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»Hauptsächlich wohl bei den Arabern, vermute ich«, sagte Isabelle. »Es gibt doch noch immer massenhaft rückständige Araber, oder? Leute aus dem Mittelalter in einer High-Tech-Welt?«

Der Versuch, zu schmeicheln, war dermaßen offenkundig, dass Enron nur mit einem verächtlichen Blitzen der Augen und einem ganz flüchtigen nichtssagenden Lächeln reagierte. »Tatsächlich ist es nicht so, Ms. Martine. Die wirklichen echten Araber sind alle recht gescheite Leute. Man sollte wirklich lernen, zwischen Arabern und arabisch sprechenden Leuten zu unterscheiden, weißt du. Ich bezog mich vorwiegend auf unsere Leser in den ländlichen Gebieten im Nordsudan und in der Sahara, die arabisch sprechende Moslems sind, aber ganz gewiss keine Araber im echten Sinn.«

Isabelle wirkte verwirrt. »Wir wissen hier wirklich so wenig darüber, wie es anderswo auf der Welt aussieht.«

»Ja, so ist es«, sagte Enron. »Ein echter Jammer, dieser Inselprovinzialismus in diesem Land. Amerika tut mir leid. Ignoranz ist in diesen unseren Zeiten gefährlich. Besonders die Art Ignoranz, die sich in triumphaler Selbstgefälligkeit äußert.«

»Vielleicht sollten wir jetzt bestellen«, warf Rhodes etwas gezwungen ein. »Wenn ich ein paar Vorschläge machen dürfte …?«

Er machte mehr als nur ein paar. Doch Carpenter bemerkte, dass Enron überhaupt nicht auf Rhodes hörte. Sein Blick ruhte bereits auf der Speisenkarte, und er hatte seine Wünsche längst in das Datensystem des Restaurants eingegeben, ehe Rhodes fertig war. Carpenter fand, dass der Typ einen gewissen ätzenden Charme besaß; er war großartig in seiner groben Überheblichkeit, hatte all das an sich, was man über die Arroganz und den Mangel an Höflichkeit bei Israelis gehört hatte – er war praktisch das Bühnenklischee des Israeli, ein tapferes aggressives Kerlchen, so voller übertriebenem Selbstwertgefühl, dass man zu glauben beginnen konnte, es sei nur gespielt. Und dennoch, man musste die Intelligenz respektieren, diese spezifische ethnische quecksilbrige Anpassungsfähigkeit, den besonderen spielerischen Witz des Mannes. Ein Ekel, sicher, aber ein amüsantes Ekel, wenn man auf so etwas anspringt. Carpenter tat es.

Aber trotz allem, ein ekelhafter Kerl. Spielte da wie eine Katze mit den Mäusen, mit dem armen, arg bedrängten Nick und der armen nervösen Isabelle und der armen doofen Jolanda. Und er genoss seine Überlegenheit über die drei denn doch ein wenig zu unverhohlen. Vielleicht galt ja dieser Enron bei sich zu Hause in Tel Aviv und unter seinen Leuten als ein taktvoller und höflicher, sogar angenehm freundlicher Mensch; doch hier, mitten unter diesen barbarischen Goyjim, schien er es nötig zu finden, mit jedem Wort, das er von sich gab, Punkte zu sammeln. Eigentlich hätte man ja erwarten dürfen, dass Israel, ein Volk, das in diesem Zeitalter der wachsenden Unbewohnbarkeit des Planeten als eines der wenigen begünstigten ein paar gute Karten im Spiel hatte, sich entspannt zurücklehnen und die eigene Überlegenheit genießen werde, ohne den anderen Salz in die Wunden zu reiben. Aber dieser Israeli war anscheinend anders.

»Aber vielleicht sollten wir uns jetzt der Hauptsache unserer Zusammenkunft zuwenden, dem großen Problem, dessentwegen ich heute hierher gekommen bin«, sagte Enron, während die anderen noch ihre Dinnerwünsche eintippten. Er legte einen winzigkleinen Kristallrecorder neben seinen Teller und setzte ihn mit raschem Daumendruck in Gang. Dann blickte er langsam um den ganzen Tisch herum und ließ seine Augen nachdenklich und beunruhigend lange auf den Gesichtern ruhen, ehe er sich wieder auf Rhodes konzentrierte. »Meine Zeitschrift«, begann er mit veränderter, sachlicherer Stimme, »möchte sich zu Beginn des nächsten Jahres dem erschreckenden Problem zuwenden, das auf die Erde zukommt, und das ist, zweifelsfrei, die immer stärker wachsende Verschlechterung der planetaren Umwelt, die trotz aller halbherzigen Palliativmaßnahmen immer drastischer wird. Dieses Problem ist in manchen Erdgegenden gravierender als anderwärts, aber letzten Endes wird es uns alle betreffen. Denn es gibt auf der Erde ja wirklich keinen Ort mehr, an dem man sich sicher verstecken könnte, nicht wahr? Wir sind nur ein einziger recht kleiner Planet, nicht? Und wir haben es für uns selber ziemlich ungemütlich gemacht – und schwierig.«

