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Eduard, rief Herr von Villefort mit so hartem Ausdruck, daß das Kind auf denBoden sprang, verstehst du mich? Vorwärts!

An eine solcheBehandlung nicht gewöhnt, richtete sich das Kind auf, erbleichte und entfernte sich.

Herr von Villefort folgte ihmbis zur Tür und schloß diese, als Eduard hinausgegangen war, mit dem Riegel.

Oh! mein Gott! rief die junge Frau, indem sie ihrem Gattenbis in die Tiefe der Seele schauen wollte und zu lächeln versuchte, was wollen Sie denn?

Wo verwahren Sie das Gift, dessen Sie sich gewöhnlichbedienen? sprach scharf und ohne Einleitung der Staatsanwalt.

Frau von Villefort empfand, was die Lerche empfinden muß, wenn sie den Hühnergeier seine mörderischen Kreise über ihrem Kopfe immer enger ziehen sieht.

Ein heiserer, gebrochener Ton, der weder ein Schrei, noch ein Seufzer war, kam aus derBrust der Frau von Villefort, und leichenblaß erwiderte sie: Mein Herr… ich verstehe Sie nicht.

Dann erhobsie sich in einem Anfall des Schreckens… doch in einem zweiten Anfall, der offenbar noch heftiger als der erste war, fiel sie wieder auf die Kissen ihrer Ottomane zurück.

Ich fragte sie, fuhr Herr von Villefort mit vollkommen ruhigem Tone fort, wo Sie das Gift verbergen, mit dessen Hilfe Sie meinen Schwiegervater, Herrn von Saint‑Meran, meine Schwiegermutter, Barrois und meine Tochter Valentine umgebracht haben.

Oh! mein Herr, rief Frau von Villefort, die Hände faltend, was sagen Sie da?

Sie haben mich nicht zu fragen, sondern nur zu antworten.

Habe ich dem Richter oder dem Gatten zu antworten? stammelte Frau von Villefort.

Dem Richter.

Es war ein furchtbares Schauspieclass="underline" dieBlässe dieser Frau, die Angst in ihrenBlicken, das Zittern ihres ganzen Körpers. Ah! mein Herr! murmelte sie, ah! mein Herr!

Sie antworten nicht! rief der furchtbare Frager. Dann fügte er mit einem Lächeln hinzu, das noch schrecklicher war, als sein Zorn: Sie leugnen also nicht!

Frau von Villefort machte ein: Bewegung.

Und Sie könnten auch nicht leugnen, fuhr Herr von Villefort fort, indem er die Hand ausstreckte, als wollte er sie im Namen der Gerechtigkeit festnehmen. Sie haben diese verschiedenen Verbrechen mit einer unverschämten Geschicklichkeit verübt, die jedoch nur Leute täuschen konnte, die aus Liebe geneigt waren, Ihnen gegenüberblind zu sein. Seit dem Tode der Frau von Saint‑Meran wußte ich, daß ein Giftmischer in meinem Hause war, Herr d'Avrigny hatte mich davon in Kenntnis gesetzt; nach dem TodeBarrois' fiel mein Verdacht, Gott verzeihe es mir! auf jemand, auf einen Engel. Doch nach Valentines Tode gabes keinen Zweifel mehr für mich, und nicht allein für mich, sondern auch für andere. So wird Ihr Verbrechen, nunmehr zwei Personenbekannt, öffentlich werden; und es ist, wie ich Ihnen soeben sagte, nicht mehr der Gatte, der zu Ihnen spricht, sondern ein Richter.

Ihr Gesicht in ihren Händen verbergend, stammelte die junge Frau: Oh! Herr, ich flehe Sie an, glauben Sie nicht dem Scheine!

Sollten Sie feig sein? rief Villefort mit verächtlichem Tone. In der Tat, ich habe stets wahrgenommen, daß die Giftmischer feig sind. Sollten Sie feig sein, Sie, die Sie den gräßlichen Mut gehabt haben, zwei Greise und ein junges Mädchen, von Ihnen ermordet, vor Ihren Augen verscheiden zu sehen?

Herr! Herr!

Sollten Sie feig sein, fuhr Villefort mit wachsender Heftigkeit fort, Sie, die Sie die Minuten von vier Todeskämpfen eine um die andere gezählt? Sie, die Sie mit einer so wunderbaren Geschicklichkeit und Sorgfalt Ihre höllischen Pläne entworfen und Ihre schändlichen Getränke eingerührt haben? Sie, die Sie alles so gutberechnet, sollten eins nichtberechnet haben, nämlich, wohin Sie die Enthüllung Ihrer Verbrechen führen konnte, führen mußte? Oh! das ist unmöglich, und Sie haben ein Gift, süßer, feiner, tödlicher als die anderen, aufbewahrt, um der Ihnen gebührendenBestrafung zu entgehen… Sie haben dies getan, wenigstens hoffe ich es.

