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»Hunderttausend Francs jährlich«, erwiderte Bonaparte.

»Wenn Sie einem einfachen Partisanenführer hunderttausend Francs jährlich geben, wie viel bieten Sie dann dem Fürsten an, für den er gekämpft hat?«

»Nichts, Monsieur«, sagte Bonaparte ungnädig. »Sie bezahle ich für Ihren Mut, nicht für Ihre Überzeugungen; ich will Ihnen zeigen, dass für mich, den Mann meiner Taten, die anderen nur durch ihre Taten existieren. Nehmen Sie an, Georges, ich bitte Sie.«

»Und wenn ich ablehne?«

»Handeln Sie falsch.«

»Und es steht mir frei, mich an einen Ort meiner Wahl zurückzuziehen?«

Bonaparte ging zu der Tür, die ins Kabinett führte, und öffnete sie. »Duroc!«, rief er.

Duroc erschien.

»Sorgen Sie dafür«, sagte Bonaparte, »dass sich Monsieur Cadoudal und seine zwei Freunde in Paris so ungehindert bewegen können wie in ihrem Feldlager in Muzillac; und wenn sie Pässe für irgendein Land haben wollen, hat Fouché Ordre, sie ihnen auszustellen.«

»Ihr Wort genügt mir, Citoyen Erster Konsul«, sagte Cadoudal mit einer Verneigung. »Ich werde heute Abend aufbrechen.«

»Darf man fragen, wohin?«

»Nach London, General.«

»Umso besser.«

»Warum umso besser?«

»Weil Sie dort die Menschen, für die Sie gekämpft haben, aus größter Nähe erleben werden.«

»Und?«

»Und wenn Sie sie erlebt haben werden -«

»Was dann?«

»Dann werden Sie sie mit jenen vergleichen, gegen die Sie gekämpft haben. Doch sobald Sie Frankreich einmal verlassen haben, Oberst -« Bonaparte hielt inne.

»Ich höre«, sagte Cadoudal.

»Nun denn! Kehren Sie nur zurück, wenn Sie mich vorher davon verständigt haben, denn sonst muss ich Sie als Gegner behandeln.«

»Das wäre mir eine Ehre, General, denn damit würden Sie mir zeigen, dass ich jemand bin, den man fürchten muss.«

Georges salutierte und verließ den Ersten Konsul.

Am nächsten Tag stand in der Zeitung zu lesen:

Im Anschluss an die Audienz, die der Erste Konsul Georges Cadoudal gewährt hat, bat Letzterer um die Erlaubnis, sich als freier Mann nach England zurückzuziehen.

Diese Erlaubnis wurde ihm unter der Bedingung gewährt, dass er nur mit regierungsseitiger Genehmigung nach Frankreich zurückkehren wird.

Georges Cadoudal hat sein Wort gegeben, alle Rebellenführer, die auf seiner Seite gekämpft haben, von ihrem Eid zu entbinden, der durch seine Unterwerfung gegenstandslos geworden ist.

Und wahrhaftig schrieb Georges noch am Abend seines Gesprächs mit dem Ersten Konsul in alle Gegenden Frankreichs, in denen er Vertraute besaß:

Da ein fortwährender Krieg mir Frankreich ins Unglück zu stürzen und mein Land zu zerstören schien, entbinde ich Euch von dem Treueschwur, den Ihr geleistet habt und auf den ich mich nur dann erneut berufen würde, wenn die französische Regierung das Wort bräche, das sie mir gegeben hat und das ich in Eurem Namen wie in meinem Namen angenommen habe.

Sollte sich hinter einem geheuchelten Frieden Verrat verbergen, würde ich abermals an Eure Treue appellieren, und auf Eure Treue, das weiß ich mit Gewissheit, wäre Verlass.

GEORGES CADOUDAL

Den Namen jedes einzelnen Vertrauten und Anführers schrieb Cadoudal wie das ganze Rundschreiben mit eigener Hand.

9

Zwei Waffenbrüder

Während sich im Salon Ludwigs XIV. diese bemerkenswerte Begegnung ereignete, zog Joséphine im Wissen, dass Bourrienne allein war, ihren Morgenmantel an, wischte sich die geröteten Augen, puderte sich das Gesicht dick mit Reispuder, schlüpfte in die türkischen Pantoffeln aus himmelblauem Samt mit Goldstickerei und stieg schnell die Treppe hinauf, die von ihrem Schlafzimmer in die Privatkapelle der Maria von Medici führte.

