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„Ich habe schon immer gesagt, daß Urfin einen ungewöhnlich klugen Kopf hat", rief der Herrscher der Smaragdenstadt. „Nur hatte er ihn früher zu bösen Taten genutzt. Das hat sich jetzt geändert. Seht, was für ein fabelhaftes Ding er sich ausgedacht hat! Schon allein dadurch hat er all das Böse, das er uns angetan hat, wieder gutgemacht, schon ganz zu schweigen von dem großen Dienst, den er uns erwies, als er das Angebot Arachnas ausschlug. Stellt euch vor, was geschehen konnte, wenn dieser mutige und einfallsreiche Mann in den Dienst der Hexe getreten wäre. Sie hätten unermeßliches Leid über uns bringen können. Denn Urfin ist nicht so einer wie der stumpfsinnige und feige Ruf Bilan!"

Noch am selben Tag wurden alle Zimmer des Palastes nach dem Verfahren Urfin Juices vom Nebel gesäubert, und das Verfahren wurde öffentlich bekanntgegeben. Von Zeit zu Zeit sickerte allerdings noch Nebel durch unsichtbare Ritzen in die Zimmer, und deshalb wurden im Kampf dagegen vor allem Rafalooblätter verwendet, die jetzt alle Einwohner der Smaragdenstadt und ihrer Umgebung am Gesicht trugen. Der Scheuch erließ, trotz aller Einsprüche Faramants, eine Verfügung, die es den Bürgern erlaubte, die grünen Brillen abzunehmen. Die Einwohner der Stadt waren davon begeistert, denn jetzt konnten sie fünfzig Schritt im Umkreis sehen, und schon das empfanden sie als große Erleichterung. Nur der Hüter des Tores behielt die Brille auf, und wenn er durch die Straßen ging, rempelte er, wegen der schlechten Sicht, auf Schritt und Tritt jemanden an. Obwohl der Tag für ihn finstere Nacht war, wollte der starrsinnige Faramant den Befehl Goodwins nicht übertreten. In den Wäldern und auf den Feldern des Smaragdenlandes wurden Hunderte Tierarztstellen eröffnet. In den Sprechstunden bildeten sich vor ihnen lange Schlangen aus Hasen, Pumas, Wölfen, Füchsen, Bären und Eichhörnchen... Aus den Scharen der Vögel drang jetzt kein munteres Gezwitscher und kein Gesang mehr. Krähen, Nachtigallen, Schwalben, Dohlen und Rotkelche standen, die Schnäbel zu Boden gesenkt, mißmutig da und warteten, eingelassen zu werden. In den Schlangen herrschte Frieden zwischen allen Tierarten. Wenn irgendein Räuber ein schwächeres Tier kränkte, erhielt er von den Umstehenden einen gehörigen Denkzettel, und auf seine Stirn wurde mit unabwaschbarer Farbe ein Mal gezeichnet, mit dem er sich an keiner Arztstelle zeigen dürfte. Aus Furcht vor dieser Strafe wurden selbst die wildesten Räuber zahm wie die Lämmer. Es wurde aufgepaßt, daß niemand die Ordnung verletze. Wenn ein zerzauster Spatz oder ein listiger Fuchs sich vordrängte, wurde der Frechling unbarmherzig aus der Reihe gestoßen. Tiere mit grünen Filtern vor den Nasenlöchern lagen oder standen abseits und warteten, daß der Klebstoff austrockne. Der Lohn für ihre Geduld war eine schnelle Besserung ihres Gesundheitszustandes.

EIN NEUES UNGLÜCK

Von seinem zweiten Besuch in der Smaragdenstadt zurückgekehrt, berichtete Ruf Bilan der Hexe folgendes:

„Die Völker des Zauberlandes weigern sich ka-re-go-tisch, Eure Macht anzuerkennen, Herrin!"

„Ka-re-... ka-te-ri... Was bedeutet denn das?"

„Ich weiß es nicht, Herrin! Der Weise Scheuch liebt solche langen Wörter. Wahrscheinlich bedeutet es: Auf keinen Fall." „So hättest du es auch sagen sollen. Zu meiner Zeit pflegte man solche wunderlichen Wörter nicht zu gebrauchen."

Mittlerweile hatten die allgegenwärtigen Zwerge herausgefunden, welches Mittel die Menschen jetzt zur Bekämpfung des Gelben Nebels anwandten. Sie erstatteten darüber der Hexe Bericht und zeigten ihr sogar Rafalooblätter, die sie mitgebracht hatten. (Die Zwerge hatten sie selbst benutzt, als sie in die Zone der vergifteten Luft eingedrungen waren.) „Rafalooblätter... Hm!..." brummte die Hexe. Sie dachte lange nach und fuhr fort: „Und wenn ich euch befehle, alle Blätter von den Rafaloobäumen zu pflücken? Dann werden die Menschlein keinen Ersatz finden für die verbrauchten Blätter, nicht wahr?"

