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»Ja, General.«

»Du weißt, dass ich ihn unversehrt wiederhaben will.«

»Abgemacht, General.«

»Such dir deine Männer aus, und wenn er euch sein Ehrenwort gegeben hat, kannst du tun, was dir beliebt.«

»Und wenn er es nicht geben will?«

»Dann fesselt ihr ihn so, dass er nicht fliehen kann, und passt bis zum Ende des Kampfes auf ihn auf.«

Branche-d’Or stieß einen Seufzer aus. »Das wird eine traurige Sache sein«, sagte er, »Maulaffen feilzuhalten, während die anderen sich vergnügen.«

»Gott ist gütig«, sagte Cadoudal, »er wird für uns alle genug zu tun haben«, und als er sah, dass die Republikaner sich formiert hatten: »Ein Gewehr!«

Man reichte ihm eines.

Er schoss in die Luft.

Im gleichen Augenblick ertönten aus den Reihen der Republikaner Trommelwirbel.

Cadoudal richtete sich in den Steigbügeln auf: »Kinder«, rief er mit klangvoller Stimme, »habt ihr alle euer Morgengebet verrichtet?«

Fast alle Stimmen antworteten: »Ja, ja!«

»Wer noch keine Zeit dazu hatte oder es vergessen hat«, wiederholte Cadoudal, »soll es jetzt tun!«

Fünf, sechs Bauern knieten nieder und beteten.

Die Trommeln näherten sich schnell.

»General! General!«, riefen einige ungeduldig. »Sie kommen!«

Der General breitete die Arme aus und deutete auf die knienden Freischärler.

»Es wird Zeit«, riefen die Ungeduldigen.

Die einzelnen Betenden erhoben sich, nachdem sie ihr Gebet beendet hatten.

Die Republikaner hatten bereits ein Drittel der Strecke zurückgelegt, als der Letzte aufstand. Sie marschierten in drei Reihen zu dreißig Mann mit angelegtem Bajonett, die Offiziere als Schlussreihe. Roland ritt an der Spitze der ersten, General Harty zwischen der ersten und der zweiten Reihe; nur sie waren zu Pferde. Unter den Chouans gab es nur einen einzigen Reiter: Cadoudal. Branche-d’Or hatte sein Pferd an einen Baum angebunden, um zu Fuß mit den acht Männern zu kämpfen, die beauftragt waren, Roland gefangen zu nehmen.

»General«, sagte Branche-d’Or, »die Gebete sind verrichtet, alle Männer stehen bereit.«

Cadoudal vergewisserte sich und rief dann mit lauter Stimme: »Auf, Burschen, jetzt vergnügt euch!«

Kaum war die Erlaubnis erteilt, als die Chouans unter dem Ruf »Es lebe der König!« in die Ebene stürmten, mit der einen Hand die Hüte schwenkend, mit der anderen die Gewehre.

Doch statt eng geschlossen zu marschieren wie die Republikaner, schwärmten sie aus und bildeten einen riesigen Halbmond, dessen Mittelpunkt Georges auf seinem Pferd war.

Im Handumdrehen waren die Republikaner überrannt, und das Gewehrfeuer prasselte los. Fast alle Männer Cadoudals waren Wilderer und somit ausgezeichnete Schützen. Zudem waren sie mit englischen Karabinergewehren von der doppelten Reichweite normaler Gewehre bewaffnet.

Die Chouans hatten das Feuer auf weite Entfernung eröffnet, aber vereinzelte todbringende Kugeln fanden ihren Weg in die Reihen der Republikaner.

»Vorwärts!«, rief General Harty.

Seine Soldaten marschierten weiter mit angelegtem Bajonett, doch innerhalb weniger Sekunden war vor ihnen niemand mehr zu sehen, denn Cadoudals hundert Mann waren als Truppe verschwunden und hatten sich in Tirailleure verwandelt, in lockerer Formation zum Halbmond angeordnet.

General Harty ließ seine Männer nach rechts und nach links Aufstellung nehmen, und dann ertönte das Kommando: »Feuer!«, doch das Ergebnis war gleich null. Die Republikaner zielten auf einzelne Männer; die Chouans hingegen schossen in die Menge, so dass jeder Schuss, den sie abgaben, traf.

Roland erkannte die missliche Lage: Er sah sich um und erblickte inmitten des Rauchs Cadoudal, aufrecht im Sattel und reglos wie ein Reiterstandbild.

Der Anführer der Royalisten erwartete ihn.

Roland stieß einen Schrei aus und preschte auf ihn los.

Cadoudal trieb sein Pferd zum Galopp an, um den Weg für sein Gegenüber abzukürzen, hielt aber fünfzig Schritt von Roland entfernt an.

»Aufgepasst!«, sagte Cadoudal zu Branche-d’Or und dessen Männern.

»Seien Sie unbesorgt, General, wir sind da«, sagte Branche-d’Or.

Cadoudal zog eine Pistole aus dem Halfter und lud sie, Roland preschte mit gezücktem Säbel heran, an den Hals seines Pferdes geschmiegt. Als sie nur mehr zwanzig Schritt voneinander entfernt waren, hob Cadoudal langsam die Hand und zielte auf Roland.

Als es zehn Schritt waren, schoss er.

Das Pferd, auf dem Roland saß, hatte einen weißen Stern an der Stirn. Die Kugel traf mitten in den Stern. Das tödlich getroffene Pferd stürzte und wälzte sich mit seinem Reiter vor Cadoudals Füßen.

Cadoudal gab dem eigenen Pferd die Sporen und setzte über Pferd und Reiter hinweg. Branche-d’Or und seine Männer hielten sich bereit und stürzten sich dann wie Raubkatzen auf Roland, der unter seinem Pferd eingezwängt war.

Der junge Mann ließ seinen Säbel fallen und wollte seine Pistolen ergreifen, doch bevor er die Hand zum Halfter führen konnte, hielten zwei Männer ihn an den Armen fest, während die anderen das Pferd wegzogen.

Alles verlief so geschwind und reibungslos, dass außer Zweifel stand, dass dieses Manöver von langer Hand geplant worden war.

Roland schnaubte vor Zorn. Branche-d’Or trat zu ihm und nahm den Hut ab. »Ich ergebe mich nicht«, rief Roland.

»Es ist nicht nötig, dass Sie sich ergeben, Monsieur«, erwiderte der Chonan mit ausgesuchter Höflichkeit.

»Und warum nicht?«, fragte Roland, der seine Kräfte in einem ebenso verzweifelten wie aussichtslosen Aufbäumen erschöpfte.

»Weil Sie unser Gefangener sind, Monsieur.«

Daran gab es nichts zu deuten. Roland wusste keine Antwort.

»Dann töten Sie mich«, rief er zuletzt.

»Wir wollen Sie nicht töten, Monsieur.«

»Was wollt ihr dann?«

»Dass Sie uns Ihr Ehrenwort geben, sich nicht wieder am Kampf zu beteiligen; unter dieser Bedingung lassen wir Sie frei.«

»Niemals!«, rief Roland.

»Verzeihen Sie, Monsieur«, sagte Branche-d’Or, »aber was Sie da tun, ist nicht ehrenhaft.«

»Nicht ehrenhaft! Elender Schuft! Du wagst es, mich zu beleidigen, weil ich mich nicht wehren und dich nicht bestrafen kann.«

»Ich bin kein Schuft, und ich will Sie nicht beleidigen, Monsieur de Montrevel; ich habe nur sagen wollen, dass Sie unserem General neun Männer vorenthalten, die ihm nützlich sein könnten, wenn Sie sich weigern, uns Ihr Wort zu geben, so dass wir Sie bewachen müssen. So hat der Rundkopf nicht an Ihnen gehandelt. Er hatte dreihundert Mann mehr als Sie und hat sie weggeschickt. Und jetzt sind wir nur mehr einundneunzig gegen einhundert.«

Rolands Gesicht errötete heftig und wurde sodann totenbleich. »Du hast recht, Branche-d’Or«, sagte er. »Ich lasse mich überreden und ergebe mich; du kannst mit deinen Gefährten am Kampf teilnehmen.«

Die Chouans stießen Freudenrufe aus, ließen Roland los und stürzten sich in das Getümmel, Hüte und Gewehre schwenkend und »Es lebe der König!« rufend.

7

Weiße und Blaue

Roland verharrte einen Augenblick, aus der Umarmung der Chouans befreit, doch doppelt handlungsunfähig: körperlich durch den Sturz von seinem Pferd, moralisch durch sein Ehrenwort. Er setzte sich auf die kleine Erhebung, auf der noch der Mantel lag, der beim Frühstück als Tischtuch gedient hatte. Von dort aus konnte Roland das ganze Gefecht überblicken, und hätten nicht Tränen der Schande seine Augen verschleiert, wäre ihm keine Einzelheit entgangen.

Cadoudal saß mitten in Feuer und Rauch aufrecht auf seinem Pferd wie ein böser Geist des Krieges, unverwundbar und unerbittlich wie dieser.

Allmählich versiegten Rolands Tränen, getrocknet vom Feuer des Zorns. Inmitten der grünen Getreidehalme, die zu sprießen begannen, lagen die Leichname eines Dutzends Chouans verstreut; die Republikaner, auf der Straße zusammengedrängt, hatten bereits mehr als doppelt so viele Verluste zu beklagen. Die Verwundeten schleppten sich über das Niemandsland, bäumten sich auf wie Schlangen, denen das Rückgrat zerschlagen war, und kämpften weiter, die Republikaner mit dem Bajonett, die Chouans mit dem Messer. Verwundete, die niemanden in der Nähe hatten, mit dem sie Mann gegen Mann kämpfen konnten, luden ihr Gewehr, erhoben sich mühsam auf ein Knie, feuerten und fielen um.