Das Gewirr der Stimmen, das Kreischen der Flaschenzüge und das Klopfen der Hämmer vermischte sich in der nebligen Luft zu einem ohrenbetäubenden Gedröhn, und die gewaltige Figur TilliWillis nahm immer mehr menschliche Formen an. Schließlich kam der feierliche Augenblick, da alle mechanischen Arbeiten beendet, Federn, Instrumente und sonstiges Gerät eingebaut waren und der Riese fest auf seinen gewaltigen Beinen stand. Beim Abschmieren seiner Federn und Gelenke war ein großes Faß Öl verbraucht worden. Jetzt kam die Reihe der Anstreicher. Die Bemalung des Kopfes wurde den besten Meistern übertragen. Das waren wahrhaftige Künstler, die die Züge des Gottes von den Kuru-Kussu-Inseln genau nachbildeten. Wer das grimmige Gesicht Tilli-Willis, seine bösen funkelnden schrägen Augen und das schauderhafte Grinsen seines Mundes mit den riesigen Hauern sah, mußte vor Schreck erbeben. Rumpf, Arme und Beine waren so bemalt, daß man einen gepanzerten mittelalterlichen Ritter vor sich zu haben glaubte. Zur Vervollständigung der Ähnlichkeit waren nur noch Schild, Schwert und Lanze notwendig. Das riesige Schwert lag bereits da, es war so schwer, daß vierzig Mann es kaum von der Stelle bewegen konnten, und der eiserne Schild hätte Hunderten Menschen Schutz gegen Regen bieten können. Zu einem Ritter gehört natürlich auch eine Lanze, doch die Lanzen der Ritter pflegten Knappen zu tragen, und deshalb mußte man in diesem Fall von einer Lanze absehen. Wo hätte man auch für einen solchen Riesen einen Lanzenträger nehmen sollen?
Die Schöpfer Tilli-Willis waren mit ihrem Werk zufrieden. „Tja", sagte Charlie Black, „wenn Arachna unser Kindchen sieht, werden ihr die Knie schlottern." „Ich werde das Kindchen lehren", sagte Lestar, „den Feind zu jagen, wie der Wolf den Hasen." Das „Kindchen" Tilli-Willi war nicht stumm, denn in seine Kehle hatte man eine Sirene eingebaut, deren Tonleiter von der tiefsten bis zur höchsten Heulstufe reichte. Als man sie zum erstenmal ausprobierte, brach in der Stadt ein schrecklicher Tumult aus. Das durchdringende Geheul trieb die Menschen aus den Häusern, die meinten, der Weltuntergang sei da, und die mit angstverzerrten Gesichtern durch die Straßen rannten, wobei sie sich wegen des Gelben Nebels ständig stießen. Es mußten Herolde zur Beruhigung des Volkes ausgeschickt werden. Charlie Black rieb sich vor Vergnügen die Hände, paffte und schwor bei den Stürmen aller Breiten, daß der automatische Riese seine Aufgabe glänzend erfüllen werde. Es war Zeit, die Kampfhandlungen gegen die Hexe aufzunehmen. Ein paar Tage bevor der Riese fertig war, hatten die Holzköpfe Ellis Wohnwagen auf den Schultern hergebracht. Er wurde auf die bereitstehenden Radpaare gesetzt, Tür und Fenster wurden abgedichtet, die
Einrichtung erneuert, kurz, es fehlte nichts mehr, um ihn auf die Reise zu schicken. Da die kleinen Pferde des Zauberlandes einen so schweren Wagen nicht ziehen konnten, beschloß der Stab des Scheuchs, Holzköpfe einzuspannen. Diesen fiel auch die Aufgabe zu, den automatischen Riesen aufzuziehen. Die Federn, die Arme, Beine und Hals des Giganten bewegten, waren so stark, daß man sie nur mit der Kraft von Holzköpfen aufziehen konnte. Also bestiegen mehrere hölzerne Männer Leitern, die an den Rumpf Tilli-Willis lehnten, steckten die Aufziehschlüssel in die entsprechenden Löcher und drehten die Schlüssel, bis die Federn vor Spannung zu knarren und zu dröhnen begannen. Als das Aufziehen beendet war, konnte man sicher sein, daß es für mehrere Stunden ununterbrochener Arbeit reichen würde. Zum obersten Leiter der in den Kampf ziehenden Holzköpfe wurde der ehemalige General Lan Pirot ernannt, der sich als ein ausgezeichneter Verwalter erweisen sollte.
