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Ei, auch einBräutigam kann nicht immer heiter sein, erwiderte Caderousse.

Es ist wahr, sagte Dantes, ichbin zu glücklich in diesem Augenblick, um heiter zu sein. Die Freudebringt zuweilen eine seltsame Wirkung hervor, sie drängt, wie der Schmerz, die laute Äußerung zurück. Es scheint mir, der Mensch ist nicht geschaffen, so leicht glücklich zu werden. Man muß kämpfen, um das Glück zu erobern, und ich weiß gar nicht, wodurch ich das Glück, Mercedes' Gatte zu sein, verdient habe.

Der Gatte, der Gatte, rief Caderousse lachend, noch nicht, mein Kapitän! Versuche es einmal, den Gatten zu spielen, und du wirst sehen, wie man dich aufnimmt!

Mercedes errötete.

Fernand quälte sich auf seinem Stuhle, bebtebei dem geringsten Geräusche und wischte sich jeden Augenblick große Schweißtropfen ab. Von Zeit zu Zeit schaute er nach Marseille zu, als ober auf irgend etwasBesonderes wartete.

Bei Gott, manbraucht mich nicht Lügen zu strafen; Mercedes ist allerdings noch nicht meine Frau, sagte Dantes und zog seine Uhr. Aber in anderthalbStunden wird sie es sein.

Alle ließen Ausrufe des Erstaunens hören, nur Dantes Vater nicht, der durch einbreites Lachen seine noch schönen Zähne zeigte. Mercedes lächelte und errötete nicht mehr. Fernand faßte krampfhaft nach dem Hefte seines Messers.

Ja, meine Freunde, fuhr Dantes fort, dank dem Eintreten des Herrn Morel, des Mannes, dem ich nach meinem Vater am meisten auf dieser Welt zu verdanken habe, sind alle Schwierigkeitenbeseitigt. Alle Förmlichkeiten sind erfüllt, und um halbdrei Uhr erwartet uns der Maire von Marseille auf dem Rathause.

Fernand schloß die Augen; eine feurige Wolkebrannte auf seinen Augenlidern; er stützte sich auf den Tisch und konnte sich eines dumpfen Seufzers nicht erwehren, der sich in dem Geräusche des Gelächters und der Glückwünsche der Versammlung verlor.

Das lass' ich mir gefallen, sagte der alte Dantes. Gestern morgen hier angekommen, heute um drei Uhr geheiratet! Die Seeleute segeln rasch in den Hafen.

Aber die sonstigen Förmlichkeiten? wandte Danglars ein, der Vertrag, die schriftlichen Erklärungen?

Der Vertrag? entgegnete Dantes lachend, der Vertrag ist fertig. Mercedes hat nichts, ich habe auch nichts. Dabedurfte es keines langen Schreibens und kostet auch nicht so viel… Dieser Scherz veranlaßte einen Ausbruch der Freude und desBeifalls.

Was wir für ein Verlobungsmahl hielten, ist also ein Hochzeitsmahl, sagte Danglars.

Nein, erwiderte Dantes, seid unbesorgt! Ihr sollt nichts dabei verlieren. Morgen früh reise ich nach Paris. Vier Tage hin, vier Tage her und einen Tag, um gewissenhaft meinen Auftrag zu vollziehen. Am ersten Märzbin ich dann zurück, und am zweiten findet das wahre Hochzeitsmahl statt.

Die Aussicht auf einen neuen Schmaus verdoppelte die Heiterkeit dergestalt, daß der Greis, der sich anfangs über die Stillebeklagt hatte, mitten unter dem allgemeinen Gespräche vergebliche Versuche machte, seinen Glückwunsch für das zukünftige Ehepaar anzubringen. Es herrschte um die Tafel die geräuschvolle, ungebundene Heiterkeit, diebei Leuten aus dem Arbeiterstande das Ende des Mahles zubezeichnen pflegt. Alle sprachen zu gleicher Zeit, und niemand antwortete auf das, was man ihm sagte, sondern jederbeschäftigte sich nur mit seinen eigenen Gedanken.

FernandsBlässe schien auf Danglars' Wangen übergegangen und Fernand selbst wie ein Verdammter im Fegefeuer zu sein. Er stand zuerst auf, ging im Saal umher undbemühte sich, sein Ohr von dem Klang der Lieder und des Zusammenstoßens der Gläser abzuwenden. Caderousse näherte sich ihm in dem Augenblicke, wo Danglars ihn in einer Ecke des Saales aufsuchte.

In der Tat, sagte Caderousse, dem Dantes' freundliches Wesen undbesonders der gute Wein des Vaters Pamphile den ganzen Rest des Hasses und Neides gegen den jungen Seemann fortgeschwemmt hatten, in der Tat, Dantes ist ein vortrefflicherBursche, und wenn ich ihn neben seinerBraut sitzen sehe, sage ich mir, es wäre schade gewesen, wenn man ihm den schlechten Streich gespielt hätte, den ihr gestern miteinander verabredet habt.

