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»... kommen wir hinaus?« fragte Kai. »... müssen durch die Luftschleuse.«

»... werden die Slepper ein wenig betäuben«, schlug Ben vor. »... werde dem Schleusenraum den Sauerstoff entziehen.« Er betätigte einen Hebel. Die Slepper, die inzwischen wieder lebendig geworden waren, begannen nach Luft zu schnappen. Ben ließ die Pumpe so lange laufen, bis alle das Bewußtsein verloren hatten. Dann öffnete er beide Schleusentüren. Geruch von Heu und Gras drang herein.

»Glückliche Heimreise«, sprach Kai ins Mikrophon des Übersetzungsautomaten. Ben stellte zum letztenmal einige Hebel um. Dann sprangen beide auf den lockeren Wiesenboden – den fruchtbaren Boden der Erde. Sie traten zurück und warteten... Dann schloß sich die äußere Schleusentür, der Flugkörper hob sich erst langsam, dann immer schneller.

Bald war das Schiff im Blau des Himmels verschwunden.

14

Präparat 261

Die Operationstechnik entwickelt sich stetig weiter. An Stelle des Skalpells treten Elektroden, Vibratoren, Ultraschallköpfe. Die Mikrochirurgie blüht auf – kleinste, nur unter dem Mikroskop sichtbare Gefäße, Adern, Nerven werden zerteilt, abgebunden, neu vernäht. Der Arzt tritt an die heikelste Aufgabe, die seiner harrt: die Gehirnmikrochirurgie.

Es war, als ob ein Instrument aufklänge. Eine gewaltige Symphonie ertönte. Ein Brausen, Klingen, Hämmern und Zischen, ein Dröhnen und Läuten, Rasseln und Pfeifen schwoll zu schmerzender Lautstärke an. Und dann verschwanden die Zirp- und Zischlaute, die Akkorde der mittleren Tonlagen fielen weg, es blieben nur dumpfe Schläge, ein Gebrumm und Geröchel, das leiser und leiser wurde und erlosch.

Nun ergoß sich eine Fülle von Licht über ihn. Gelbe Sonnen tanzten, ein Reigen blauer Sterne drehte sich, farbige Tinten flossen von allen Seiten aufeinander zu, mischten sich, verschmolzen, breiteten sich in neuer Farbenpracht aus. Als hätte jemand einen Lichtschalter umgedreht, versank plötzlich ein Teil der Buntheit, das Rot verschwand, Violett wurde zu Blau, Orange zu Gelb, Braun wechselte zu Grün. Mit einem zweiten Schlag erloschen die gelben Töne. Die Welt war blau, von einem einzigen, unvorstellbar reinen ätherischen Blau, einem Blau, das von strahlender Helle über veilchenfarbene Schattierungen bis in tintiges Schwarz reichte.

Dann wurde es Nacht, und das Fühlen endete und das Denken erlosch...

Als er wieder erwachte, versuchte er die Augen zu öffnen, aber es gelang ihm nicht. Er versuchte um sich zu tasten, aber er spürte keine Gliedmaßen. Er sah nichts, hörte nichts, er empfand, roch und schmeckte nichts. Nur sein Denken sagte ihm, daß er existierte. Einzelne Erinnerungen glommen auf. Er bemühte sich, die vergangenen Ereignisse ins Gedächtnis zurückzurufen, und es glückte ihm. Ein Sturzbach von Gedanken überfiel ihn, Situationen wurden plastisch, als ob er sie noch einmal erlebte, und manchmal verschwamm der Unterschied zwischen Illusion und Wirklichkeit. Dann wieder riß die Regelung seines Verstandes die Führung an sich, und er fragte sich verwundert und nicht ohne leise Angst, was für ein Zustand ihn wohl beherrschte. Sein Denken war in diesen Momenten so klar, daß er den Verdacht verwarf, ein Traum könnte ihn narren. Er deklinierte lateinische Verben, ohne zu stocken. Er stellte sich selbst mathematische Probleme, und es gelang ihm, sie zu lösen.

Der Professor kam zum Schluß seiner Ausführungen.

»... wissen, meine Damen und Herren«, dozierte er, »... man Herzen von Kaninchen und die Haut von Menschen in Nährlösungen jahrelang am Leben erhalten hat. In unserem Institut sind wir nun einen gehörigen Schritt weitergekommen. Das Präparat, das ich Ihnen jetzt zeigen kann, ist ein menschliches Gehirn. Bitte, Präparat zweihunderteinundsechzig«, wandte er sich an seinen Assistenten. Der schob auf einem fahrbaren Tischchen ein Glasgefäß in der Größe eines Aquariums in den Saal. Es war mit einer opalisierenden Flüssigkeit gefüllt, durch feine Poren traten Glasbläschen vom Boden empor. In der Mitte schaukelte der pilzartige Körper eines Gehirns, infolge der Fahrbewegung zitterte es leicht, und es schien, als ob es davonschwimmen wollte. An einigen Stellen ragten Drähte in die graue Masse hinein.

