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Ihre Augen funkelten ihn an. Theatralisch böse, ein Kind, das Verschlagenheit mimt.

»Ich glaube, ich sollte es dir wirklich nicht sagen.«

»Ach, komm schon. Sag es mir.«

»Aber du behältst es ganz und gar für dich, ja?«

»Was soll ich behalten? Ich verstehe nicht.«

»Das muss man sich mal vorstellen. Ich nehme einem Spion einen Schwur der Geheimhaltung ab! Aber du bist sowieso in ein paar Tagen fort, und außerdem hat das alles für dich gar keine Bedeutung. Israel ist davon nicht im geringsten betroffen.«

»Ja, dann kannst du es mir ja ruhig sagen.«

»Ja. Also, ich werde es dir sagen.« Wieder der hastige Blick des ›bösen kleinen Mädchens‹. »Aber du behältst es ganz bestimmt für dich? Abgemacht?« Ich hab ein Geheimnis, aber dir werd' ich es sagen, aber nur dir, weil du mein Freund bist und ich dich so süß finde.

»Ich schwör's.« Was für ein Blödsinn!

»Du hast ganz recht, Valparaiso Nuevo ist eine Welt für Schutzsuchende und Kriminelle jeder Art, die der dortigen Regierung Geld bezahlen, damit die sie vor Fahndern beschützt, die sie aufspüren könnten. Chef ist so ein verrückter alter lateinamerikanischer Diktator, der dort seit dem ersten Jahr am Ruder ist.«

»Ich komme immer noch nicht mit. Was hat das alles mit dir zu tun?«

»Ich habe einen Freund in L. A.«, sagte Jolanda. »Und der gehört zu einer Gruppe von Guerrilleros, sozusagen. Und die planen, sich dort einzuschleichen und die Kontrolle zu übernehmen. Sie wollen den ganzen Laden übernehmen, die Kriminellen festnehmen und gegen Kopfgeld ausliefern. Wenn sie die alle verkaufen, bringt das ein Riesenvermögen ein. Und dann wollen sie dort leben wie die Könige und Königinnen. Frische Luft, sauberes Wasser, ein ganz neues Leben.« Ihr Blick wirkte seltsam starr und fiebernd, glasiger noch als der gewöhnliche drogenglänzende Ausdruck. Es war, als starrte sie an ihm vorbei oder durch ihn hindurch in eine schimmernde Welt der erfüllten Wunschträume. »Mein Freund fragte, ob ich mich ihnen anschließen möchte. Wir wären Milliardäre. Ein ganze kleiner Planet würde uns gehören. Und es soll schön sein, da droben in den L-5-Welten.«

Enron war auf einmal wieder völlig nüchtern.

»Und wann soll das alles stattfinden?«, fragte er.

»Ach, schon sehr bald. Ich glaube, sie haben gesagt, sie würden …« Jolanda drückte die Hand auf den Mund. »Guter Gott, schau, was ich da angestellt habe! Ich hätte dir kein Wort von dem Ganzen sagen dürfen.«

»Aber nein, es interessiert mich sehr, Jolanda.«

»Hör zu, Marty, es ist gar nicht wahr, kein Wort davon! Es ist bloß eine Story, eine Idee für einen Film, mit der sie herumspielen, es hat keinen realen Hintergrund, überhaupt keinen! Du darfst das nicht ernst nehmen. Es ist alles erfunden!« Sie starrte ihn voll Entsetzen an. Langsam und düster sagte sie dann: »Du hättest mich nicht so viel Wein trinken lassen dürfen. Bitte vergiss alles, was ich dir gerade gesagt habe, über Valparaiso Nuevo. Alles! Ich könnte große Schwierigkeiten bekommen, wenn … wenn …« Sie begann zu weinen, mit heftigen abgehackten Schluchzern, die ihren ganzen Körper schüttelten. Seine Hand steckte noch immer zwischen ihren Schenkeln, und er fürchtete, dass sie ihm mit ihren konvulsivischen Bewegungen das Gelenk verstauchen könnte.

»Scht. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, Jolanda. Ich sage kein Wort darüber, zu niemand.«

Hoffnung glomm in ihren Augen auf, aber sie wirkte noch immer schreckerfüllt.

»Schwörst du es? Die würden mich umbringen!«

»Ein geschickter Spion beschützt seine Informationsquellen, Liebes. Ich bin ein sehr geschickter.«

Aber sie zitterte immer noch.

