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Als der Chef gegangen und Ware an seinen Schreibtisch zurückgekehrt war, war Jack allerdings augenblicklich verhandlungsbereit und in Hochform. Er war auf seine völlige Selbstbeherrschung sehr stolz.

»Fragen?« sagte Ware und lehnte sich behaglich zurück.

»Doch, einige, Dr. Ware. Sie haben von Spesen gesprochen. Was für Spesen meinen Sie?«

»Nun, vor allem Reisespesen«, sagte Ware. »Ich muß den ›Patienten‹ persönlich sehen. In dem von Mrs. Baines verlangten Falle bedeutet das eine Reise nach Kalifornien. Das bereitet mir einige Mühe und wird selbstverständlich in Rechnung gestellt. Meine Spesen bestehen aus Flugreise, Hotelkosten, Mahlzeiten und kleinen Sonderauslagen, über die ich natürlich, nachdem mein Auftrag ausgeführt ist, genau Rechnung ablegen werde. Und dann ist da noch das Problem, wie man bis zum Gouverneur vordringt. Wohl habe ich Kollegen in Kalifornien, aber ich werde doch einige Leute beste ... Ich meine, ich werde mir ihren guten Willen erkaufen müssen. Ich weiß, daß ich auf die Unterstützung von Consolidated Warfare zählen kann, aber trotzdem .. . Rüstungsindustrie und Magie sind eben doch Kreise, die sich kaum überschneiden. — Wenn ich es so überschlage, will mir scheinen, daß eine Zahlungsanweisung über Zehntausend nicht zu hoch gegriffen ist.«

So viel schönes Geld für Zauberei? Einfach scheußlich. Aber der Chef glaubte offenbar daran — wenigstens vorläufig. Jack fühlte sich bei alledem durchaus nicht wohl.

»Das klingt vernünftig«, sagte er, schickte sich aber nicht an, das Scheckbuch von Consolidated Warfare zu zücken. So leicht rückte er mit dem Geld nicht heraus, ehe er sich nicht überzeugt hatte, ob und inwieweit die Ausgaben gerechtfertigt waren. Vor allem fehlte es ihm noch an Vertrauen in diese seltsame Mission.

»Natürlich machen wir uns darüber Gedanken, ob alle diese Auslagen wirklich nötig sind, Herr Doktor. Es ist uns natürlich klar, daß Sie nicht darauf Wert legen, auf einem Dämon durch die Lüfte zu reiten, wenn sich die Sache per Düsenclipper bequemer erledigen läßt. . .«

»Ich bin nicht sicher, daß Ihnen das klar ist«, sagte Ware. »Aber nun hören Sie schon auf zu jammern und fragen Sie mich über das Geld.«

»Hm, ja . . . Herr Doktor, warum leben Sie denn eigentlich außerhalb der Vereinigten Staaten? Wir wissen, daß Sie immer noch Ihre Staatsbürgerschaft beibehalten haben. Und auch sonst — wir haben ja immer noch völlige Religionsfreiheit in den Staaten. Warum soll der Chef dafür bezahlen, Sie für diesen Auftrag heim nach Amerika zu schicken?«

»Weil ich eben kein gewöhnlicher Meuchelmörder oder Heckenschütze bin, der seine »Patienten« mit Schalldämpfer und Zielfernrohr erledigt«, sagte Ware. »Ferner, weil ich nicht Wert darauf lege, Einkommensteuer zu zahlen oder überhaupt irgend jemandem über mein Einkommen und meine Vermögensverhältnisse Auskunft geben will. Da haben Sie also erst einmal zwei handfeste Gründe. Zum Nutzen Ihres stets aufmerksamen Diplomatenköfferchens will ich auch noch sagen — denn Sie selbst lassen sich ja wohl nichts sagen

. . . Sie sind, weiß der Teufel, ein taubes Ohr —, wenn ich also in den Staaten lebte und mich für einen Magier erklärte, würde man mir einen Betrugsprozeß anhängen. Wenn ich mich aber dann verteidigen und erfolgreich den Wahrheitsbeweis dafür antreten wollte, daß ich wirklich ein Magier bin, dann würde ich mich bald in der Gaskammer befinden. Wenn ich mich aber nicht auf diese Art verteidigte, dann schriebe man mich einfach »wieder als einen dieser Scharlatane« ab. In Europa aber kann ich ruhig behaupten, ich sei ein Magier. Solange ich meine Klienten zufriedenstelle, läßt man mich in Ruhe. Caveat emptor. Sonst müßte ich ja doch dauernd kleinkarierte Politiker und Buchsachverständige umbringen, was kaum der Mühe wert ist. Und jetzt können Sie das Ding da abdrehen.«