Du hast auch gesehen, erwiderte Danglars, daß ich die Sache vereitelt habe. Fernand war anfangs so verzweifelt, daß er mirbange machte; aber von dem Augenblicke an, wo er sich dazu entschloß, als ersterBrautführerbei der Hochzeit seines Nebenbuhlers aufzutreten, war nichts mehr zu sagen.

Caderousse schaute Fernand an, der leichenblaß war.

Gehen wir, sagte jetzt Mercedes mit sanfter Stimme, es ist zwei Uhr, und man erwartet uns um halbdrei.

Laßt uns gehen! riefen alle Gäste im Chor. In demselben Augenblick sah Danglars, wie Fernand, der auf dem Fenstersimse saß, plötzlich seine verstörten Augen weit aufriß, mit einer krampfhaftenBewegung sich erhobund dann wieder auf den Sims zurückfiel. Fast gleichzeitig vernahm man ein dumpfes Geräusch auf der Treppe. Dieses Geräusch schwerer Tritte und der verworrene Lärm von Stimmen, vermischt mit dem Klirren von Waffen, übertönten das Gespräch der Gäste und erregten die allgemeine Aufmerksamkeit, die sich durch ein auffälliges Stillschweigen kundgab. Der Lärm näherte sich, drei Schläge ertönten an der Tür, jeder schaute seinen Nachbar mit erstaunter Miene an.

Im Namen des Gesetzes! rief eine scharfe Stimme, der niemand antwortete. Sogleich öffnete sich die Tür, und ein Kommissar mit seiner Schärpe, dem vierbewaffnete Soldaten unter Anführung eines Korporals folgten, trat in den Saal. — Die Unruhe machte dem Schrecken Platz.

Was gibt es? sagte der Reeder, dem Kommissar, den er kannte, entgegengehend. Es findet hier sicherlich ein Irrtum statt.

Wenn ein Irrtum stattfindet, Herr Morel, antwortete der Kommissar, so glauben Sie mir, er wird schleunigst wieder gut gemacht werden. Im Augenblickbin ich der Träger eines Verhaftbefehles und muß meinen Austrag, wenn auch mitBedauern, vollziehen. Wer von Ihnen, meine Herren, ist Edmond Dantes?

AlleBlicke wandten sich dem jungen Manne zu, der erregt, aber voll Würde einen Schritt vorwärts machte und erwiderte: Ichbin es, was wollen Sie von mir?

Edmond Dantes, sagte der Kommissar, ich verhafte Sie im Namen des Gesetzes.

Sie verhaften mich? sagte Edmond mit leichterBlässe. Warum verhaften Sie mich?

Ich weiß es nicht, mein Herr; aber Ihr erstes Verhör wird Sie darüberbelehren.

Herr Morelbegriff, daß sich nichts gegen die unbeugsame Gewalt der Verhältnisse tun ließ. Ein Kommissar in amtlicher Eigenschaft ist kein Mensch mehr; er ist die starre Hand des kalten, tauben Gesetzes. Der Greis aber stürzte demBeamten entgegen; es gibt Dinge, die das Herz eines Vaters oder einer Mutter niebegreifen wird. Erbat, er flehte; Bitten und Tränen vermochten nichts; aber seine Verzweiflung war so groß, daß der Kommissar dadurch gerührt wurde.

Mein Herr, sagte er, beruhigen Sie sich, Ihr Sohn hat vielleicht irgend eine Zoll- oder Sanitätsvorschrift übersehen, und wenn man die gewünschte Auskunft von ihm erhalten hat, wird man ihn aller Wahrscheinlichkeit nach in Freiheit setzen.

Was soll denn dasbedeuten? sagte Caderousse zu Danglars, der den Erstaunten spielte.

Weiß ich es? entgegnete Danglars. Mir geht's wie dir; ich sehe, was vorgeht, begreife nichts davon undbleibe ganz verwirrt.

Caderousse suchte mit seinen Augen Fernand; er war verschwunden, und nun trat ihm die ganze Szene vom vorhergehenden Tage mit furchtbarer Klarheit vor die Seele.

Oh, oh! sagte er mit dumpfer Stimme, ist das die Folge des Scherzes, von dem du gestern sprachst, Danglars? In diesem Falle wehe dem, der ihn gemacht hat, denn er ist sehr schlecht!

Keineswegs, rief Danglars, du weißt, daß ich das Papier zerrissen habe.

Du hast es nicht zerrissen, du warfst es in die Ecke.

Schweig, du hast nichts gesehen, du warstbetrunken.

Wo ist Fernand? sagte Caderousse.

Weiß ich es? antwortete Danglars. Ohne Zweifel geht er seinen Geschäften nach.