Roland salutierte.
»Hier mein Vorschlag«, sagte Cadoudal. »General Harty sitzt wie ich zu Pferd; er soll sich mit mir auf dem freien Feld zwischen unseren Truppen treffen, mit Säbel und Pistolen bewaffnet, genau wie ich. Und dann werden wir die Sache unter uns austragen... Wenn ich ihn töte, werden seine Männer sich zu den von mir aufgeführten Bedingungen ergeben, fünf Jahre lang nicht gegen uns zu kämpfen; denn Sie verstehen sicherlich, dass ich keine Gefangenen machen kann. Wenn er mich tötet, haben seine Männer freien Abzug und können mit ihren Wagen ungehindert nach Vannes zurückkehren. So, ist das nun ein Vorschlag, den Sie annehmen können, Oberst?«
»Alles in allem ja«, sagte Roland.
»Gut; aber Sie sind nicht General Harty. Geben Sie sich also einstweilen mit der Rolle des Unterhändlers zufrieden. Und wenn dieser Vorschlag, den ich an seiner Stelle ohne zu zögern anehmen würde, ihm noch immer nicht passt, nun, dann kommen Sie wieder her, und da ich so gutmütig bin, werde ich einen dritten machen.«
Roland galoppierte davon. Die Republikaner und General Harty erwarteten ihn ungeduldig, und er richtete ihnen die Botschaft aus.
»Oberst«, sagte der General, »ich bin dem Ersten Konsul Rechenschaft für mein Betragen schuldig. Sie sind sein Aide de Camp, und Ihnen obliegt es, nach Ihrer Rückkehr in Paris für mich Zeugnis abzulegen. Wie würden Sie an meiner Stelle handeln? Was Sie tun würden, will auch ich tun.«
Roland zuckte zusammen. Tiefer Ernst trat auf seine Züge, und er überlegte.
Nach wenigen Sekunden sagte er: »General, ich würde es nicht tun.«
»Nennen Sie mir Ihre Gründe«, erwiderte Harty, »damit ich weiß, ob sie mit meinen übereinstimmen.«
»Der Ausgang eines Duells ist reine Glücksache; von einem solchen Zufall darf man das Geschick hundert tapferer Männer nicht abhängig machen; und in einer Situation wie dieser, die jeden Einzelnen auf gleiche Weise betrifft, ist es an jedem Einzelnen, sich seiner Haut so wacker wie möglich zu wehren.«
»Ist das Ihre Ansicht, Oberst?«
»Ja, bei meiner Ehre.«
»Es ist auch die meine. Überbringen Sie dem royalistischen General meine Antwort.«
So schnell, wie er zu Harty geritten war, kehrte Roland zu Cadoudal zurück.
Lächelnd vernahm Cadoudal die Antwort des republikanischen Generals. »Ich hatte es nicht anders erwartet«, sagte er.
»Wie war Ihnen das möglich, wenn ich ihm geraten habe, so zu antworten?«
»Vorhin waren Sie aber gegenteiliger Ansicht.«
»Ja, doch völlig zutreffend haben Sie mich darauf aufmerksam gemacht, dass ich nicht General Harty bin. Lassen Sie uns Ihren dritten Vorschlag hören«, sagte Roland mit leiser Verärgerung, denn allmählich ging ihm auf, dass General Cadoudal sich seit Aufnahme der Verhandlungen am längeren Hebel befand.
»Der dritte Vorschlag«, sagte Cadoudal, »ist ein Befehl, der Befehl an dreihundert meiner Männer, sich zurückzuziehen. General Harty hat hundert Mann, ich behalte nur einen. Messieurs, seit der Schlacht der Dreißig ist es Gepflogenheit der Bretonen, sich Fuß gegen Fuß, Brust gegen Brust, Mann gegen Mann zu schlagen, lieber ein Mann gegen vier als vier gegen einen. Wenn General Harty siegt, wird er über unsere Leichen hinweg nach Vannes zurückkehren, ohne dass die dreihundert Mann, die nicht an dem Kampf teilnehmen, ihm ein Haar krümmen werden, und wenn er besiegt wird, wird er nicht behaupten können, einer Übermacht erlegen zu sein. Gehen Sie, Monsieur de Montrevel, bleiben Sie bei Ihren Freunden, ich gebe Ihnen meinerseits den Vorteil, in der Übermacht zu sein, denn Sie allein sind zehn Mann wert.«
Robert lüpfte seinen Hut.
»Was sagen Sie dazu, Monsieur?«, fragte Cadoudal.
»Ich pflege zu grüßen, was Größe besitzt, und ich grüße Sie.«
»Oberst«, sagte Cadoudal, »ein letztes Glas Wein. Jeder von uns wird auf das trinken, was er liebt, was er mit Bedauern auf der Erde zurücklassen wird, was er im Himmel wiederzusehen hofft.«
Er ergriff das einzige Glas, füllte es zur Hälfte und reichte es Roland.
»Wir haben nur ein Glas, Monsieur de Montrevel; trinken Sie als Erster.«
»Warum als Erster?«
»Weil Sie erstens mein Gast sind und weil außerdem ein Sprichwort sagt, wer nach einem anderen trinke, kenne dessen Gedanken. Ich will wissen, was Sie denken, Monsieur de Montrevel.«
Roland leerte das Glas auf einen Zug und reichte es Cadoudal zurück.
Dieser füllte es abermals zur Hälfte und leerte es ebenfalls.
»Wohlan! Und nun«, fragte Roland, »kennen Sie nun meine Gedanken?«
»Helfen Sie mir«, sagte Cadoudal lachend.
»Nun gut! Was ich denke, ist Folgendes«, sagte Roland mit seiner gewohnten Offenheit, »ich denke, dass Sie ein tapferer Krieger sind, General, und dass es mir eine Ehre wäre, wenn Sie mir die Hand reichen würden, bevor wir uns im Zweikampf gegenüberstehen.«
Die zwei jungen Männer drückten einander die Hand – wie zwei Freunde, die Abschied nehmen, nicht wie zwei Gegner vor dem Kampf.
Was sich soeben ereignet hatte, war von schlichter und zutiefst würdevoller Größe. Beide salutierten.
»Viel Glück!«, sagte Roland zu Cadoudal. »Erlauben Sie mir zu hoffen, dass mein Glückwunsch vergebens ist. Ich gestehe, dass er von meinen Lippen kommt, nicht aber aus dem Herzen.«
»Gott beschütze Sie, Monsieur de Montrevel«, sagte Cadoudal, »und ich hoffe, dass mein Wunsch in Erfüllung geht, denn er ist uneingeschränkt das, was ich denke.«
»An welchem Signal werden wir erkennen, dass Sie bereit sind?«, fragte Roland.
»An einem Gewehrschuss in die Luft.«
»Einverstanden, General.«
Und im Galopp überquerte Roland zum dritten Mal den Zwischenraum zwischen dem royalistischen und dem republikanischen General.
Als er sich entfernte, streckte Cadoudal die Hand aus. »Ihr seht diesen jungen Mann«, sagte er zu seinen Chouans.
Alle Blicke folgten Roland. »Ja, General«, erwiderten die Chouans.
»Wohlan! Bei der Seele eurer Väter sei sein Leben euch heilig! Ihr könnt ihn gefangen nehmen, aber lebendigen Leibes und ohne dass ihm ein Haar gekrümmt wird.«
»Jawohl, General«, erwiderten die Chouans einfach.
»Und jetzt, meine Freunde«, fuhr Cadoudal mit lauterer Stimme fort, »vergesst nicht, dass ihr die Nachkommen der dreißig Helden seid, die zwischen Ploërmel und Josselin, zehn Wegstunden von hier entfernt, gegen dreißig Engländer kämpften und siegten! Unsere Vorfahren hat dieser Kampf der Dreißig unsterblich gemacht; seid ebenso ruhmreich wie sie in eurem Kampf der Hundert. Leider«, fügte er mit leiserer Stimme hinzu, »haben wir es diesmal nicht mit Engländern zu tun, sondern mit unseren Brüdern.«
Der Nebel hatte sich vollständig gelichtet, und die ersten Strahlen der Frühlingssonne versahen die Ebene von Plescop mit einer gelblichen Äderung; alles, was sich zwischen den zwei Truppen abspielen sollte, würde gut zu erkennen sein.
Während Roland zu den Republikanern zurückkehrte, galoppierte Branche-d’Or davon und ließ gegen General Harty und seine Blauen nur Cadoudal mit seinen hundert Mann zurück.
Die Truppen, die nicht mehr gebraucht wurden, teilten sich in zwei Hälften, deren eine nach Plumergat marschierte, die andere nach Saint-Avé. Die Straße blieb frei.
Branche-d’Or kam zu Cadoudal zurück. »Ihre Ordres, General!«, sagte er.
»Es ist nur eine«, erwiderte der General der Chouans. »Nimm acht Mann und folge mir. Wenn du siehst, dass der junge Republikaner, mit dem ich gefrühstückt habe, unter sein Pferd fällt, wirfst du dich auf ihn mit deinen acht Mann und nimmst ihn gefangen, bevor er Zeit hat, sich zu befreien.«