„Wie stellt Ihr Euch das vor, gnädige Herrin?!" fragte Kastaglio. „Das ist doch nicht möglich. Im Zauberland wachsen Tausende Rafaloobäume, und sie tragen Millionen Blätter. Wie sollen wir das schaffen?" „Schade, schade... Aber das macht nichts, der Gelbe Nebel wird ihnen noch zeigen, was er kann!"

Und wirklich, er zeigte es. Kurze Zeit nachdem die Menschen den Husten etwas eingedämmt hatten, stellte sich heraus, daß der Gelbe Nebel auch die Augen angriff. Sie entzündeten sich so, daß die Menschen am Morgen die Lider nicht öffnen konnten und sie mit Wasser waschen mußten. Schon früher hatten sie wegen des Nebels schlecht gesehen, jetzt aber war ihr Blickfeld noch kleiner geworden. Zwanzig Schritt vor den Augen verschwamm alles in undurchdringlichem Nebel, und das wirkte schrecklich. Der Scheuch wandte sich an die Doktoren Boril und Robil um Hilfe. Die beiden hatten die Smaragdenstadt nicht verlassen und setzten ihre Forschungen fort.

„Wir haben ein Mittel gegen Augenentzündung", sagte Boril. „Wir geben den Patienten Augentropfen... Aber...", fuhr der rundliche Doktor mit erhobenem Zeigefinger fort. „...sie helfen nur dann, wenn die Ursache der Krankheit beseitigt ist. Wie sollen die Tropfen aber heilen, wenn der giftige Nebel ständig die Augen ätzt?"

Robil fiel ihm ins Wort: „Brillen!" sagte er bedächtig. „Man muß Brillen tragen, die eng anliegen. Dann werden die Nebelteilchen die Hornhaut nicht erreichen, und die Augentropfen werden heilend wirken." Der heißblütige Boril umarmte stürmisch seinen Kollegen. „Ein Genie!" rief er aus. „Ein Genie, wie es kein zweites auf der Welt gibt! Was du vorschlägst, ist leicht auszuführen: In unserer Stadt lagern mehrere tausend Brillen, die wir vor vier Jahren zu tragen aufhörten, weil sie uns nicht mehr nutzten."

„Das sind aber doch dunkle Brillen", wandte der Scheuch ein. „Sie werden die Augen schützen, aber die Menschen werden nichts sehen." „Eine Kleinigkeit!" sagte Robil. „Sie sind aus Glas gemacht und mit dunkler Farbe überzogen, die wir leicht abwaschen können." Ohne ein Wort zu sagen, nahm der Scheuch weitere zwei Orden aus dem Spind und heftete sie an die Brust der Doktoren. Eine Stunde später rannten alle hölzernen Boten, die in der Stadt aufzutreiben waren, mit Ranzen und Körben dorthin, wo die Siedlung der Erzgräber lag. Ihr Brigadier hatte den Schlüssel von dem Magazin bekommen, in dem die Brillen aufbewahrt wurden. Man hatte ihnen eingeschärft, sie mit größter Sorgfalt einzupacken. Auch wurde beschlossen, die grünen Brillen Faramants zu verwenden, der darüber außerordentlich stolz war. „Ich hab es doch gesagt! Ich hab es schon immer gesagt!" wiederholte er einmal über das andere. „Oh, wie weise war doch der große Goodwin! Er hat alles vorausgesehen, sogar den Gelben Nebel!" Damit die grünen Brillen verwendet werden konnten, mußten sie mit Ledereinlagen versehen werden. Zu dieser Arbeit wurden alle Schuster der Stadt herangezogen. Herolde verkündeten auf den Plätzen und in den Straßen den Erlaß des Herrschers:

„Der Gelbe Nebel hat eine gefährliche e-pi-de-mi-sche Krankheit

hervorgerufen, die Augenentzündung heißt. Zu pro-phy-lak-tischen

Zwecken („Was ist das nur?" fragten sich die Bürger verdutzt) wird den

Einwohnern der Stadt und ihrer Umgebung die Weisung erteilt:

§1. Wer Brillen mit Ledereinlagen besitzt, soll sie ständig tragen.

§2. Zu Hause soll ein jeder eine Augenbinde aus Leinen oder Gaze anlegen,