»... haben die Operation vor sieben Stunden vorgenommen«, sprach der Gelehrte. »... Drahtsonden dienen zum Messen der Gehirnströme. Achten Sie bitte auf die Zeigerausschläge der Kontrollinstrumente. Sie erkennen daran, daß das Organ noch lebt und arbeitet. Es wird für uns sehr aufschlußreich sein, wie lange wir es am Leben halten können. Und nun danke ich für Ihre Aufmerksamkeit.«

Beifall klang auf. Die Zuhörer erhoben sich von den Plätzen. Nach wenigen Minuten war der Saal still und menschenleer. Noch immer stiegen Bläschen im Gefäß auf. Aber es wurden merklich weniger.

In das unbeschwerte, freie Denken hinein drang etwas Unangenehmes – ein dumpfer Schmerz legte sich wie ein Reifen um ihn.

Sein Wunsch, das Problem seiner Situation zu lösen, wurde dringender. Sein Wille bäumte sich auf.

Es waren nur Fragen, keine Antworten: Wo bin ich? Was ist mit mir geschehen? Warum empfinde ich nichts von der Außenwelt?

Ganz plötzlich breitete sich ein Gedanke aus – die Ahnung von etwas Ungewöhnlichem, Schauerlichem, Exorbitantem...

Etwas ging mit ihm vor, das er sich nicht erklären konnte. Irgend etwas schwand, verflüchtigte sich, entströmte. Er begriff es nicht, aber die Tatsache allein war für ihn ein Schock. Ein Vibrieren wollte in ihm aufkeimen, aber es ging ohne Bewegung vor sich, es erstickte am Fehlen jegliches Greifbaren...

Leere griff nach ihm.

Noch lebte das einsame Bewußtsein, aber was es empfand, war nur noch Angst. Angst, namenlose, unendliche, schreckliche Angst.

15

Glühende Schlangen

In der ungewöhnlichen Situation eiskalt denken zu können, das ist oft der letzte und einzige Ausweg. Oft ist es auch der einfachste, besonders wenn man die Waffen der Gegner gegeneinander richtet.

Kai setzte den Diamantbohrer an. Die Vibration pflanzte sich durch den Schutzanzug fort und drang als leises Knirschen an sein Ohr.

»Wieviel Zeit wirst du brauchen?« fragte Ben.

»... Wand besteht aus Iridium«, antwortete Kai. »... ist nicht besonders hart. Ich schätze zehn Minuten.«

Ben blickte unruhig umher. Sie befanden sich auf dem der Zwillingssonne abgewandten Teil der Raumstation, doch vom Planeten her kam mildes Licht und erhellte die glatte, leicht gewölbte Oberfläche des diskusähnlichen Körpers. Er bewegte sich so schnell, daß Ben deutlich die scheinbare Bewegung der Sterne beobachten konnte. Bevor sie hinter der Planetenkugel verschwanden, begannen sie zu flimmern und zerliefen schließlich zu Reflexstreifen – ein Effekt der dichten Wasserstoffatmosphäre.

Das Aggregat arbeitete ruhig und gleichmäßig. Die Diamantspitze des Bohrers fraß sich in das Metall, einen Kranz von Spänen um sich verbreitend.

»Hoffentlich hören sie uns nicht«, befürchtete Kai. »In wenigen Minuten bin ich durch. In diesem Augenblick wird der Wasserstoff entweichen, und unsere lieben Freunde werden betäubt. Es dürfte ihnen —«

In diesem Moment schrie Ben auf. Kai sah sich um und erkannte die Gefahr. Über das Metall liefen zwei etwa drei Meter lange, weißglühende Streifen und näherten sich rasch. Die beiden Freunde wichen zurück, doch die Bänder folgten ihnen. Es waren keine Körper, die sich über die Oberfläche bewegten, sondern die metallene Wand begann selbst zu glühen, und diese Glut folgte ihnen. Wie Schlangen wand sie sich den Flüchtenden nach.

Zuerst war es leicht, den Glutstreifen zu entgehen. Ihre Geschwindigkeit war nicht groß. Aber die Bewegung im Schutzanzug war beschwerlich und die Elektretsohlen hafteten fest am Boden. Ben gab ein Zeichen von Schwäche – er ließ das Meßaggregat fallen. Zwei Sekunden später hatte es der weißstrahlende Streifen erreicht. Es glühte kurz auf, einen Augenblick lang schien es durchsichtig zu sein, dann sank es zu einer verquollenen Masse zusammen.