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Fernand wichbleich undbebend zurück, wie ein Reisender in den Tropen, der sich plötzlich einer giftigen Schlange mit gähnendem Rachen gegenüber sieht, stieß an seinen Stuhl und sank zitternd darauf nieder.

Edmond und Mercedes lagen einander in den Armen. Die glühende Sonne von Marseille drang durch die Öffnung der Tür herein und übergoß sie mit einer Woge von Licht. Anfangs sahen sie nichts von dem, was sie umgab. Ein unermeßliches Glück erhobsie über die Welt, und sie sprachen nur in abgebrochenen Worten, wie sie sowohl der lebhaftesten Freude wie nicht minder dem quälenden Schmerze zum Ausdruck dienen können.

Plötzlich erblickte Edmond Fernands düsteres Antlitz, dasbleich und drohend aus dem Schatten hervortrat. Durch eineBewegung, von der er sich vielleicht selbst nicht Rechenschaft gab, fuhr der junge Katalonier mit der Hand an das Messer, das in seinem Gürtel stak.

Ah! um Vergebung, sagte Dantes, ebenfalls die Stirn faltend, ich hatte nichtbemerkt, daß wir zu dritt sind! Sich sodann an Mercedes wendend, fragte er: Wer ist dieser Herr?

Dieser Herr wird deinbester Freund sein, Dantes, denn es ist auch mein Freund; es ist mein Vetter, es ist meinBruder, es ist Fernand, der Mann, den ich nach dir, Edmond, am meisten in der Welt liebe. Erkennst du Fernand nicht wieder?

Ah, gewiß! sagte Edmond, und ohne Mercedes zu verlassen, deren Hand er in der seinigen hielt, reichte er mit einer herzlichenBewegung seine andere Hand dem Katalonier.

Aber Fernand, weit entfernt, diese freundschaftliche Gebärde zu erwidern, bliebstumm und unbeweglich wie eine Statue. Da ließ Edmond seinen forschendenBlick über diebewegte, zitternde Mercedes und dann über den düsteren, drohenden Fernand gleiten, und dieser eineBlick sagte ihm alles. — Der Zorn stieg ihm zu Kopfe.

Als ich mit so großer Eile zu Euch lief, Mercedes, wußte ich nicht, daß ich einen Feind hier finden würde, sagte er.

Einen Feind! rief Mercedes, mit einem zornigenBlicke auf ihren Vetter; einen Feindbei mir, sagst du, Edmond? Wenn ich das glaubte, so nähme ich dichbeim Arme, ginge nach Marseille und würde dieses Haus verlassen, um nie mehr dahin zurückzukehren.

Fernands Auge schleuderte einenBlitz.

Und wenn dir ein Unglück widerführe, Edmond, fügte sie mit eisiger Stimme hinzu, die Fernandbewies, daß sie in der Tiefe seiner finsteren Gedanken gelesen hatte, wenn dir ein Unglück widerführe, so stiege ich auf das Kap Morgion und stürzte mich über die Felsen hinab.

Fernand wurde furchtbarbleich.

Aber du hast dich getäuscht, Edmond, fuhr sie fort, du hast keinen Feind hier, denn hier sehe ich nur Fernand, meinenBruder, der dir die Hand wie ein ergebener Freund drücken wird.

Undbei diesen Worten heftete Mercedes ihren gebieterischenBlick auf den Katalonier, der, von diesemBlicke wiebezaubert, sich langsam Edmond näherte und ihm die Hand reichte. Aber kaum hatte er die Handberührt, als er fühlte, daß er etwas getan, das über seine Kräfte ging, und aus dem Hause stürzte.

Oh! rief er, wie ein Wahnsinniger fortrennend und mit den Händen in seinen Haaren wühlend, wer wird mich von diesem Menschenbefreien! Wehe mir! wehe mir!

He, Katalonier! he, Fernand! wohin läufst du? rief eine Stimme.

Der junge Mannbliebstehen, schaute umher und sah Caderousse, der mit Danglars unter einer Laube an einem Tische saß.

He! sagte Caderousse, warum kommst du nicht zu uns? Hast du so große Eile, daß du nicht einmal deinen Freunden einen guten Morgen wünschen kannst?

Fernand schaute die Männer mit einfältiger Miene an und antwortete nicht.

Er scheint ganz verblüfft, sagte Danglars leise und stieß dabei Caderousse mit dem Knie. Sollten wir uns getäuscht haben und keinenBundesgenossen in ihm finden?

Verdammt! Wollen doch sehen! erwiderte Caderousse und fügte, zu dem jungen Mann gewendet, hinzu: Nun, Katalonier, willst du nicht kommen?

Fernand trocknete den Schweiß von seiner Stirn und trat langsam unter die schattige Laube, deren Frische seinem erhitzten Körper wohlzutun schien.