Frau von Villefort rang ihre Hände und fiel auf die Knie.

Ich weiß es wohl… ich weiß es wohl, sagte Herr von Villefort, Sie gestehen; doch ein Geständnis, den Richtern abgelegt, ein Geständnis im letzten Augenblick, ein Geständnis, wenn man nicht mehr leugnen kann, ein solches Geständnis mildert in keinerBeziehung die Strafe, die über den Schuldigen verhängt werden muß.

Die Strafe! rief Frau von Villefort, Strafe! Es ist schon das zweite Mal, daß Sie dieses Wort aussprechen!

Allerdings. Glaubten Sie zu entkommen, weil Sie viermal schuldig waren? Glaubten Sie, weil Sie die Frau dessen sind, der die Strafe fordert, würde diese Strafe ausbleiben? Nein, nein! Die Giftmischerin, wer sie auch sein mag, erwartet das Schafott, besonders Sie, wie ich Ihnen soeben sagte, die nicht dafürbesorgt gewesen ist, einige Tropfen von ihrem sichersten Gifte aufzubewahren!

Frau von Villefort stieß einen wilden Schrei aus, und der häßliche, unbezähmbare Schreckenbemächtigte sich ihrer verstörten Gesichtszüge.

Oh! fürchten Sie das Schafott nicht, sagte der Staatsanwalt, ich will Sie nicht entehren, denn das hieße mich selbst entehren; nein, im Gegenteil, wenn Sie mich recht gehört haben, müssen Siebegreifen, daß Sie nicht auf dem Schafott sterben können.

Nein, ich habe nichtbegriffen; was wollen Sie sagen? stammelte völlig niedergeschmettert die unglückliche Frau.

Ich will sagen, daß die Frau des ersten richterlichenBeamten der Hauptstadt einen fleckenlos gebliebenen Namen nicht mit ihrer Schandebelasten und nicht mit demselben Schlage ihren Gatten und ihr Kind entehren wird.

Nein! oh, nein!

Wohl, das wird eine gute Handlung von Ihnen sein, und für diese gute Handlung danke ich Ihnen.

Sie danken mir und wofür?

Für das, was Sie gesagt haben.

Was habe ich gesagt? Mein Kopf ist verwirrt; mein Gott! Mein Gott! Ichbegreife nichts mehr.

Und sie erhobsich mit aufgelösten Haaren und schäumenden Lippen.

Siebeantworteten die Frage noch nicht, die ichbei meinem Eintritt machte: Wo ist das Gift, dessen Sie sich gewöhnlichbedienen?

Frau von Villefort streckte die Arme zum Himmel empor und schlug krampfhaft die Hände aneinander.

Nein, nein, schrie sie, Sie wollen das nicht!

Ich will nicht, daß Sie auf dem Schafott sterben, hören Sie? antwortete Villefort.

Oh! Gnade, Herr!

Es ist mein Wille, daß Gerechtigkeit geschehe. Ichbin auf der Erde, um zu strafen, fügte er mit einem flammendenBlickebei; jeder andern Frau, und wäre es eine Königin, würde ich den Henker schicken, gegen Sie werde ichbarmherzig sein. Ihnen sage ich: Nicht wahr, gnädige Frau, Sie haben einige Tropfen von Ihrem süßesten, schnellsten und sichersten Gift aufbewahrt?

Oh! Verzeihen Sie mir, lassen Sie mich leben!

Sie ist feig, sagte Villefort.

Bedenken Sie, daß ich Ihre Fraubin!

Sie sind eine Giftmischerin.

Im Namen des Himmels!

Nein.

Im Namen der Liebe, die Sie für mich gehabt haben!

Nein! nein!

Im Namen unseres Kindes! Oh! Unserem Kinde zuliebe lassen Sie mich leben.

Nein! nein! sage ich Ihnen; ließe ich Sie leben, so würden Sie eines Tages das Kind so gut töten, wie die andern.

Ich! mein Kind töten! rief in höchster Leidenschaft diese Mutter, auf Villefort zustürzend; ich meinen Eduard töten? Und ein gräßliches Gelächter, das Lachen einer Wahnsinnigen, vollendete den Satz und verlor sich in einemblutigen Geröchel.

Frau von Villefort stürzte zu den Füßen ihres Gatten nieder.

Villefort näherte sich ihr und sagte: Bedenken Sie wohl! Istbei meiner Rückkehr nicht Gerechtigkeit geschehen, so zeige ich Sie mit meinem eigenen Munde an, verhafte ich Sie mit meinen eigenen Händen.

Sie hörte keuchend, vernichtet; nur ihr Auge lebte in ihr undbrannte in einem düsteren, furchtbaren Feuer.

Sie verstehen mich, sagte Villefort, ich gehe, um die Todesstrafe gegen einen Mörder zu fordern. Finde ich Sie noch lebend, so ist heute nacht der Kerker Ihre Wohnung.