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Nun gut, sagte er, die Gläser wieder füllend, trinken wir also auf die Gesundheit des Kapitäns Edmond Dantes, des Gatten der schönen Katalonierin!

Caderousse setzte mit einer schweren Hand sein Glas an den Mund und leerte es auf einen Zug. Fernand nahm das seinige und schleuderte es auf die Erde.

He, he, he! rief Caderousse, was erblicke ich da oben auf dem Hügel in der Richtung der Katalonier! Sieh doch, Fernand, du hast einbesseres Gesicht, als ich. Ich glaube, ich fange an, doppelt zu sehen, und du weißt, der Wein ist ein Verräter. Man sollte glauben, es seien zwei Liebende, die Hand in Hand nebeneinander gehen. Gott vergebe mir! Sie vermuten nicht, daß wir sie sehen, und umarmen sich sogar.

Danglars folgte lauernd allen schmerzlichenBewegungen in Fernands sich sichtlich entstellendem Gesichte.

Oho, Dantes! oho, schönes Mädchen! rief jetzt Caderousse, kommt doch mal her und sagt uns, wann die Hochzeit sein wird.

Willst du wohl schweigen, sagte Danglars, der sich den Anschein gab, als wollte er Caderousse zurückhalten, der sich mit der Halsstarrigkeit eines Trunkenen aus der Laube hervorneigte. Mach, daß du nicht von derBank fällst, und laß die Verliebten sich ruhig lieben! Sieh Herrn Fernand an, und nimm dir einBeispiel an ihm! Er ist vernünftig.

Vielleicht wäre Fernand, außer sich und von Danglars ausgestachelt wie der Stier durch dieBandilleros, hinausgestürzt, denn er hatte sichbereits erhoben und schien sich auf seinen Nebenbuhler stürzen zu wollen; aber lachend und mutig erhobMercedes ihr schönes Haupt und ließ ihren klarenBlick strahlen. Da erinnerte sich Fernand ihrer Drohung, sich den Tod zu geben, wenn Edmond umkäme, und er fiel völlig entmutigt auf seinen Stuhl zurück.

Danglars schaute achselzuckend diebeiden andern an und murmelte: Was soll man mit solchen Einfaltspinseln machen? Was nützt mir derblöde Neid, der sich im Weine statt in Galleberauscht, und die kindische Verliebtheit, die sich, statt zu handeln, in Klagen und Winseln verzehrt? — Der Anmaßende wird triumphieren, wenn ich nicht die Karten mische, fügte er mit düsterm Lächeln hinzu.

Holla, schrie Cadcrousse, sich halbaufrichtend und mit den Fäusten auf den Tisch stützend, holla, Edmond! Siehst du die Freunde nicht, oderbist dubereits zu stolz, um mit ihnen zu sprechen?

Nein, mein lieber Caderousse, antwortete Dantes, ichbin nicht zu stolz, ichbin glücklich, und das Glückblendet, glaube ich, noch mehr als der Stolz.

Das lasse ich mir gefallen; das ist eine Erklärung, sagte Caderousse. Ei, guten Morgen, Frau Dantes.

Mercedes grüßte ernst und erwiderte: Das ist noch nicht mein Name, und in meinem Lande sagt man, esbringe Unglück, wenn man ein Mädchen mit dem Namen ihresBräutigams anredet, ehe dieser ihr Gatte geworden ist; ichbitte Sie also, nennen Sie mich Mercedes.

Die Hochzeit soll also ungesäumt stattfinden, Herr Dantes? fragte Danglars undbegrüßte das junge Paar.

Sobald als möglich, Herr Danglars. Heute die Verträgebei meinem Vater, und spätestens übermorgen das Hochzeitsmahl hier in der Reserve. Die Freunde werden sich hoffentlich einfinden; das heißt, Sie sind eingeladen, Herr Danglars, und du ebenfalls, Caderousse.

Und Fernand? versetzte Caderousse mit einem ekelhaften Gelächter; Fernand auch?

DerBruder meiner Frau ist meinBruder, und wir könnten es nur mit tiefemBedauern sehen, Mercedes und ich, wenn er sich in einem solchen Augenblicke von uns fernhielte.

Fernand öffnete den Mund, um zu antworten; aber seine Stimme versagte, und er vermochte nicht ein Wort hervorzubringen.

Heute Vertrag, übermorgen Hochzeit! Teufel, Sie sind sehr eilig, Kapitän! Was! wir haben Zeit; der Pharao geht nicht vor drei Monaten in See.

Man soll das Glück nie versäumen, Herr Danglars, und wenn man lange gelitten hat, scheut man sich, an das Glück zu glauben. Es ist jedoch diesmal nicht die Selbstsucht, die mich treibt; ich muß nach Paris reisen.

Ah, wirklich, nach Paris, und Sie kommen zum erstenmal dahin, Dantes? — Ja.