Guten Morgen, sagte er, Ihr habt mich gerufen, nicht wahr? Und dabei ließ er sich erschöpft auf einen Stuhl fallen.

Ich rief dich, weil du wie ein Narr liefst, und weil ichbefürchtete, du könntest dich ins Meer stürzen, erwiderte lachend Caderousse. Was zum Teufel, wenn man Freunde hat, so muß man ihnen nicht nur ein Glas Wein anbieten, sondern sie auch verhindern, drei oder vier Pinten Wasser zu schlucken.

Fernand stieß einen Seufzer aus, der einem Schluchzen ähnlich klang, und ließ seinen Kopf auf seine Fäuste sinken, die er kreuzweise auf den Tisch gelegt hatte.

Wie geht's, Fernand? Soll ich dir was sagen, versetzte Caderousse mit plumper Offenheit, du siehst aus wie ein aus dem Felde geschlagener Liebhaber.

Und erbegleitete diesen Spaß mit schwerfälligem Lachen.

Bah! sagte Danglars, ein junger Mann von diesem Schnitte kann unmöglich in der Liebe unglücklich sein. Du scherzest, Caderousse.

Oh nein, erwiderte dieser, höre nur, wie er seufzt. Ruhig, Fernand, fügte Caderousse hinzu, die Nase hochgehalten und geantwortet! Es ist nicht liebenswürdig. Freunden nicht zu antworten, die sich nach unsrer Gesundheit erkundigen.

Meine Gesundheit ist gut, antwortete Fernand, seine Fäuste krampfhaft zusammenziehend, aber ohne den Kopf zu heben.

Oh, siehst du, Danglars, sagte Caderousse und machte dabei seinem Freunde aus einem Augenwinkel ein Zeichen, das ist die Sache: Fernand, den du hier siehst, ein guter, braver Katalonier, einer derbesten Fischer von Marseille, ist in ein schönes Mädchen, namens Mercedes, verliebt. Doch leider scheint das junge Mädchen seinerseits in den Sekond des Pharao verliebt zu sein. Und da der Pharao heute in den Hafen eingelaufen ist, so verstehst du…

Nein, ich verstehe nicht, erwiderte Danglars.

Der arme Fernand wird seinen Abschiedbekommen haben, fuhr Caderousse fort.

Wohl und was ist dabei? sagte Fernand, das Haupt erhebend, und schaute Caderousse wie ein Mensch an, der einen sucht, auf den er seinen Zorn fallen lassen kann. Mercedes hängt von niemand ab, nicht wahr? Es steht ihr frei, zu lieben, wen sie will!

Ah! wenn du es so nimmst, entgegnete Caderousse, so ist es etwas anderes. Ich hielt dich für einen Katalonier, und man hat mir gesagt, die Katalonier wären nicht die Männer, die sich von andern ausstechen lassen; man sagte mir weiter, Fernand seibesonders furchtbar in seiner Rache.

Fernand lächelte mitleidig und erwiderte: Ein Verliebter ist nie furchtbar.

Armer Junge! versetzte Danglars, der sich den Anschein gab, alsbeklagte er den jungen Mann aus der Tiefe seines Herzens. Was willst du? Er war nicht darauf gefaßt, Dantes so plötzlich zurückkommen zu sehen. Er hielt ihn vielleicht für tot, für ungetreu, wer weiß? Man ist in solchen Fällen um so empfindlicher, je unerwarteter sie eintreten.

In jedem Fall, sagte Caderousse, auf den der Wein seine Wirkung auszuüben anfing, ist Fernand nicht der einzige, den Dantes' glückliche Ankunft ärgert! Nicht wahr, Danglars?

Du sprichst die Wahrheit, und ich glaube fast, behaupten zu können, daß ihm dies Unglückbringen wird.

Doch gleichviel, versetzte Caderousse, goß Fernand ein Glas Wein ein und füllte zum zehntenmale sein eigenes Glas, während Danglars nur an dem seinigen genippt hatte, gleichviel, inzwischen heiratet er Mercedes, die schöne Mercedes; er kommt wenigstens deshalbzurück.

Während dieser Wortebetrachtete Danglars mit durchdringendemBlick den jungen Mann, auf dessen Herz Caderousses Worte wie geschmolzenesBlei fielen.

Und wann soll die Hochzeit sein? fragte er.

Oh! so weit ist's noch nicht, murmelte Fernand.

Nein, aber es wirdbald so weit sein, entgegnete Caderousse; so gewiß, als Dantes Kapitän sein wird, nicht wahr, Danglars?

Danglarsbebtebei diesem unerwarteten Streiche und wandte sich zu Caderousse, um auf dessen Gesicht zu lesen, obihm der Stich mit Vorbedacht versetzt worden sei. Aber er sah nichts, als den Neid aus dem infolge der Trunkenheitbereits albern aussehenden Gesichte.