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»Damit hat sie uns angeblinkt. Keine schlechte Idee für so ein junges Wesen!« sagte Kai.

»Jung braucht sie nicht zu sein«, antwortete Ben. »Du weißt, daß die Menschen vom dritten Planeten der Jota nicht altern.«

»... außergewöhnlich hübsch ist sie auch«, konstatierte Kai.

»Nicht außergewöhnlich!« wehrte Ben ab. »Alle Menschen von Jota drei sind schön. Das ist das Ergebnis einer Rückzüchtung aus ausgesuchten Genen.« Sie trugen die junge Frau in den Schlafraum und betteten sie bequem. Während Kai in die Kanzel zurückging, holte Ben die Ozogenanlage und richtete den belebenden Gasstrom auf das kindlich zarte Gesicht. Dann setzte er sich an die Bettkante und wartete.

Als Kai nach einiger Zeit wiederkam, saß er noch immer in Gedanken versunken da. Erst nach mehreren Sekunden schreckte er auf und ging fast verlegen hinaus. Er wartete, daß der Freund ihm nachkäme, aber der kam nicht. Ben strich sinnlos durch die Räume und versuchte, an ihrer beider Plätze zu denken – doch vergeblich. Schließlich kehrte er in die Schlafkabine zurück. Kai lehnte am Wandschrank und sah das Mädchen unentwegt an. Als Ben eintrat, sah er auf und lächelte traurig.

»... haben eine Aufgabe«, sagte er.

»... sie beginnt erst«, setzte Ben fort. Er zögerte einen Moment. Dann holte er eine Spritze und eine Phiole aus dem Labor. Er brach den Kopf des Glasröhrchens ab, zog die gelbe Flüssigkeit auf und injizierte in die Vene der Armbeuge. Sie hoben das Mädchen auf eine Tragbahre und setzten sie im Kühlraum ab. Kai stellte die Temperatur auf minus 40 Grad.

»So ist es für uns alle am besten«, sagte er.

Ben nickte. Noch einmal sah er auf das schlafende Mädchen. Dann zog er die Tür leise hinter sich zu.

12

Gedankenkontrolle

Ein Gedankenduell zwischen Mensch und Maschine. Die Maschine ist präzise, unfehlbar, unerbittlich. Der Mensch dagegen nur vage in seiner Denkweise – aber gerade das kann seine Stärke sein.

Der Automat bewachte ihn. Die beiden Greifzangen ragten in seinen Glaskäfig. Sonst war der Raum leer.

Ben überlegte, wie er hier wieder herauskäme. Nur was er am Körper trug, hatten sie ihm gelassen. Alles andere lag draußen in der großen Halle. Auch die fliegende Plattform, mit der er hergekommen war. Die wenigen Meter bis zu ihr mußten doch zu überwinden sein!

Ben dachte an die Handgranate in seiner Hosentasche. Wenn er sie in die gegenüberliegende Ecke würfe...

In dem Moment schnellten die Greifer vor und entrissen ihm die Granate, die er schon in der Hand hatte. Eine Schiebetür in der Wand vor ihm öffnete sich, ein dritter Greifer langte von außen hinein und legte den Explosivkörper zum Haufen seiner anderen Requisiten. Ben erschrak. Sie überwachten seine Gedanken!

Er bemühte sich, nichts Wesentliches zu denken. Er konzentrierte sich auf Zahlen: 5 687 mal 11 ist 62 557,  5 687 mal 12 ist 68 244, 5 687 mal 13...

Immer wieder schossen andere Gedanken durch sein Hirn: Wann würde Kai nach ihm zu suchen beginnen? 5 687 mal 13 ist 73 931. Nur nichts anderes denken! 5 687 mal 14... Wenn er ihn nur rufen könnte! 5 687 mal 14 ist 79 618, 5 687... Der Sender fiel ihm ein. Das Kästchen trug er noch um den Leib geschnallt. Vielleicht reichte die Energie...

Kaltes Metall berührte ihn. Gefühllose Finger nestelten am Traggurt. Er wehrte sich verzweifelt. Er stemmte sich gegen die Greifarme, rüttelte an den Kugelgelenken, klammerte sich an seinen Sendeapparat. Der Erfolg war gleich Null. Unbeirrt, schnell und geschickt bewegten sich die stumpfen, biegsamen Fingerpaare – das Kästchen verschwand durch die Schleuse nach außen.

Ben hörte mit seinem Zahlenspiel auf. Es war sinnlos. Aber wie kam er hier heraus, wenn jeder seiner Gedanken registriert wurde? Er nahm Gegenstand um Gegenstand vor, der ihm noch verblieben war, aber nichts Geeignetes war dabei. Ihm fiel auf, daß sie offenbar nicht wußten, was zu seinem Organismus gehörte und was nicht – und er kam auf eine fast belustigende Idee. Mit allen geistigen Kräften konzentrierte er sich auf eine Überlegung.