Die Besatzung der fahrbaren Festung bestand aus dem Scheuch, dem Eisernen Holzfäller, Din Gior, Faramant, Doktor Boril, KaggiKarr und den Gästen von jenseits der Berge: Charlie Black, Ann, Tim und Arto. Der Löwe mit seinem massiven Rumpf fand keinen Platz im Wagen und blieb verdrossen in der Smaragdenstadt zurück. Zur Mannschaft gehörte auch Lestar, nur mußte er im Bauch von Tilli-Willi sitzen. Zur Geländebeobachtung waren im Bauch und im Rücken des Ritters mehrere Bullaugen eingelassen, durch die Lestar alles sehen konnte, was vor und hinter dem Riesen geschah. Die gewaltigen Augen im Kopf Tilli-Willis, die in ihren Höhlen rollten, sollten dem Feind Furcht einflößen. Das zumindest war die Absicht der Schöpfer Tilli-Willis gewesen, doch in Wirklichkeit kam es anders, wovon werter die Rede sein soll. Nun war alles für die lange und gefährliche Reise bereit. Säcke und Körbe mit Proviant und Fäßchen mit Trinkwasser standen unter den Bänken, die vergiftete Luft war nach dem Verfahren Urfin Juices gereinigt worden, was unbedingt geschehen mußte, denn im engen Wagen hätte niemand mehrere Tage ohne Unterbrechung mit Rafalooblättern vor Mund und Nase atmen können. Die giftigen Tropfen des Gelben Nebels konnten durch die gut abgedichteten Wände, Boden und Dach der fahrbaren Festung nicht eindringen. Zur Lüftung hatte Lestar in die Wände mehrere Löcher gebohrt, die durch zuverlässige Filter aus Rafalooblättern geschützt waren. Damit man sich im Wagen gut fühlte, sollten die Insassen so selten wie nur möglich aussteigen und immer darauf bedacht sein, die Tür hinter sich schnell zuzuschlagen.
Lestar, der es sich in der Kabine des automatischen Giganten bequem gemacht hatte, drückte auf den Hauptganghebel, worauf es im Leib Tilli-Willis zu knarren und zu knirschen begann, dann knackten die Federn und der Riese setzte sich in Bewegung. Aber da geschah auch schon ein Wunder. Beim ersten Schritt wurde Tilli-Willi lebendig! Zur Erklärung sei gesagt, daß eine Begebenheit dieser Art in den Staaten Kansas, Ohio oder Connecticut als Wunder gelten würde, nicht aber im Zauberland, wo solche Dinge alle Tage vorkamen. Dort lebten und bewegten sich, fühlten und gebärdeten sich wie Menschen ein Strohmann, der Scheuch hieß, und ein Mann aus Eisen, den man den Eisernen Holzfäller nannte. Dort waren zwei mechanische Maultiere, Cäsar und Hannibal, als sie die Grenze zum Zauberland überschritten hatten, lebendig geworden und hatten wie Menschen zu sprechen begonnen. Deshalb waren die Teilnehmer des Feldzugs auch nicht verwundert, als in Tilli-Willi plötzlich Leben kam. Sie freuten sich darüber, faßten es jedoch nicht als ein Wunder auf. Tilli-Willi drehte den Kopf neugierig nach allen Seiten, denn seine gewaltigen Augen, die nur zur Abschreckung von Feinden dienen sollten, hatten zu sehen begonnen. Der Riese sagte mit dröhnendem Baß: „Bringt einen Spiegel, ich möchte wissen, wie ich von der Seite aussehe." In wenigen Minuten brachte man den größten Spiegel, den man im Palast hatte auftreiben können, putzte ihn sorgfältig und hängte ihn an die Stange, unter der Tilli-Willi zusammengebaut worden war. Der Riese suchte lange einen geeigneten Platz, betrachtete dann aufmerksam sein Gesicht im Spiegel und brach dann in schallendes Gelächter aus. „Oh, was bin ich doch für ein Prachtkerl! Keiner von euch Menschen hat solche ausdrucksvollen Augen, das schwöre ich bei allen Gewittern!" rief Tilli-Willi entzückt. Die Zuhörer mußten laut lachen. Wie sich herausstellte, hatte der eiserne Riese schon bei seiner Geburt die Seemannsausdrücke von Kapitän Black aufgeschnappt. Wie viele Wunder gab es doch in diesem ungewöhnlichen Lande!... Tilli-Willi fuhr fort: