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In der Andockbucht wartete ein Empfangskomitee auf Farkas: ein kleiner Mann und eine große Frau. Der Mann sah für ihn aus wie eine gelbe Spiralkette um einen invertierten grünen Kegel; die Frau war ein vertikaler Strom eines glattgewebten blauen Stoffes. Er bekam ihre Namen nicht so recht mit, fand aber, das spiele keine Rolle. Der Mann hatte irgend etwas mit Technik zu tun, war aber sichtlich weiter nicht bedeutend, und die Frau stellte sich als Stufe-Zwanzig von der Verwaltung vor. Farkas hatte schon vor langer Zeit herausgefunden, dass man sich nicht die Mühe zu machen brauchte, sich die Namen von Zwanzigergraden zu merken.

»Auf dich wartet ein Auftragsbescheid, Mr. Farkas«, sagte die Zwanziger sofort. »In deinem Logistikkasten. Du kannst es in deinem Zimmer abrufen.« Es schien ihr Mühe zu bereiten, bei seinem Anblick die Fassung zu wahren.

»Danke. Außerdem verlangte ich ein Gespräch mit Dr. Wu. Hast du dazu irgendwelche Direktiven?«

Die Zwanzigerin sah unsicher zu dem Techniker. »Paolo?«

»Positiv. Dr. Wu soll für eine Unterredung mit Expediter Farkas auf seinen Wunsch hin zur Verfügung stehen.«

»Schön. Also, ich wünsche es. Jetzt.«

Die Zwanzigerin wirkte bestürzt über die rasche Reaktion. »Du möchtest Dr. Wu jetzt gleich sprechen? Noch bevor wir dich in dein Quartier bringen können?«

»Ja. Wenn es geht.«

»Also«, sagte die Zwanzigerin. »Selbstverständlich. Kein Problem, Mr. Farkas. Sie ist aber in einem Sicherheitstrakt, verstehst du. Ich werde einen zusätzlichen Check machen müssen, aber das dauert nur eine Minute.«

Sie, dachte Farkas. Aber ja doch. Für diese Leute war Dr. Wu eine Frau. Er würde seine Vorstellungen, was Wu betraf, umprogrammieren müssen, oder es würde Verwirrung geben, das begriff er.

Die Zwanzigerin trat ein paar Schritte beiseite und tippte eifrig Codes in ein Terminal. Es dauerte aber dann doch etwas länger, als sie versprochen hatte, bis die Erlaubnis, Wu zu sprechen, zustande kam. Offensichtlich gab es da Komplikationen. Schließlich aber bekam sie das Okay.

»Wenn du bitte mitkommen würdest, Mr. Farkas …«

Cornucopia war völlig anders als Valparaiso: kahl, funktional, reine Industriestruktur, Unmengen von unverkleideten Trägern und Streben und dergleichen. Sogar Farkas fühlte und ›sah‹ die Unterschiede sofort. Hier gab es keine Brunnen, keine Kaskaden, keine üppigen Reben oder Bananenstauden, sondern nur nüchterne nackte Firmenfunktionalität. Und hier oben wurden alle möglichen Forschungsprojekte durchgeführt. Es war billiger, einen ganzen Raumsatelliten hier draußen aufzubauen, als auf der Erde zu versuchen, ein richtig steriles Labor zu errichten. Wissenschaftliche Forschung erforderte nun einmal saubere sterile Luft- und Wasserbedingungen. Außerdem bestand in einem Satelliten natürlich die Möglichkeit, unter variabler Schwerkraft zu arbeiten, ein Vorteil, so hatte Farkas gehört, der in bestimmten wissenschaftlichen Sektoren höchst nützlich war.

Paolo und die Zwanzigerin geleiteten ihn durch mehrere Sicherheitsschleusen und tonnenförmige Gänge und schließlich in eine Art Vorzimmer, wo ein Android Farkas um ein Tröpfchen Blut bat, um sein Serummuster mit dem im Firmenarchiv zu vergleichen, anscheinend um sicherzustellen, dass er die Person war, die zu sein er behauptete, und nicht irgendein Betrüger, der sich die Augen wegoperieren ließ, um an einen Ort zu gelangen, wo er nichts zu suchen hatte. Den Androiden kümmerte es nicht die Spur, dass so etwas höchst unwahrscheinlich, oder dass Farkas ein Neuner war und Prestigeträger. Er hatte seine Befehle. Reich mir deinen Finger, Sir …

Verdammt, also schön. Farkas streckte ihm den Finger entgegen. Er war es gewohnt, sein Blut für Identifizierungszwecke zu vergeuden. Die normale Regelprozedur der Firma war ein Retinalscanning zur Feststellung der Identität. Aber bei ihm war das ja nun leider nicht möglich.

Der Android zapfte ihm den Blutstropfen ab, grob und sachlich, und führte ihn unter einen Scanner.

