Auf beiden Seiten wurde der Kampf erbarmungslos geführt, ohne Unterbrechung, unerbittlich. Geradezu spürbar ergoss der Bürgerkrieg, dieser Krieg ohne Mitleid, ohne Gnade, ohne Milde, das Gefäß seines Zorns über das Schlachtfeld.
Cadoudal umrundete zu Pferde die geschlossene Schanze der Republikaner, feuerte auf zwanzig Schritt Entfernung abwechselnd mit seinen Pistolen und einem doppelläufigen Gewehr, das er nach dem Schießen einem Chouan zuwarf und geladen entgegennahm, wenn er das nächste Mal vorbeikam. Mit jedem Schuss streckte er einen Soldaten nieder. Bei seiner dritten Umrundung erwies ihm General Harty die Ehre, ein ganzes Peloton auf ihn feuern zu lassen.
Er verschwand in Feuer und Rauch, und man sah ihn und sein Pferd zu Boden sinken wie vom Blitzschlag getroffen.
Zehn oder zwölf Republikaner sprangen hervor, doch ebenso viele Chouans traten ihnen entgegen.
Ein schrecklicher Nahkampf entbrannte; zwangsläufig waren die Chouans mit ihren Messern im Vorteil.
Unvermutet hatte Cadoudal sich aufgerichtet, in jeder Hand eine Pistole: das Todesurteil für zwei Soldaten, und zwei Soldaten fielen.
An die dreißig Chouans hatten sich zu einem Dreieck um ihn geschart. Cadoudal bildete einen spitzen Winkel des Dreiecks; er hatte das Gewehr eines toten Gegners aufgehoben und benutzte es als Keule.
Mit jedem Keulenschlag schmetterte er einen Mann zu Boden, dann durchbrach er das Bataillon, und Roland sah ihn auf der anderen Seite auftauchen. Wie ein Wildschwein sich erneut auf den Jäger stürzt, den es zu Fall gebracht hat, und ihm die Eingeweide zerfetzt, begab er sich in die klaffende Wunde zurück und riss sie noch weiter auf.
General Harty sammelte ungefähr zwanzig Mann um sich und führte mit angelegtem Bajonett einen Vorstoß auf die Chouans, die ihn umzingelten; zu Fuß ging er an der Spitze seiner zwanzig Soldaten im von Kugeln durchlöcherten Waffenrock, aus zwei Wunden blutend. Seinem Pferd war der Bauch aufgeschlitzt worden.
Zehn seiner Männer fielen, bevor die Umzingelung durchbrochen werden konnte, doch dann war es gelungen.
Die Chouans wollten den General verfolgen, Cadoudal aber rief mit Donnerstimme: »Ihr hättet ihn nicht durchlassen dürfen! Aber wenn er nun einmal durchgebrochen ist, soll er sich ungehindert zurückziehen!«
Die Chouans gehorchten ihrem Anführer gewissenhaft, wie sie all seine Anordnungen befolgten.
»Und jetzt stellt das Feuer ein!«, rief Cadoudal. »Keine Toten mehr! Nur noch Gefangene!«
Der Kampf war beendet. Die Chouans sammelten sich um den Leichenberg und die vereinzelten mehr oder weniger schwer Verwundeten, die sich unter den Toten noch regten.
Sich zu ergeben bedeutete oft genug den sicheren Tod in diesem schrecklichen Krieg, in dem Gefangene immer wieder füsiliert wurden: seitens der Blauen, weil sie Chouans und Vendéens als Strauchdiebe betrachteten, und seitens der Weißen, weil sie republikanische Gefangene nicht versorgen konnten.
Die republikanischen Soldaten warfen ihre Gewehre so weit weg wie möglich, um sie nicht ausliefern zu müssen. Als die Chouans näher kamen, zeigten sie ihnen ihre offenen Patronentaschen: Sie hatten ihre Munition bis auf die letzte Patrone verfeuert.
Cadoudal ging zu Roland.
Während des ganzen erbitterten Kampfes war der junge Mann auf der Stelle sitzen geblieben und hatte gewartet, den Blick auf das Gefecht gebannt, die Haare schweißgetränkt, die Brust wogend. Als er sah, wie vernichtend die Republikaner geschlagen wurden, hatte er das Gesicht mit den Händen bedeckt und die Stirn zu Boden gesenkt.
Cadoudal trat zu ihm, ohne dass Roland die Schritte zu hören schien. Langsam hob der junge Offizier den Kopf. Zwei Tränen rollten ihm die Wangen hinunter. »General«, sagte er, »verfahren Sie nach Belieben mit mir; ich bin Ihr Gefangener.«
»Oho!«, sagte Cadoudal lachend. »Einen Abgesandten des Ersten Konsuls nimmt man nicht gefangen, man bittet ihn um einen Gefallen.«
»Welchen? Ich stehe zu Ihren Diensten.«
»Ich habe keine Lazarette für die Verwundeten und keine Gefängnisse für die Gefangenen; übernehmen Sie die Überführung der republikanischen Soldaten, Gefangene wie Verwundete, nach Vannes.«
»Wie bitte, General?«, rief Roland.
»Ich übergebe sie Ihrer Verantwortung. Ich bedaure, dass Ihr Pferd tot ist; ich bedaure, dass auch meines tot ist, aber Branche-d’Ors Pferd ist noch da: Nehmen Sie es.«
Der junge Mann wollte widersprechen.
»Habe ich nicht zum Tausch das Pferd, das Sie in Muzillac zurückließen?«, sagte Georges.
Roland begriff, dass er der Größe seines Gegenübers am ehesten gerecht würde, wenn er sich so geradlinig und schlicht wie möglich gab. »Werde ich Sie wiedersehen, General?«, fragte er, während er aufstand.
»Das glaube ich nicht, Monsieur. Meine Operationen verlangen meine Anwesenheit bei Port-Louis, Ihre Pflicht ruft Sie in das Palais Luxembourg.«
Damals residierte dort noch Bonaparte.
»Was soll ich dem Ersten Konsul berichten, General?«
»Sie werden ihm sagen, was Sie gesehen haben, und Sie müssen ihm unbedingt ausrichten, dass ich mich durch den Besuch, den er mir verspricht, sehr geehrt fühle.«
»Nach allem, was ich gesehen habe, bezweifle ich sehr, dass Sie jemals auf meine Hilfe angewiesen sein dürften, Monsieur«, sagte Roland, »aber vergessen Sie dennoch nie, dass Sie in der engeren Umgebung General Bonapartes einen Freund haben.«
Und er reichte Cadoudal die Hand.
Der Anführer der Royalisten ergriff sie mit der gleichen Offenheit und Ungezwungenheit wie vor dem Kampf.
»Adieu, Monsieur de Montrevel«, sagte er, »und ich muss Sie gewiss nicht eigens bitten, sich für General Harty zu verwenden? Eine Niederlage wie die seine ist so ruhmreich wie jeder Sieg.«
Unterdessen hatte man Oberst de Montrevel das Pferd Branche-d’Ors gebracht. Er schwang sich in den Sattel.
Roland ließ den Blick über das Schlachtfeld schweifen, stieß einen Seufzer aus und galoppierte mit einem letzten Abschiedsgruß in Cadoudals Richtung über die Felder davon, um auf der Straße nach Vannes den Wagen mit Verwundeten und Gefangenen zu erwarten, den er zu General Harty eskortieren sollte.
Cadoudal hatte jedem seiner Männer den Betrag von zehn Francs auszahlen lassen. Roland musste unwillkürlich denken, dass der royalistische Anführer leicht großzügig sein konnte mit dem Geld des Direktoriums, das Morgan und seine bedauernswerten Gefährten um den Preis ihres Lebens in den Westen befördert hatten.
Am nächsten Tag war Roland in Vannes; in Nantes nahm er die Postkutsche, und zwei Tage später war er in Paris.
Kaum hatte Bonaparte von seiner Ankunft erfahren, ließ er ihn in sein Kabinett bringen. »Wohlan!«, sagte er, als Roland eintrat. »Wie ist dieser Cadoudal? Und war es die Mühe wert, ihn aufzusuchen?«
»General«, erwiderte Roland, »wenn Cadoudal bereit wäre, sich uns für eine Million anzuschließen, dann geben Sie ihm zwei und verkaufen Sie ihn nicht unter vier Millionen zurück.«
So beredt diese Antwort war, genügte sie Bonaparte keineswegs; Roland musste ihm in aller Ausführlichkeit seine Begegnung mit Cadoudal im Dorf Muzillac schildern, den nächtlichen Marsch, so ungewöhnlich von Chouans als Aufklärern begleitet, und schließlich das Gefecht, in dem General Harty nach wahren Wundern der Tapferkeit unterlegen war.