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    Sennora Mauricio nahm sich der Kleinen an, alle Nachforschungen nach ihrer Abkunft blieben natürlich vergebens. Spät erst und so entstellt gelangte die Nachricht von dem Morde im Tale der drei Quellen hierher, daß damit die Kleine nicht in Verbindung zu bringen war. Malis Mann, der aus den Llanos stammte, starb - das Kind wuchs im Schutze der kinderlosen Sennora als deren Tochter auf - und - "da steht es, das kleine Mädchen aus dem Tale der drei Quellen. Die Narbe, welche die Machete der Aimaràs zurückließ, ist, wie du siehst, noch zu erkennen."

    In der Art und Weise, wie der Indianer sprach, in dem ungewöhnlichen Klange, der seine Worte belebte, lag etwas Feierliches.

    Der Llanero, der Chibchasprache mächtig, war sehr bleich geworden und schaute mit Angst auf Mariquita. Als Maxtla schwieg, herrschte tiefe Stille in der Laube.

    Da aber vermochte Alonzo sich nicht länger zu beherrschen, der Sturm in seinem Herzen durchbrach alle Schranken, warf allen künstlichen Stoizismus über den Haufen: "O - Gott - o Gott, Schwester - o - du bist gerettet worden - o Schwester -" er kniete neben dem Kinde nieder, schloß es in seinen Arm und weinte in einer Erregung, die sein ganzes Wesen erschütterte.

    Ergriffen war Mariquita bei dem Gebaren des fremden, ihr so sympathischen Mannes, und weil sie ihn herzbrechend weinen sah, weinte sie mit.

    Stumm stand die Frau, stumm der Herr des Hauses - der sehr niedergeschlagen aussah.

    Endlich hatte Alonzo die Kraft zu sagen: "Ich bin Alonzo d'Alcantara - bis zu dieser Stunde glaubte ich all die Meinen im Tale der drei Quellen verloren zu haben - nun sendet mir Gott - die jüngste unseres Hauses - dies ist meine Schwester Juana."

    Jetzt erschrak auch die Sennora, deren ganzes Herz an Mariquita hing, und das Kind selbst sah durch seine Tränen fragend bald zu denen, die sie für ihre Eltern hielt, bald zu Alonzo und Mali empor.

    "Kind, Mariquita - Juana - du hörst, was ich sage, - daß mich ein gütiges Geschick zu dir - dem Ebenbild unserer Mutter geführt hat. Willst du gern mein Schwesterchen sein?"

    "Ja, ja, ich habe dich gleich lieb gehabt."

    Und nun gab es ein Fragen und Antworten, Mali mußte ihre Mitteilungen wiederholen, Alonzo sprach von den Seinen und seinem Schicksal, und das tiefbetrübte Llaneropaar mußte erkennen, daß eine höhere Fügung ihren Liebling an das Herz des Bruders geführt hatte.

    "Ihr tragt einen großen Namen, Sennor," sagte der Llanero. "Ich habe von Eures Vaters Schicksal gehört, doch keine Ahnung davon gehabt, daß ich seine Tochter in meinem Hause berge. Gottes Wille geschehe - aber das Glück meines Hauses schwindet mit Maruja dahin."

    Seine Frau weinte, und das Kind schmiegte sich zärtlich an sie.

    "Nein, meine Freunde." sagte Alonzo. "Juana d'Alcantara muß die ihr gebührende Stellung in der Welt an der Seite ihres Bruders einnehmen, aber Ihr sollt sie nicht verlassen, Ihr habt Elternrechte an ihr erworben. Kommt mit an den Ocoa, Ihr sollt Haus und Land dort haben, und wie sich mein Schicksal auch gestalte, Ihr sollt in des Kindes Nähe, das Ihr zu einer schönen Menschenblüte erzogen, bleiben. Willst du mit mir kommen, mit mir, deinem Bruder?"

    "Ja," sagte sie - "aber Mama muß auch mitgehen."

    "Das soll sie, mein Liebling, mein Schwesterchen. O du holdes, rührendes Bild der teuren Mutter, o - o, wie bin ich glücklich, wie bin ich glücklich!"

    Zärtlich drückte er sie an sein Herz.

    "Reite voraus, Maxtla, nach Otoño und erzähle von mir, von ihr - ich komme mit dem Kinde nach."

    Maxtla jagte bald darauf auf einem der Rosse des Llanero nach Cabuyaro, wo sein Pferd stand.