Das, was in mir handelt, ist meine Seele. Mein Wille, die Fähigkeiten meines Denkens, mein Ich selbst – das alles ist nichts Körperliches, es ist meine Seele. Das Werkzeug meiner Befreiung wird mein Körper sein, die Kräfte meiner Muskeln, das Wissen meines Gehirns...

Schon wieder bewegte sich der Greifer. Die beiden Arme umklammerten Ben, die Schleuse öffnete sich, der dritte, äußere Arm nahm ihn in Empfang und schob ihn zu seinem Eigentum. Ben ergriff die Geländerstange der fliegenden Plattform und lief, diese hinter sich herziehend, aus dem Bereich der Greiferarme. Er bestieg den Flugkörper, ein Hebeldruck – und schon zog er in elegantem Bogen zum Eingang der Halle.

Sekunden später schwebte er hoch über den Gebäuden, die kleiner und kleiner wurden und bald im Dunst verschwanden.

13

Unterschätzt

Die Weltraumfahrt verheißt uns die Begegnung mit den Lebewesen fremder Welten. Die Auseinandersetzungen mit ihnen werden nicht immer friedlicher Natur sein. Neben den technischen Mitteln werden es vor allem die Waffen des Geistes sein, die dabei eine Rolle spielen: Auffassungsgabe, Mut, Intelligenz, jeder Kontakt mit unbekannten Intelligenzen stellt das Bestehen der Menschheit in Frage. Wird sie sich auf die Dauer als überlegen erweisen?

Das hohe Steppengras behinderte die Sicht. Ben hielt sich genau nach dem Kompaß und überließ es Kai, auf die Umgebung zu achten. Sie erreichten eine erhöhte Stelle, von der sie ein wenig Überblick hatten. Weit und breit wogendes Gras. Gelegentlich tauchten daraus die geschmeidigen Körper von Antilopen hervor und verschwanden wieder.

»... einem Raumschiff ist nichts zu sehen«, konstatierte Kai. Ben wollte antworten, da fiel ein Schatten über sie. Lautlos schwebte ein großer dunkler Körper hernieder, und, bevor sie sich niederwerfen konnten, zappelten sie in einem Netz. Es schloß sich um ihre Beine und hob sie empor. Ben sah gerade noch, wie sich eine vibrierende Metallfeder über Kai senkte und dieser zusammensackte, als er selbst von einem Schlag getroffen wurde, der ihn lähmte und ihm das Bewußtsein raubte.

Als er erwachte, fühlte er sich seltsam leicht. Jemand rüttelte an seinem Arm – Kai, der vor ihm wieder zu sich gekommen war.

Sie befanden sich in einem Raum mit metallenen Wänden. Am Boden lagen einige Bastmatten, in einer Ecke standen mehrere tönerne Krüge und Schüsseln. Kai fand Wasser in einem der Gefäße und trank hastig. Ben untersuchte die Tür, an der er keine Vorrichtungen zum Öffnen bemerkte. Neben ihr war eine Tafel mit mehreren Drucktasten in die Wand eingelassen.

»Geht es dir gut?« erkundigte sich Kai.

»... fehlt nichts«, antwortete Ben. »Aber ich ärgere mich. Sie haben uns übertölpelt wie kleine Kinder!«

»Wieviel Zeit mag vergangen sein?« fragte Kai.

»Meine Uhr wurde mir abgenommen«, stellte Ben fest. »... glaube, daß wir längst irgendwo im Weltraum sind.«

Er ging zum Schalterkästchen und drückte wahllos einige Tasten... Nach einer Weile glitt die Schiebetür zur Seite. In ihr stand ein Wesen – ein schlanker Leib saß auf vier behuften, dünnen Beinen, darüber, über einem sehr beweglichen Hals, ein großer Kopf mit zwei Augen, einem hervorstehenden Mund, aber ohne Nase. An ihrer Stelle lag eine siebartige Öffnung. Die beiden oberen Extremitäten liefen in stumpfe Enden mit gestielten Saugnäpfen aus. Zum erstenmal sahen sie einen Slepper. Er setzte einen Topf mit dampfendem Inhalt auf den Boden ab und zog sich wieder zurück.

Kai untersuchte das Gefäß, von dem ein widerlicher Geruch ausging.

»Eine Mahlzeit für uns«, meinte Ben.

»... halten uns für Wilde«, beschwerte sich Kai. »... soll ich diesen Brei ohne Löffel in den Mund bekommen?«