Enron sagte: »Aber etwas musst du schon tun für mich. Ich möchte mich mit deinem Freund aus Los Angeles treffen. Ich möchte mit ihm reden, mit seiner Gruppe. Mit ihm zusammenarbeiten.«

»Im Ernst?«

»Ich scherze nie, Jolanda.«

»Aber was ich dir gerade gesagt habe, hat doch nichts zu tun mit …«

»Aber ja doch. Es gibt Leute in Valparaiso Nuevo, die für den Staat Israel von großem Interesse wären, da bin ich mir ganz sicher. Und wenn diese Leute zum Verkauf kommen sollen, würden wir uns gern mit den Anbietern so früh wie möglich in Verbindung setzen. Und in diesem Zusammenhang wären wir möglicherweise bereit, deine Freunde bei ihrem Projekt recht beträchtlich in materieller Weise zu unterstützen. Wie ist der Name deines Freundes in Los Angeles?«

Jolanda zögerte, bevor sie antwortete.

»Davidov. Mike Davidov.«

Enron spürte, wie sein Pulsschlag sich beschleunigte. »Jude?«, fragte er.

»Ich glaube, nein. Ich denke, das ist ein russischer Name. Er sieht irgendwie russisch aus.«

Enron nahm die Hand zwischen ihren Schenkeln fort und begann wieder, ihre Brüste zu streicheln. Mit seiner verführerischsten Stimme sagte er: »Nimm mich mit nach Los Angeles und mache mich mit deinem Freund, Mr. Davidov, bekannt.«

»Ich weiß nicht, Marty – ich glaube, ich sollte nicht …«

»Morgen. Mit der Fähre um neun.« Das klang nicht mehr beschwörend, sondern wie ein Befehl.

»Es hätte keinen Zweck«, sagte sie. »Er ist schon weg nach Valparaiso. Die meisten entscheidenden Leute sind schon dort, um die Lage zu sondieren.«

»Aha, verstehe«, sagte er.

Dann dachte er stumm eine Weile nach.

Sie nutzte die Bresche sofort, die er ihr bot. »Weißt du, was ich jetzt möchte?«, fragte sie. »Ich möchte nicht mehr von all dem reden. Ja? Ich hab einen kleinen Schwips. Also, mehr als nur 'nen kleinen. Ich habe viel zu viel gequasselt, und ich mag jetzt nicht mehr reden.«

»Aber wenn du mir nur …«

»Nein, Marty. Es ist zu gefährlich. Du würdest es nur benutzen, was immer ich dir sagen könnte. Aber ich will, dass du mich jetzt anders benutzt.«

»Benutzt?«

»Du müsstest es eigentlich wissen, was ich meine. Aber schön, ich geb dir einen Hinweis.«

Sie packte ihn an den Schultern und zog ihn mit sich auf den Boden. Sie landeten in einem Gewirr von Armen und Beinen, sie lachten, und rasch vergrub er sich in ihrer schwellenden Üppigkeit. Eine heiße Duftmischung stieg von ihr zu ihm auf, Wein und Lustbereitschaft und Schweiß und, dachte er, der Geruch vom Screen, mit dem sie ihre wundervolle Satinhaut schützte. Gut. Gut. Er verlor sich in ihr. Und für den Moment hatten sie ja wirklich genug geredet, fand er. Er hatte sich geduldig seit Stunden zurückgehalten und mit ihr Spionage gespielt; jetzt erlaubte er es sich, seinen Beruf für ein Weilchen abzustreifen.

»Oh, Marty!«, murmelte sie wieder und wieder. Er verbiss sich in die schweren Brustkugeln, als wären sie Melonen, und er führte mit dem wütenden Eifer eines Propheten seine Lanze und kämpfte sich in die geheimnisvollen, scheinbar unendlichen Tiefen ihres zuckenden Schoßes vor. »Marty – Marty – Marty!« Sie krümmte ihren Leib hoch, die Beine weit gespreizt, die Füße schwankten irgendwo hinter seinem Rücken in der Luft, und sie rammte ihre Schenkel bei jedem seiner Stöße heftig gegen seine Flanken. Diese Jolanda zu beschälen, das war wie die Entdeckung eines unbekannten Kontinents, dachte er. So groß und so feucht, so fremd und voller Wunder und Neuheit. Aber so ging es ihm mit jeder neuen Frau. Der jüdische Balboa, der jüdische Mungo Park, Orellana, Pizarro pflügt unverdrossen weiter durch einen undurchquerten haarigen Dschungel nach dem anderen auf seiner ewigen Suche nach den unauffindbaren Reichtümern im Innern ihrer heißen bebenden Herzen. Aber diese hier war ein größeres Rätsel als die meisten anderen Frauen. Sie war das geheimnisumwobene Königreich des Priesters Johannes, das verlorene El Dorado.