nicht für Gefangene auf dieser Insel bin."

    "Das ist hier etwas anderes, er ist am Lande gefangen genommen, fern von hier und weiß nicht von wem, noch weiß er, wo er sich befindet."

    Die beiden entfernten sich von dem Baume, den sie wohl aufgesucht hatten, um von den anderen nicht gehört zu werden; der mit der tiefen Stimme war, wie Maxtla bei vorsichtiger Erhebung des Hauptes erkannt hatte, ein Zambo.

    Maxtla überlegte, ob er sofort einen Befreiungsversuch machen oder diesen auf später versparen sollte. Vor allem aber mußte der Gefangene über seine Anwesenheit unterrichtet werden, um Trost zu finden in der Gewißheit, einen Freund in der Nähe zu haben, und einen Befreiungsversuch unterstützen zu können.

    Wie viel Leute hier anwesend waren, vermochte er nicht zu ermitteln, er sah nur wenige - doch in den Hütten mochten noch andere sein. Huatl erblickte er nicht.

    Er kroch langsam, durch Büsche und Farnkraut gedeckt, weiter und gelangte endlich in die Nähe Alonzos, der starr vor sich hin blickte. Nicht nur Buschwerk und Sträucher, auch die Dunkelheit schützten ihn hier.

    Von hier aus hatte Maxtla einen freieren Überblick über den nicht großen freien Raum, der, mäßig durch einige Feuer beleuchtet, von den unter Bäumen stehenden Hütten umgrenzt war.

    An einem der Feuer saßen mehrere Farbige, darunter ein riesenhafter Neger, die eine Rumflasche unter sich kreisen ließen und dieser schon stark zugesprochen haben mußten. Einige saßen oder lagen, stier vor sich hin blickend auf der Erde, die anderen schwatzten und belachten allerlei Dinge. In einer der Hütten, deren Inneres erleuchtet war, schien gespielt zu werden, denn auf das Spiel bezügliche Ausrufe drangen zu des Lauschers Ohr.

    An einem anderen Feuer saßen einige Weiße, Menschen mit wahren Galgengesichtern, tranken und rauchten.

    Von dem durch den Alguacil Verfolgten und dem Zambo gewahrte Maxtla nichts, ebenso vergeblich sah er sich nach Huatl um.

    Wachen waren nirgends ausgestellt, die Leute schienen sich hier in völliger Sicherheit zu fühlen; selbst dem Gefangenen, der freilich mit einem unzerreißbaren Lasso an den Baum, vor dem er saß, gebunden war, schien man keine Aufmerksamkeit zu schenken.

    Da kam Maxtla der Gedanke, sofort einen Befreiungsversuch zu machen, vielleicht fand er ein zweites Mal die Gelegenheit weniger günstig.

    Schon wollte er sich kriechend auf Alonzo zu bewegen, als er Huatl erblickte, der langsam an seinem Versteck vorbeischlenderte.

    Als der Chibcha das Zischen der Felsennatter vernahm, das aus dem Grase zu ihm drang, zuckte er zusammen, und sein dunkles Auge richtete sich auf den Busch, hinter dem Maxtla lag.

    Mit einer ganz natürlichen Bewegung ließ sich Huatl hierauf in dessen Nähe nieder, den Rücken ihm zugekehrt.

    Niemand war in der Nähe und die Gestalt des Indianers nur schattenhaft wahrzunehmen.

    Des Chibcha Augen rollten unruhig suchend hin und her.

    Leise drang es zu seinem Ohr in der Sprache der Chibchas aus dem Hochgebirge.