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„Dieser Fremde hat herumgeschnüffelt. Der kriegt jetzt eins mit dem Schraubenschlüssel ab.“

„Ich wollte nichts Böses“, dröhnte die Stimme des Fremden traurig. „Nur philosophisches Interesse an Ihren seltsamen Maschinen, sonst nichts. Wenn ich einen Ihrer Bräuche damit verletzt habe, bitte ich untertänigst dafür um Entschuldigung. Mein Volk will niemanden beleidigen.“

Ich stellte mich zwischen die beiden, sorgfältig bedacht, nicht in Reichweite von Murchisons Schraubenschlüssel zu kommen. Er stand mit geblähten Nüstern und funkelnden Augen da. Sein Atem ging schwer und keuchend.

Er ging zwei Schritte auf mich zu. „Ich habe gesagt, Sie sollen hier verschwinden. Das ist meine Kabine, Loeb. Niemand hat hier etwas zu suchen.“

„Legen Sie diesen Schraubenschlüssel weg, Murchison. Das ist ein dienstlicher Befehl.“

Er lachte verächtlich. „Als Signaloffizier hat mir niemand außer dem Kapitän etwas zu befehlen, wenn ich der Meinung bin, daß die Sicherheit des Schiffes in Gefahr ist. Und dieser Meinung bin ich. Hier ist ein gefährlicher Fremder an Bord.“

„Seien Sie doch vernünftig“, bat ich. „Der Shaulaner ist nicht gefährlich. Er wollte sich nur umsehen. Er war nur neugierig.“

Der Schraubenschlüssel drohte. Ich wünschte, ich hätte einen Strahler bei mir, aber ich hatte natürlich nicht daran gedacht, eine Waffe mitzubringen. Der Fremde sah Murchison ganz ruhig an, als verließe er sich darauf, daß der andere unter keinen Umständen jemand so Alten und Gebrechlichen schlagen würde.

„Sie gehen am besten“, sagte ich zu dem Fremden.

„Nein!“ brüllte Murchison. Er schob mich beiseite und griff den Shaulaner an.

Der Fremde stand ruhig und reglos da. Ich versuchte Murchison wegzuziehen, aber das war unmöglich.

Wenigstens benutzte er den Schraubenschlüssel nicht. Er ließ ihn klirrend auf den Boden fallen und schlug den Fremden mit der flachen Hand ins Gesicht. Der Shaulaner trat einen Schritt zurück. Ein blauer Blutfaden rann aus seinem Mund.

Murchison hob zum zweitenmal die Hand. „Verdammter Schnüffler. Ich werde dich lehren, in meiner Kabine herumzustöbern!“ Wieder traf seine Hand den Fremden.

Diesmal fiel der Shaulaner wie ein Klappmesser zusammen und blieb auf dem Boden liegen. Seine drei tiefschwarzen Augen richteten sich anklagend auf Murchison.

Murchison erwiderte den Blick. Die beiden blickten einander eine lange Weile starr an, daß es förmlich den Anschein hatte, als wären ihre Augen durch ein unsichtbares Band verbunden. Schließlich wandte Murchison den Blick ab.

„Hinaus!“ murmelte er.

Der Shaulaner stand auf und ging. Er hinkte noch ein wenig, schien ansonsten jedoch unverletzt. Diese Fremden waren zäher als es den Anschein hatte.

„Ich schätze, Sie werden mich jetzt in die Arrestzelle stecken“, sagte Murchison zu mir. „Okay, ich komme freiwillig mit.“

* * *

Das taten wir jedoch nicht, denn dadurch hätten wir gar nichts gewonnen. Statt dessen bekam er die ,stumme Behandlung’.

Die Männer vom Stützpunkt wollten überhaupt nichts mit ihm zu tun haben, denn sie hatten in ihrem einen Jahr auf Shaula einen Respekt für die Fremden entwickelt, der beinahe an Verehrung grenzte, und ein Mann, der sich nicht scheute, körperliche Gewalt anzuwenden — nun, er war einfach nicht wert, daß man auch nur ein Wort an ihn verschwendete.

Auch die Leute unserer Mannschaft schlugen einen großen Bogen um ihn. Er ging zwischen uns herum, eine machtvolle Gestalt mit dem Stempel des Ärgers und der Einsamkeit im Gesicht und sprach keinen von uns an, und niemand von uns sprach mit ihm. Jedesmal, wenn er einen von den Fremden sah, war er darauf bedacht, einen möglichst großen Umweg um ihn zu machen.

Murchison bekam einen zweiten Minuspunkt in seine psychologische Beurteilung verpaßt, und dieser Minuspunkt bedeutete, daß er nie wieder eine Welt würde besuchen dürfen, die von intelligenten Wesen bewohnt war. Das war eine Vorschrift des Raumbüros, eine der vielen Vorschriften, die immer dann in Kraft traten, wenn das Unglück schon passiert war.

