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Hinterher lagen sie nackt Seite an Seite, leise lachend, die Leiber vom Schweiß sanft schimmernd in der Hitze der Nacht.

»Es ist zu spät, noch irgendwohin essen zu gehen«, sagte sie dann. »Ich mache uns hier was zurecht. Einverstanden?«

»Was immer du lieber willst«, sagte er.

»Und dann kannst du dir vielleicht meine dritte Skulptur anschauen. Den Agamemnon. Hast du Lust dazu?«

»Vielleicht etwas später«, sagte er unbestimmt. »Ja. Ja, so machen wir's.«

Sie war eine sehr amüsante Frau, entschied er auf einmal. Und nützlicher, als er vermutet hatte. Dies sollte dann doch nicht ihre letzte Nacht gewesen sein, nicht soweit es an ihm lag.

Als sie sich gewaschen und angezogen hatten und sie in der Küche herumhantierte, rief er zu ihr hinüber: »Was du mir da gesagt hast, dass die Anführer dieser Aktion bereits nach Valparaiso Nuevo aufgebrochen sind, stimmt das?«

»Marty, bitte! Ich dachte, wir sprechen nicht mehr darüber …«

»Stimmt es?«

»Marty!«

»Ist es wahr, Jolanda? Ich muss es wissen.«

Geschepper von Töpfen und Pfannen. Dann: »Ja. Sie sind bereits droben. Einige von ihnen, wie ich sagte.«

Enron nickte langsam. »Ja, also dann. Dann habe ich einen Vorschlag. Bitte nimm ihn sehr, sehr ernst. Was hältst du von einem kleinen Trip nach Valparaiso Nuevo mit mir, Jolanda?«

Kapitel 12

Tief hier draußen in den kalten Breiten des Südpazifiks, irgendwo zwischen San Francisco und Hawaii, war die See ein unheimliches Gulasch von Meeresströmungen, kalten Massen, die von der Antarktis herauftrieben, und kühlen aufsteigenden Spiralen vom Meeresgrund und kleinen heißen Flüssen, die von dem sonnenverbrannten Kontinentalschelf weit im Osten herüberrollten. Manchmal sah man Dampf aufsteigen, wo kalte Wasser auf warme trafen. Eine irre Gegend, um hier nach Eisbergen zu fischen, dachte Carpenter. Aber die Albedo-Anzeigen besagten, dass da irgendwo ein großer Eisberg war, und deshalb war auch die Tonopah Maru zur Stelle.

Er saß vor dem Scanner in der bedrückend engen Zelle, die der Kommandoraum des Schiffs war, und massierte die Zahlen. Es war Vormittag. Die Screenspritze, die er in der Morgendämmerung genommen hatte, brodelte noch wie flüssiges Gold in seinen Arterien. Fast konnte er es fühlen, wie das Schutzmittel sich langsam nach außen in die Kapillargefäße tastete und angenehm prickelnd in seine Haut vordrang, wo es wie jeden Tag seine Aufgabe erfüllen und ihn mit einer neuen Schutzschicht gegen Ozonrisse und das sengende Dämonenauge der Sonne versorgen würde. Hier draußen auf See musste man sich wirklich mit den Infra-/ Ultra-Drogen vollpumpen, weil die Wasseroberfläche das Licht wie ein Spiegel reflektierte und dir ins Gesicht schleuderte. Seit dem Auslaufen aus San Francisco hatte Carpenter seine reguläre Dosis Screen nahezu verdoppelt, um den Schutz aufzubauen, und inzwischen hatte seine Haut einen irisierenden, schimmernden grünlichpurpurnen Ton bekommen. Es sah seltsam unvertraut aus, aber es gefiel ihm.

Bisher war die Fahrt recht gut verlaufen, abgesehen von der Kleinigkeit, dass sie bislang noch keinen Eisberg ausgemacht hatten. Doch es sah so aus, als wäre dieses Problem jetzt gelöst.

»Da haben wir möglicherweise eine Masse von zweitausend Kilotonnen vor uns«, sagte Carpenter und sah in den Keramikfaserkegel. »Nicht übel, wie?«

»Nicht für unsre beschissene Zeit, nee«, antwortete Hitchcock. Sein Ozeanograph/Navigator war alt genug, dass er sich noch an die Zeit erinnern konnte, wo treibende Eisberge niemals weiter nördlich als im südlichen Chile gesichtet worden waren, und er genoss es stets, einen daran zu erinnern, dass er sich erinnerte. »Mann, wenn heute ein Berg bis hier rauf noch so groß ist, dann muss der mindestens drei Grafschaften lang gewesen sein, wie der vom verdammten Polarschelf abgebrochen ist. Bist du sicher, du hast die Zahlen richtig, Mann?«

Die unterschwellige Herausforderung ließ Carpenters Augen funkeln, und in seinem Innern ringelte etwas sich zornig zum Angriff zusammen und verschwand mit einer heißen dünnen Spur wieder. Hitchcock konnte nie auf Anhieb etwas gut finden, was Carpenter tat. Die Spannungen waren Tag um Tag gewachsen, seit sie aus der Bucht von San Francisco ausgelaufen waren. Obwohl Hitchcock es abstritt – viel zu laut –, war es ziemlich klar, dass er nicht wenig verärgert darüber war, dass man ihm einen Außenseiter vorgezogen und zum Kapitän gemacht hatte, noch dazu eine Landratte, einen Gehaltsbezieher der Firma. Vielleicht hielt er das für Rassismus. Aber da irrte er sich. Carpenter war auf der Managerspur, und Hitchcock war es eben nicht. Und mehr steckte da nicht dahinter.

Carpenter sagte säuerlich: »Willst du selber den Visor checken? Da. Da, sieh's dir an.«

Er bot Hitchcock den Knüppel an. Aber der schüttelte nur den Kopf.

»Locker, Mann. Was der Schirm da sagt, für mich is' das okay.« Hitchcock grinste entwaffnend mit mahagonidunklen Zahnstummeln.

Auf dem Visor tanzten undurchdringliche Wirbel und Zacken, Schwarz auf Grün, Grün über Schwarz, gelegentlich blühte ein scharfes Gelb auf. Der Sucherstrahl der Tonopah Maru lief 22 500 Meilen weit direkt hinauf zum großen maritimen Scansat der Nippon Telecom, der sein starres gläsernes Auge unentwegt über den gesamten östlichen Pazifik streifen ließ, um dort Albedodifferenzen aufzuspüren. Die Reflexionswerte von Eisbergen waren andere als die von der Meeresoberfläche. Man suchte Abweichungen, holte sich Bestätigung durch die Temperaturanzeigen, scannte die Masse, um festzustellen, ob sich die Fahrt lohnen würde. Wenn es so aussah, steuerte man den Trawler schnell dorthin, um sich das Ding zu schnappen, bevor es ein anderer konnte.

Daheim in Frisco, da war er sicher, lagen sie jetzt wahrscheinlich in den Straßen auf den Knien und beteten, dass er endlich Glück haben möge. Die wunderschöne Stadt an der Bucht, jetzt ein Staubhaufen unter diesem hitzigen, erbarmungslosen Treibhaussuppenhimmel voller interessanter vielfarbiger Giftgase, sehnte sich den Regen entgegen, die jetzt fast nie mehr kamen. Seit zehn, elf Monaten etwa hatte es in der Pazifikküstenregion schon nicht mehr geregnet. Höchstwahrscheinlich wimmelte die See hier jetzt von Trawlern – aus Seattle, San Diego, Los Angeles. Laut Nakata hatten die Angelenos mehr Schiffe laufen als sonst eine Stadt.

Carpenter sagte: »Fangt an und gebt die Nachricht durch. Der Berg liegt hier drunten, SüdSüdWest. Wenn wir ihn morgen an den Haken kriegen, können wir etwa Dienstag in einer Woche mit ihm in San Francisco sein.«

»Falls er nicht vorher schmilzt. Diese verdammte Hitze.«

»Er ist zwischen der Antarktis und hier nicht geschmolzen, also schmilzt er auch nicht bis nach Frisco. Setz dich in Bewegung, Mann. Wir wollen doch nicht, dass L. A. uns zuvorkommt und ihn sich angelt.«

Am frühen Nachmittag hatten sie das Ding im optischen Detektor, zuerst vom Spysat des Samurai Wetterdienstes ein Höhenbild, dann flippte über eine Marinerelaisboje ein Bild in Meereshöhe herein. Der Berg sah aus wie eine schwimmende Burg, prachtvoll und erhaben, unzählige rosa Türme, indigoblaue Wälle, weißblaue Zinnen. Und es war ein Eisberg vom Trockendock-Typ, zwei hohe Flanken mit einer Mulde dazwischen, und er war etwa zweihundert Meter lang und ragte weit aus der See auf. Diesige Nebelvorhänge verbargen die Kanten, und das akustische System des Schiffs fing das krachende Sprudeln der Abschmelze auf, wenn kleinere Eisteile sich lösten und in die See glitten. Das ganze Gebilde bestand aus Gletschereis, also komprimiertem Schnee, und wenn das schmilzt, dann erfolgt das mit einem Zischen.