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Zitternd, denn sie erriet, was den Hund irritierte, rief die Königin Black zu sich, doch der Hund schien sie nicht zu hören oder wollte nicht hören.

Unversehens begann er zu knurren und dann laut zu bellen.

Als der Schuster sah, mit welcher Hartnäckigkeit der kleine Hund seiner Herrin den Gehorsam verweigerte, zuckte es ihm wie eine Erleuchtung durch das Hirn. Er sprang zur Tür und rief: ›Zu den Waffen! Verrat! Zu den Waffen!‹

›Black! Black!‹, rief die Königin mit verzweifelter Stimme und tat einige Schritte in die Cantine. Doch der Hund gehorchte ihr nicht, sondern bellte immer wütender.

›Zu den Waffen!‹, schrie Simon wie am Spieß. ›Zu den Waffen! Im Keller der Citoyenne Plumeau halten sich Aristokraten versteckt, um die Königin zu retten. Verrat! Verrat!‹

›Zu den Waffen!‹, riefen die Wachen. Vereinzelte Nationalgardisten griffen zum Gewehr und liefen zur Königin, zu ihrer Tochter und ihrer Schwägerin, nahmen sie zwischen sich und führten sie zum Turm zurück.

Black rührte sich nicht von der Stelle, obwohl seine Herrin nicht mehr im Raum war; dieses eine Mal hatte der Instinkt das arme Tier getäuscht, denn es hatte die Rettung für eine Gefahr gehalten.

Ein Dutzend Nationalgardisten war in die Cantine eingedrungen. Simon zeigte ihnen voller Eifer die Kellertür, an der Black noch immer bellte.

›Dort sind sie, unter der Falltür!‹, rief Simon. ›Ich habe gesehen, wie die Falltür sich bewegt hat, das schwöre ich!‹

›Legt an!‹, riefen die Wachen.

Geräuschvoll legten die Nationalgardisten ihre Gewehre an.

›Dort!‹, rief Simon. ›Dort, dort!‹

Der Offizier ergriff den Ring der Falltür, und zwei kräftige Männer kamen ihm zu Hilfe, doch die Falltür ließ sich nicht bewegen.

›Sie halten die Falltür von innen fest!‹, rief Simon. ›Schießt durch die Tür, schießt!‹

›Und was ist mit meinen Flaschen?‹, rief die Citoyenne Plumeau. ›Sie werden meine Flaschen in Scherben schießen!‹

Simone schrie noch immer: ›Feuer!‹

›Gib endlich Ruhe, du Schreihals‹, befahl der Offizier. ›Und ihr holt Äxte und schlagt die Falltür ein.‹

Seine Leute taten wie geheißen.

›Und jetzt‹, sagte der Offizier, ›haltet euch bereit, und sobald die Falltür geöffnet wird, eröffnet ihr das Feuer.‹

Die Axt fuhr in die Bohlen, zwanzig Gewehre senkten sich der Öffnung entgegen, die sich jeden Augenblick erweiterte.

Doch niemand war dahinter zu erkennen. Der Offizier entzündete eine Fackel und warf sie in den Keller. Der Keller war leer.

›Folgt mir‹, rief der Offizier und stürzte sich in den Keller. ›Vorwärts!‹, riefen die Nationalgardisten, die ihrem Anführer folgten.

›Oh, Frau Plumeau!‹, rief Simon und drohte der Wirtin mit der Faust, ›du stellst deinen Keller den Aristokraten zur Verfügung, damit sie die Königin entführen!‹

Doch Simon beschuldigte die gute Frau zu Unrecht. Die Kellerwand war eingeschlagen; ein unterirdischer Gang von drei Fuß Breite und fünf Fuß Höhe, dessen Boden viele Füße festgetreten hatten, führte in Richtung der Rue de la Corderie.

Der Offizier eilte in diesen Gang, der wie der Eingang eines Schützengrabens aussah, doch nach zehn Schritten stand er vor einem Eisengitter. ›Halt‹, sagte er zu den Soldaten, die hinter ihm herstürmten, ›hier geht es nicht weiter. Vier Mann sollen hier Wache halten und jeden töten, der sich zu zeigen wagt. Ich werde meinen Bericht verfassen. Die Aristokraten haben versucht, die Königin zu entführen.‹

Diese Verschwörung wurde später unter dem Namen Nelkenverschwörung bekannt; ihre drei Hauptakteure waren mein Vater, der Ritter von Maison-Rouge und Toulan, und meinen Vater und Toulan hat sie auf das Schafott gebracht. Der Ritter von Maison-Rouge, der sich bei einem Gerber im Faubourg Saint-Victor versteckt hielt, entkam allen Nachstellungen.