Vor der Tür des Kabinetts blieb sie stehen und presste beide Hände auf ihr Herz; mit ihren anmutigen Augen sah sie sich vorsichtig um, und als sie sich überzeugt hatte, dass Bourrienne tatsächlich ganz allein war, durchquerte sie mit lautlosen Trippelschritten das Kabinett und legte ihm die Hand auf die Schulter.

Der Sekretär drehte sich lächelnd um, denn an der leichten Berührung erkannte er, wem die Hand gehörte.

»Und?«, fragte Joséphine. »War er sehr zornig?«

»Nun«, sagte Bourrienne, »ich muss gestehen, dass es ein gewaltiger Gewittersturm war, nur ohne Regen. Aber mit Donner und Blitzen wurde nicht gespart.«

»Und«, fragte Joséphine ungeduldig, denn darauf richtete sich ihr ganzes Interesse, »wird er zahlen?«

»Ja.«

»Hat er Ihnen die sechshunderttausend Francs gegeben?«

»Das hat er«, sagte Bourrienne.

Joséphine klatschte in die Hände wie ein Kind, dem man eine Strafe erlässt.

»Aber in Zukunft«, fügte Bourrienne hinzu, »machen Sie um Himmels willen keine Schulden mehr oder wenigstens vernünftige Schulden.«

»Was verstehen Sie unter ›vernünftigen Schulden‹, Bourrienne?«, fragte Joséphine.

»Wie soll ich das wissen? Am besten wäre es, nie wieder welche zu machen.«

»Sie wissen, dass das ein Ding der Unmöglichkeit ist, Bourrienne«, erwiderte Joséphine im Brustton der Überzeugung.

»Machen Sie Schulden von fünfzigtausend, von hunderttausend Francs.«

»Aber Bourrienne, wenn meine jetzigen Schulden bezahlt sind – und Sie haben durchblicken lassen, Sie könnten mit den sechshunderttausend Francs alle Schulden bezahlen -«

»Ja, was dann?«

»Ja, dann! Dann werden die Lieferanten mir wieder Kredit gewähren.«

»Und er?«

»Er?«

»Der Erste Konsul hat beteuert, es sei das letzte Mal gewesen, dass er für Ihre Schulden aufkommt.«

»Das hat er letztes Jahr auch gesagt, Bourrienne«, sagte Joséphine mit ihrem bezaubernden Lächeln.

Bourrienne sah sie entgeistert an. »Ich bin sprachlos«, sagte er, »Sie machen mir Angst. Zwei oder drei Jahre Frieden, und die paar armseligen Millionen, die wir aus Italien mitgebracht haben, werden dahin sein. In der Zwischenzeit will ich Ihnen wenigstens einen guten Rat geben, und zwar den, ein bisschen Zeit vergehen zu lassen, damit seine schlechte Laune sich verflüchtigen kann, bevor Sie ihm wieder unter die Augen treten.«

»Ach! Du lieber Himmel! Sie haben völlig recht – umso mehr, als ich heute Vormittag mit einer Landsmännin aus den Kolonien verabredet bin, einer Freundin meiner Familie, der Gräfin von Sourdis mit ihrer Tochter, und nichts wäre abscheulicher, als wenn er seinem Zorn freien Lauf ließe vor diesen Damen, die ich in der eleganten Welt kennengelernt habe und die zum ersten Mal in den Tuilerienpalast kommen.«

»Was gäben Sie dafür, wenn ich ihn hier festhielte, auch zum Mittagessen, und ihn erst zum Diner zu Ihnen ließe?«

»Was Sie nur wollen, Bourrienne.«

»Nun gut. Greifen Sie zu Feder und Papier, und schreiben Sie mit Ihrer hübschen kleinen Schrift...«

»Was?«

»Schreiben Sie!«

Joséphine setzte die Feder auf das Papier.

»Ich ermächtige Bourrienne, all meine Rechnungen aus dem Jahr 1800 zu begleichen und nach eigenem Ermessen die Rechnungsbeträge um die Hälfte oder sogar um zwei Drittel zu verringern.«

»Getan!«

»Datieren Sie es.«

»19. Februar 1801.«

»Und unterzeichnen Sie es.«

»Joséphine Bonaparte. Ist es so richtig?«

»Ausgezeichnet. Und jetzt gehen Sie, kleiden Sie sich an und empfangen Sie Ihre Freundin; der Erste Konsul wird Sie nicht stören.«

»Bourrienne, Sie sind wahrhaftig ein reizender Mensch.«

Und sie reichte ihm die Spitze ihrer Fingernägel zum Handkuss.