»Identifikation bestätigt«, sagte er dann. »Du darfst jetzt hinein, Expediter Farkas.«

Wu befand sich in einem abgeschlossenen Bereich in einem Raum, der etwas bequemer wirkte als eine Gefängniszelle und etwas weniger angenehm als ein Hotelzimmer. Als Farkas eintrat, blieb die Frau reglos an dem Tisch am anderen Ende des Raums sitzen.

Farkas wandte sich zu der Zwanzigerin, die mit dem Techniker Paolo dicht hinter ihm stand.

»Ich möchte privat mit Dr. Wu sprechen.«

»Es tut mir leid, Expediter Farkas. Eine private Unterhaltung wurde nicht genehmigt.«

»Ach?«

»Wir haben Anweisung, während des Gesprächs dabei zu sein. Es tut mir leid, Expediter Farkas.«

»Ich beabsichtige nicht, ihn umzubringen. Sie, meine ich natürlich.«

»Wenn du wünschst, könnten wir ein formelles Gesuch einreichen und um eine Ausnahmegenehmigung bitten, doch das würde eventuell einige Zeit …«

»Vergessen wir's«, sagte Farkas. Verdammt, sollen sie doch zuhören. Er wandte sich Wu zu. »Hallo, schon wieder mal, Doktor.«

»Was willst du von mir?«, fragte Wu. Es klang nicht übermäßig erfreut.

»Nur ein kleiner freundschaftlicher Besuch. Ich habe um die Erlaubnis gebeten, ein paar Worte mit dir sprechen zu dürfen.«

»Bitte. Ich bin jetzt Angehöriger der Firma Kyocera-Merck. Ich habe das Recht auf Ungestörtheit außerhalb meiner Dienststunden.«

Farkas setzte sich auf eine Art niederes Sofa neben dem Tisch. Er sagte ruhig: »Ich fürchte, Dr. Wu, es bleibt dir keine Wahl. Ich habe offiziell um dieses Treffen gebeten, und mein Ersuchen wurde positiv bewertet. Aber ich wünsche, dass dies hier ein freundschaftlicher Besuch bleibt.«

»Freundschaftlich?«

»Genau. Ich meine es ganz ehrlich. Wir sind keine Feinde. Wie du gerade sagtest, wir sind im Dienst der Firma.«

»Was willst du also von mir?«, fragte Wu erneut.

»Das sagte ich doch schon. Nur ein Höflichkeitsbesuch. Das Vergangene ist vorbei, verstehst du, was ich damit sagen will?«

Wu gab keine Antwort.

Farkas sprach weiter: »Also, sag mir, wie es dir in deiner neuen Umgebung gefällt? Alles zu deiner Zufriedenheit? Was hältst du von dem Labor, das man für dich eingerichtet hat?«

»Die Umstände sind so, wie du es hier siehst. Ich habe an schlimmeren Orten gelebt – und an besseren. Was das Laboratorium betrifft, das ist sehr gut. Die meisten Apparate übersteigen zwar mein Verständnis.« Wus Stimme klang flach, dumpf, eintönig und tot, als würde es ihn/sie zuviel Kraft kosten, den Stimmton ein wenig zu modulieren.

»Du wirst damit umgehen lernen«, sagte Farkas.

»Möglich. Vielleicht auch nicht. Meine Fachkenntnisse sind seit Jahren überholt. Seit Jahrzehnten. Es gibt keine Garantie, dass ich fähig sein werde, die Arbeit auszuführen, die ihr Leute von mir erwartet.«

»Da mach dir mal keine Gedanken«, sagte Farkas. »Du bist hier. Und hier wirst du bleiben, bequem und gut versorgt, bis du was Brauchbares produzierst, oder bis die Firma entscheidet, dass du wirklich nichts Brauchbares bringst. Ich vermute aber, sobald du dich mit den Gegebenheiten in deinem neuen Lab vertraut machst, werden dich die Fortschritte begeistern, die auf deinem Gebiet gemacht wurden, seit du ausgeschieden bist, und du wirst sehr rasch deine frühere Geschicklichkeit wiedergewinnen und auch sämtliche neuen Techniken erlernen. Außerdem, Doktor, es gibt ja hier für dich keinerlei Risiko, nicht wahr? Deine Arbeit wird absolut legal sein.«

»Meine Arbeit war stets absolut legal«, sagte Wu mit der gleichen monotonen Roboterstimme.

»Ach. Ach ja, genau darüber wollte ich auch mit dir sprechen.«

Wu schwieg.

Farkas fragte: »Ist dir jemals der Gedanke gekommen, Dr. Wu, dass die Versuchspersonen bei deinen Experimenten in dem Loboratorium in Taschkent nicht unbedingt ihr Genmaterial verändert zu haben wünschten?«