Doch bevor er starb, verpflichtete mein Vater meinen älteren Bruder, seinem Beispiel zu folgen und wie er für die Krone zu sterben.«

»Und Ihr Bruder?«, flüsterte Claire, die sein Bericht sichtlich ergriffen hatte. »Hat er dem Wunsch Ihres Vaters gehorcht?«

»Das werden Sie erfahren«, erwiderte Hector, »wenn Sie mir gestatten fortzufahren.«

»Oh, sprechen Sie weiter! Bitte!«, rief Claire, »Ich lausche Ihnen mit Ohren und Herz!«

14

Léon de Sainte-Hermine

»Einige Zeit nach der Hinrichtung meines Vaters starb meine Mutter, die bei der Nachricht seines Todes erkrankt war.

Von diesem neuen Unglück konnte ich meinem Bruder Léon nicht berichten. Seit dem Kampf bei Berchem hatte man nicht mehr von ihm gehört; ich schrieb meinem Bruder Charles in Avignon, der sich auf der Stelle nach Besançon aufmachte.

Ich werde Ihnen berichten, was wir über die Schlacht bei Berchem und über das Los meines Bruders erfuhren, und zwar vom Prinzen von Condé, zu dem meine Mutter, die im Sterben lag, in ihrer Ratlosigkeit hatte schicken lassen; der Bote war jedoch erst nach ihrem Tod zurückgekehrt, am selben Tag wie mein Bruder.

Am 4. Dezember 1793 hatte der Prinz von Condé in Berchem sein Hauptquartier. Pichegru führte zwei Angriffe gegen ihn aus, ohne ihn von Berchem wegzudrängen oder sich dort halten zu können, nachdem er Condé weggedrängt hatte.

Nach der abermaligen Einnahme der Ortschaft durch die Emigranten vollführte Léon wahre Wunder an Mut, drang als Erster in das Dorf ein und ward nicht mehr gesehen. Obwohl seine Gefährten ihm auf dem Fuß folgten, konnten sie ihn nirgends ausmachen. Man suchte unter den Toten, fand ihn jedoch nicht. Die allgemeine Ansicht war die, dass er sich auf der Verfolgung der Republikaner zu weit vorgewagt hatte und von ihnen gefangen genommen worden war.

Die Gefangennahme kam dem Todesurteil gleich, denn jeder Gefangene, den man bewaffnet ergriff, wurde der Form halber vor ein Kriegsgericht gestellt und füsiliert.

Nichts mehr zu hören bestätigte uns in dieser schmerzlichen Überzeugung, bis man uns den Besuch eines jungen Mannes aus Besançon ankündigte, der von der Rheinarmee kam. Er war fast noch ein Kind, kaum vierzehn Jahre alt, der Sohn eines alten Freundes meines Vaters. Er war ein Jahr jünger als ich, wir waren gemeinsam erzogen worden. Sein Name war Charles N.

Ich sah ihn als Erster. Ich wußte, dass er seit drei Monaten bei General Pichegru weilte. Ich lief auf ihn zu und rief: ›Charles, du bist es! Bringst du uns Nachrichten von meinem Bruder?‹ – ›Leider ja‹, erwiderte er. ›Ist dein Bruder Charles da?‹ – ›Ja‹, antwortete ich. ›Nun‹, erwiderte er, ›lass ihn rufen, denn das, was ich dir zu sagen habe, gilt auch ihm.‹ Ich rief meinen Bruder. Er kam herbei. ›Charles ist gekommen‹, sagte ich, ›und er hat Neuigkeiten von Léon.‹ – ›Schlechte Neuigkeiten, nicht wahr?‹ – ›Ich fürchte es, denn sonst hätte er sie uns bereits gesagt.‹

Ohne darauf zu antworten, zog mein junger Freund mit traurigem Lächeln eine Polizeimütze aus seiner Weste und reichte sie meinem Bruder. ›Nunmehr sind Sie das Familienoberhaupt‹, sagte er, ›und deshalb kommt diese Hinterlassenschaft Ihnen zu.‹

›Was ist das?‹, fragte mein Bruder.

›Das ist die Mütze, die er trug, als er erschossen wurde‹, erwiderte Charles.

›Er ist also tot?‹, fragte mein älterer Bruder trockenen Auges, während ich gegen meinen Willen weinen musste.

›Ja.‹

›Und er ist tapfer gestorben?‹

›Wie ein Held.‹

›Der Herr sei gepriesen! Unsere Ehre ist unversehrt. In der Mütze ist sicherlich etwas verborgen?‹

›Ein Brief.‹

Mein Bruder betastete die Mütze, erkannte die Stelle, an der sich der Brief befand, schnitt die Naht der Mütze mit einem Taschenmesser auf und entnahm ihr den Brief, den er öffnete.