Aha, es war also mit diesem Kerl doch nicht alles in Ordnung. Er nützte den Aberglauben der Leute aus. Als Mitglied der Reformierten Orthodoxen Agnostischen Kirche kannte sich Jack Ginsberg mit allen Einzelheiten solcher psychologischer Spekulationen aus — vor allem mit dem, was er die

>doppelte Buchhaltung« der Sache nannte. Er sagte also gewandt :

»Ich verstehe vollkommen. Aber haben Sie denn nicht — vor allem hier in Italien — beinahe ebensoviel Schwierigkeiten mit der Kirche, wie Sie daheim in den Staaten mit der Regierung hätten?«

»Nein, unter einem liberalen Pontifikat durchaus nicht. Die moderne Kirche ist bemüht, bei ihrer Anhängerschaft gegen den Aberglauben aufzutreten. Ich habe schon seit Jahrzehnten keinen Prälaten mehr kennengelernt, der an die buchstäbliche Existenz von Dämonen geglaubt hätte — obwohl freilich einige der Orden besser unterrichtet sind.«

»Schon, schon«, sagte Jack und ließ dann freudig erregt seine Falle zuschnappen. »Es will mir scheinen, Herr Doktor, als übertrieben Sie ein wenig — und als seien Sie mit uns überdies auch nicht völlig aufrichtig gewesen. Wenn Sie wirklich Macht über all diese großen Prinzen und Präsidenten haben, so könnten Sie dem Chef ebensogut eine Frau verschaffen, wie Sie einen Schatz oder einen Mord liefern können.«

»Natürlich könnte ich das«, gab der Magier nun schon etwas müde zu. »Ich merke, Sie haben sich in die Materie schon ein bißchen eingelesen. Aber ich habe Dr. Baines doch schon erklärt — und ich erkläre es Ihnen nun noch einmal —, daß ich nur auf Gewaltverbrechen spezialisiert bin. Also, Herr Ginsberg, Sie wollten mir doch einen Scheck für einen Spesenvorschuß ausstellen . . .?«

»Ja, ja, das stimmt schon . . .« Jack zögerte noch immer. Schließlich sagte Ware mit feinfühliger Höflichkeit:

»Kann ich vielleicht noch sonst irgendwelche Zweifel zerstreuen helfen, Mr. Ginsberg? Ich bin immerhin Doktor der Theologie. Oder wollen Sie mir vielleicht privat einen Auftrag geben?«

»Nein«, sagte Jack, »nein, eigentlich nicht.«

»Es besteht für Sie wirklich kein Grund, schüchtern zu sein. Es ist völlig offensichtlich, daß Ihnen meine Lamia gefällt. Und, um der Wahrheit die Ehre zu geben, es fehlen ihr all jene ärgerlichen Eigenschaften, die Sie an irdischen Menschenfrauen so sehr stören . . .«

»Verdammt noch einmal. Hab’ ich es mir doch gedacht, daß Sie Gedanken lesen können! Da haben Sie also auch diesbezüglich gelogen!«

»Ich lese keine Gedanken, und ich lüge nie«, sagte Ware. »Aber ich verstehe mich leidlich darauf, aus Gesichtszügen und -ausdruck zu lesen und Somatotypen oder den Phänotypus eines Menschen zu interpretieren. Das erspart mir viele Enttäuschungen, Schwierigkeiten und eine Menge überflüssiger Zauberei. Wollen Sie also das Geschöpf oder nicht? Ich kann sie natürlich auch völlig unsichtbar zu Ihnen schicken.«

»Nein.«

»Nicht unsichtbar. Sie tun mir leid. Nun denn, mein gottloser und lustloser Freund, dann sagen Sie es mir eben selbst: was wollen Sie eigentlich? Ihr dienstlicher Auftrag ist schon längst erledigt. Kotzen Sie es also endlich heraus: Was wollen Sie?«

Einen atemlosen Augenblick lang war Jack nahe daran, es zu bekennen, aber der Gott, an den er nicht mehr glaubte, stand hinter ihm. — Er füllte den Scheck aus, unterschrieb ihn, und wollte ihn Ware reichen. Das Mädchen (nein, nicht ein Mädchen) kam ins Zimmer und nahm den Scheck.

»Auf Wiedersehen«, sagte Theron Ware.

Wieder einmal hatte Jack die Gelegenheit verpaßt.

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