    Nach eingehender Verständigung mit Juanas Pflegeeltern wurde beschlossen, daß die Sennora mit ihr und Alonzo nach Otoño reisen sollte, um das Kind hinzugeleiten und dort Vereinbarungen für die Zukunft zu treffen.

    Am anderen Tage machten sie sich auf den Weg.

    Mariquita küßte und streichelte die braunen Wangen des tiefbewegten Llanero: "Sei nur ruhig, Papa, wenn ich auch eine Sennorita werde, ich habe dich immer lieb - dich und Mama, sei nur ruhig - du sollst bald wieder bei mir sein."

    Huatl folgte als Peon den Reisenden.

    In Cabuyaro fanden sie eine aufgeregte Bevölkerung vor, die durch viele anwesende Landleute aus der Steppe vermehrt war.

    Der Präsident des Landes, Don Manuel Obando, war gestorben, und es waren Wahlausschreiben erlassen worden, die große Junta des Landes zusammenzurufen, um einen Nachfolger für Don Manuel zu ernennen.

    Alonzo traf in der Posada, in der er durch Maxtlas Verwendung Unterkunft fand, viele aufgeregte Landleute. Obgleich er seinen Namen nicht nannte und sich nur mit fast mütterlicher Zärtlichkeit der Schwester widmete, so drangen doch die behandelten Tagesfragen zu seinem Ohr.

    Er hörte de Vallas Namen mit wilden Verwünschungen nennen, erkannte aber daneben auch, daß man selbst hier in der abgelegenen Stadt für seine Wahl als Präsident agitierte. Am meisten aber klang der Name des Generals Mosquera als der eines für den Präsidentenstuhl geeigneten Mannes an sein Ohr, ein Name, den er auch von beiden Sennores Vivanda mit großer Achtung hatte erwähnen hören.

    Doch seine Seele war von dem Glücke, eine Schwester zu besitzen, so voll, daß die politischen Fragen für ihn bedeutungslos waren.

    Am anderen Tage setzten sie die Reise nach Otoño, wo freudig erregte Menschen ihrer harrten, fort.

Zwanzigstes Kapitel.

Vergeltung

    Bogotá konnte die Fremden nicht fassen, die herbeigeeilt waren, um während der Wahl des Staatsoberhauptes anwesend zu sein. Handelte es sich doch um die Zukunft des Vaterlandes.

    Der Präsident hatte das Zeitliche gesegnet, der Vizepräsident lag schwer erkrankt auf seinem Landhause und de Valla hatte seit Wochen alle Macht allein in seinen Händen.

    Die Erschütterung, die die Todesgefahr seines Lieblings und dessen Rettung durch den gefürchteten und gehaßten Sohn Don Pedro d'Alcantaras in ihm hervorgerufen, war gewichen. Die Nachricht von dem Verschwinden Don Alonzos, die ihm gleichbedeutend mit dessen Tode war, hatte ihn nicht nur gleichgültig gegen das Schicksal des Jünglings gelassen, sie war ihm, da die edlere Wallung seines Wesens längst verflogen war, sehr willkommen gewesen - er war eines Feindes ledig und sagte sich beruhigend, daß er das Seine getan habe, um ihn vor dem Verderben zu schützen.

    Doch all dieses verschwand jetzt neben dem verzehrenden Wunsche des Mannes, die höchste Würde des Staates zu erlangen.

    Er hatte die ganze Regierungsmaschinerie in der Hand, und er brauchte sie rücksichtslos, um die Wahlen zur großen Junta zu seinen Gunsten zu beeinflussen.

    Sein Gegenkandidat, der General Mosquera, der ehemalige Gobernador von Santander, würde nur wenige Stimmen auf sich vereinen - wie de Valla mit Zuversicht annahm.

    de Valla hatte den Pöbel der Hafenstädte, die Farbigen, für sich, und alle friedfertigen, ehrenwerten Leute waren eingeschüchtert. Daß die südlichen Gobernios, das heißt die Llaneros, Gegner seiner Wahl sein würden, hatte er vorhergesehen, aber sie mußten in der Minderheit bleiben.

    Zu einer Präsidentenwahl vereinigten sich die Mitglieder des Staatsrates, von denen viele auf Lebenszeit, und einige als besondere Auszeichnung sogar erblich ernannt wurden, und die Junta des Staatsrates glaubte de Valla durchaus sicher zu sein, da er ihn größtenteils aus seinen Kreaturen zusammengesetzt hatte.