So vergingen drei Tage auf Shaula. Am vierten Tag nahmen wir die achtundzwanzig abgelösten Männer an Bord, verabschiedeten uns von Gloster und seinem Stab sowie den achtundzwanzig Männern, die wir herausgebracht hatten und — mit einem gewissen Schuldgefühl — von den Shaulanern.

Die sechs, darunter auch der eine, der den Zusammenstoß mit Murchison gehabt hatte, erschienen zu unserem Start. Sie wünschten uns ohne eine Spur von Bitterkeit Glück, und ich wunderte mich zum hundertsten Male über ihre Geduld, ihre Weisheit und ihr Verständnis.

Ich hielt Azgas rauhe Hand in der meinen und brachte endlich fertig, ihm das zu sagen, was ich schon seit unserem ersten Zusammentreffen hatte sagen wollen — wie sehr wir hofften, eines Tages auch das geistige Gleichgewicht und die innere Ruhe der Shaulaner zu erreichen. Er lächelte freundlich und sagte noch einmal Lebewohl, und dann kletterte ich in das Schiff.

Wir führten die üblichen Klarschiff-Prüfungen vor dem Start durch und machten uns dann bereit zum Abflug. Die Fernmeldeanlage funktionierte hervorragend — Murchison schien seine üblichen Klagen diesmal ganz vergessen zu haben — und wir starteten in Rekordzeit.

Ein paar Tage Flug mit Ionenantrieb, drei Wochen Hyper, ein paar Tage Bremsbeschleunigung mit Ionenmotor, und wir würden wieder auf der Erde sein.

* * *

Die Wochen schleppten sich natürlich langsam hin. Wenn die Erde vor einem liegt, ist das immer so. Aber nach dem unendlichen Grau des Hyperfluges kam jenes plötzliche Ziehen, und dann das Gefühl des Dahingleitens, als der Bohling-Generator uns in den Normalraum zurückwarf.

Ich drückte den Knopf meines Sprechgerätes und hörte Navigator Henrichs gerade sagen: „Murchison, die Koordinaten bitte.“

„Augenblick“, knurrte Murchison. „Sie kriegen Ihre Koordinaten, sobald ich sie habe.“

Eine kleine Weile war es still, dann fragte Kapitän Knight: „Murchison, was ist mit den Koordinaten? Warum kommen die nicht? Wo sind wir denn überhaupt? Schalten Sie doch die Bildschirme ein!“

Bitte, Kapitän.“ Murchisons schwere Stimme klang erstaunlich höflich. Und dann war der gute Eindruck wieder dahin. „Bitte seien Sie jetzt so freundlich und halten Sie die Klappe, damit ich nachdenken kann.“

„Murchison …“, wollte Knight aufbrausen und hielt dann inne. Das eine wußten wir alle über unseren Signaloffizier: er tat, was ihm paßte. Niemand konnte ihn zu etwas zwingen.

So warteten wir, während wir in der Nähe der Erde blind um unsere Längsachse taumelten. Solange Murchison es nicht für richtig hielt, uns die Koordinaten anzugeben, gab es keine Methode, das Schiff zu landen.

Weitere drei Minuten verstrichen. Dann flackerte das Signallämpchen für den Privatstromkreis auf, über den Knight nur zu mir sprechen konnte. „Loeb, gehen Sie in die Funkkabine hinunter und sehen Sie nach, was bei Murchison los ist“, sagte er. „Wir können nicht ewig hierbleiben.“

Ich steckte mir einen Strahler ein — ich mache ungern denselben Fehler zweimal — und verließ meine Kabine. Ich ging zum Mittelgang, bog nach links ab, ließ mich durch den Gravitationsschacht fallen und stand vor Murchisons Tür.

Ich klopfte an.

„Verschwinden Sie hier, Loeb!“ bellte Murchison von innen.

Ich hatte nicht daran gedacht, daß er eine einseitige TV-Anlage vor seiner Tür hatte. „Lassen Sie mich hinein, Murchison“, rief ich. „Lassen Sie mich hinein, oder ich zerstrahle Ihnen das Schloß.“

Ich hörte ein lautes Seufzen und dann das Klicken des Schlosses. „Dann kommen Sie meinetwegen herein.“

Ich drückte die Tür auf und schob meinen Kopf und die Mündung des Strahlers hinein, da ich schon halb damit rechnete, daß Murchison mich anspringen würde. Aber er saß an einem mit Geräten aller Art bedeckten Tisch und kritzelte Notizen. Das überraschte mich. Ich blieb stehen und wartete, daß er aufblickte.