»Für einige schwieriger als für andere«, sagte Carpenter.

»Im Moment, Mister Carpenter. Derzeit, da gebe ich dir recht, hat die Verlagerung der globalen Niederschläge in die Region, aus der ich komme, für mein Land große und überraschende Vorteile gebracht.«

Das auch, dachte Carpenter, und die generelle Ächtung fossiler Brennstoffe, die dazu führte, dass die Reichtümer, die die arabische Welt während der Jahre hatte anhäufen können, in denen die Welt vom Öl abhängig war, zu Nichts zerstoben, und sie sich gezwungen sahen, sich an ihre Erzfeinde, die Israelis, zu wenden und um technologische Hilfe zu bitten.

»Doch ist das nur ein Vorteil von kurzzeitlichem Wert«, sprach Enron weiter. »Wenn wir Leute aus dem Nahen Osten sagen, wir sind nicht betroffen von den Umweltschwierigkeiten, unter denen derzeit andere Regionen der Erde leiden – ja, dass wir sogar enorm davon profitiert haben –, dann hat das etwas von Luxusklasse-Passagieren auf den oberen Decks eines sinkenden Ozeandampfers, die sich gegenseitig versichern, dass für sie überhaupt keine Gefahr besteht, weil ja nur die miese andere Hälfte des Schiffs sinkt, und wenn diese Leute dort unten ertrunken sind, dann wird für uns mehr Kaviar bleiben …« – Enron genoss seinen abgetakelten Witz offensichtlich und lachte ausgiebig –, »weil nur die miese andere Hälfte versinkt. Versteht ihr, ja? Wir alle atmen die gleiche Luft, ist es nicht so? Es müssen Lösungen gefunden werden, oder wir saufen alle miteinander ab. Deshalb plant meine Zeitschrift eine ganze Nummer über die Probleme und ihre möglichen Lösungen. Und du, Dr. Rhodes, und deine Arbeit, die außergewöhnlichen Entwicklungspotenziale deiner Arbeit …« Enrons Augen glitzerten nun wieder. Das schmale, ausdrucksvoll-kantige Gesicht strahlte vor sprungbereiter Intelligenz. Eindeutig, jetzt machte er sich daran, seine wirkliche Beute einzukreisen. »Wir glauben, dass deine Arbeiten, sofern wir ihre Zielsetzungen korrekt interpretieren, als einzige vielleicht einen Weg aufzeigen können, wie die Rettung der Menschheit auf der Erde zu bewerkstelligen sein könnte.«

Und plötzlich sagte Isabelle Martine sehr laut: »Jesus, nein! Nein! Gotte helfe uns allen, wenn das wahr ist, was du gerade gesagt hast! Nicks Arbeit die einzige Rettung? Himmel, seht ihr denn nicht, dass seine Arbeit selbst das beschissene Problem ist und dass sie auf keinen Fall eine Lösung bringt!«

Carpenter hörte Rhodes hastig einatmen. Er wandte sich langsam und wie betäubt Isabelle zu und betrachtete sie mit traurigen Augen, als kämen ihm gleich die Tränen.

Keiner sagte etwas. Sogar dem Israeli hatte es momentan die Sprache verschlagen, so heftig war der Ausbruch gewesen. Zum ersten Mal schien seine glatte Überlegenheit Risse bekommen zu haben. Die gespannten Gesichtszüge schienen sich vor Verwirrung zu lockern, und er sah aus, als sei Isabelles Ausbruch ihm vollkommen unbegreiflich. Er blinzelte ein paar Mal und starrte sie an, als hätte sie nach der Weinflasche gegriffen und sie über dem Tisch ausgeleert.

Schließlich sagte Rhodes mit sanftem Ton in die angespannte Stille hinein: »Ms. Martine und ich sind uns in politischen Fragen nicht immer einig, Mr. Enron.«