Sie haben Geschäfte dort?

Nicht für meine Rechnung; es ist ein letzter Auftrag von unserm armen Kapitän Leclère, den ich zu erfüllen habe. Seien Sie übrigens unbesorgt, ich werde mir nur so viel Zeit nehmen, als ich zur Hin- und Herreisebrauche.

Ja, ja, ich verstehe, sagte Danglars laut; dann fügte er leise hinzu: Nach Paris, ohne Zweifel, um denBrief, den ihm der Großmarschall gegeben hat, an seine Adresse abzuliefern. Bei Gott, dieserBriefbringt mich auf einen vortrefflichen Gedanken. Ha, Dantes, mein Freund! Du stehst in der Liste des Pharao noch nicht unter Nr. 1.

Dann rief er dem sichbereits entfernenden Edmond zu: Glückliche Reise!

Ich danke, antwortete Edmond, drehte den Kopf um undbegleitete dieseBewegung mit einer freundschaftlichen Gebärde. Hieraus setzten die Liebenden ihren Weg fort, ruhig und freudig, wie zwei über die Maßen Glückliche.

Das Komplott

Danglars folgte Edmond und Mercedes mit den Augen, bis sie an einer Ecke des Forts Saint‑Nicolas verschwanden. Dannbemerkte er, daß Fernandbleich und zitternd auf seinen Stuhl gesunken war, während Caderousse die Worte eines Trinkliedes stammelte.

Ah! mein lieber Herr, sagte Danglars zu Fernand, das ist eine Heirat, die mir nicht alle Leute glücklich zu machen scheint.

Siebringt mich in Verzweiflung, erwiderte Fernand.

Sie liebten also Mercedes?

Solange wir uns kennen, habe ich sie stets geliebt.

Und Sie reißen sich die Haare aus, statt etwas dagegen zu unternehmen? Zum Teufel, ich glaubte nicht, daß die Leute Ihrer Nation so handelten!

Was soll ich tun? fragte Fernand.

Was weiß ich! Geht es mich an? Ichbin nicht in Fräulein Mercedes verliebt, denk' ich, sondern Sie. Suchet, so werdet ihr finden, sagt das Evangelium.

Ich wollte den Menschen erdolchen; aber sie sagte mir, wenn ihremBräutigam ein Unglück widerführe, so würde sie sich töten.

Dummkopf! murmelte Danglars, sie mag sich umbringen oder nicht, wenn nur Dantes nicht Kapitän wird.

Und ehe Mercedes stirbt, versetzte Fernand mit dem Tone unerschütterlicher Entschlossenheit, würde ich mir selbst den Tod geben.

Das nenne ich Liebe, sagte Caderousse mit einer immer mehr weinschweren Zunge, oder ich verstehe mich nicht darauf.

Sie scheinen mir einbraverBursche zu sein, sagte Danglars, und der Teufel soll mich holen, ich wüßte etwas, Ihre Pein zu enden, denn…

Was meinen Sie? sagte Fernand, begierig, weiteres zu hören.

Was sagte ich? Ich weiß es nicht mehr! Durch diesen Trunkenbold von Caderousse habe ich den Faden meiner Gedanken verloren. Caderousse hatte den letzten Vers eines damals sehrbeliebten Liedes zu singen angefangen:

Alle Sünder trinken Wasser, Wie die Sündflut unsbeweist…

Sie sagten, mein Herr, versetzte Fernand, Sie wüßten etwas, meine Pein zu enden; dann fügten Sie hinzu…

Ja, denn es genügt dazu, scheint mir, daß Dantes nicht die heiratet, die Sie lieben, und die Heirat kann, denke ich, wohl unterbleiben, ohne daß Dantes stirbt.

Der Tod allein wird sie trennen, erwiderte Fernand.

Sie urteilen wie eine Schnecke, mein Freund, sagte Caderousse, und Danglars hier, der ein feinerBursche, ein Schlaukopf, ein wahrer Grieche ist, wird Ihnenbeweisen, daß Sie unrecht haben. Beweise es ihm, Danglars, ich habe mich für dich verbürgt. Sage ihm, es sei nicht nötig, daß Dantes sterbe, Überdies wär' es schade, wenn Dantes stürbe, er ist ein guter Kerl… ich liebe ihn… auf Dantes' Gesundheit!

Fernand erhobsich ungeduldig.

Lassen Sie ihn schwatzen, versetzte Danglars, den jungen Mann zurückhaltend. Übrigens, sobetrunken er auch ist, so redet er doch die Wahrheit. Die Abwesenheit trennt ebensogut, wie der Tod. Denken Sie sich, es wären zwischen Edmond und Mercedes die Mauern eines Gefängnisses, so würden sie fürs erste nicht minder getrennt sein, als wenn ein Grabstein zwischen ihnen läge.