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Ich hustete, spuckte Salzwasser und bittere Galle aus und versuchte, mich auf Händen und Knien hochzustemmen. Das Schiff legte sich in einer schwerfälligen Bewegung auf die Seite, kragte einen Moment bedrohlich über und richtete sich zitternd und stöhnend wieder auf. Die Erschütterung schmetterte mich abermals zu Boden. Hoch oben im Wald der Masten zerbrach etwas. Holz, Segeltuch und Tauwerk regneten wenige Meter hinter mir auf das Deck herab, als ich mich zum zweiten Mal hochstemmte.

Aber das Chaos war noch nicht vorüber.

Im Gegenteil. Es begann erst.

Zum zweiten Mal brach das Meer auf, unmittelbar unter und neben dem Boot, das über der zersplitterten Reling schaukelte. Ein halbes Dutzend unterarmstarker, peitschender Tentakel zuckte aus dem schaumigen Wasser, richteten sich wie ein zitternder Wald schleimig-grüner Schlangen auf und tasteten mit blinden, suchenden Bewegungen umher.

Die Männer im Boot begannen zu schreien. Die grünen Schuppenarme näherten sich der winzigen Pinasse, fuhren mit kratzenden, schabenden Geräuschen über das Holz und tasteten nach seinen Insassen. Einer von ihnen stemmte sich hoch, schlug mit einer verzweifelten Bewegung den Tentakel, der sich um seine Beine schlingen wollte, beiseite, und versuchte, mit einem Sprung das Schiff zu erreichen, aber der furchtbare Angreifer war schneller. Ein zweiter Fangarm zuckte vor, packte den Mann mitten im Sprung und riß ihn mit einer brutalen Bewegung zurück. Wie eine angreifende Schlange wickelte er sich um seinen Leib und zog ihn dann unter Wasser. Das Meer kochte dort, wo er versunken war, und die Blasen, die sprudelnd an die Oberfläche brachen, waren plötzlich rosa.

Die Tentakel hatten sich wie eine gewaltige, vielfingrige Hand um das Boot geschlossen, ein kriechender, lebender Käfig, der die Pinasse und die Männer, die in ihr gefangen waren, gepackt hielt und langsam, aber mit ungeheurer Kraft, zudrückte. Ich sah, daß sich die grünen Schuppen an zahllosen Stellen geteilt hatten. Darunter kamen dünnlippige, mit rasiermesserscharfen Zähnen versehene Haifischmäuler zum Vorschein.

Ein Schuß krachte. Das Geräusch ließ mich herumfahren. Die ganze schreckliche Szene hatte sich in weniger als einer Sekunde abgespielt, aber ich hatte das Gefühl, dem Toben des Monsters seit Stunden zuzusehen. Meine Arme und Beine schienen sich ohne mein Zutun zu bewegen. Ich stand auf, torkelte rückwärts davon und prallte gegen den Mast, unfähig, den Blick von dem furchtbaren Bild zu wenden. Das Boot begann unter dem Druck der Fangarme zu zerbrechen.

Wieder peitschte ein Schuß. Ich sah, wie die Kugel einen der Fangarme traf und ein faustgroßes Loch in die grünen Schuppen riß. Aber die Wunde schloß sich fast ebenso schnell, wie sie entstanden war.

Eine Hand ergriff mich an der Schulter, riß mich herum und versetzte mir einen Stoß, der mich meterweit zurücktaumeln und zum dritten Mal zu Boden gehen ließ. Dort, wo ich gerade gestanden hatte, klatschte ein weiterer Fangarm gegen den Mast, glitt zu Boden und zog sich, zitternd hierhin und dorthin tastend wie eine blinde, suchende Schlange, wieder zurück. Wieder krachten Schüsse. Der Tentakel erzitterte unter einem halben Dutzend Einschlägen, und plötzlich markierte eine Spur dickflüssigen schwarzen Blutes den Weg, den er zurückkroch. Aber wie beim ersten Mal schlossen sich die Wunden so schnell, wie sie entstanden waren. Die Bewegungen des Ungeheuers wurden nicht einmal langsamer.

Ein Matrose sprang mit einem gellenden Schrei an mir vorüber, blieb mit gespreizten Beinen über dem Tentakel stehen und schwang eine gewaltige zweischneidige Axt.

Andaras Warnschrei kam zu spät. Das Beil sauste herab und trennte ein meterlanges Stück des Fangarmes ab. Schwarzes Blut traf den Mann.

Dort, wo es seine Haut berührte, begann sich Rauch zu kräuseln. Der Matrose schrie auf, ließ seine Waffe fallen und torkelte zurück, beide Hände gegen das Gesicht gepreßt. Er war tot, noch bevor der verstümmelte Tentakel von Bord gekrochen und im Meer verschwunden war.

»Robert! Zu mir!«

Andaras Schrei riß mich endgültig aus meiner Erstarrung. Ich sah auf, blickte einen Herzschlag lang in das Gesicht des Hexenmeisters und nickte automatisch, als er mir mit Gesten zu verstehen gab, ihm zu folgen. Andara hatte seinen Mantel abgestreift und den Stockdegen gezogen. Die Kette mit dem kreuzförmigen Amulett hing jetzt sichtbar auf seiner Brust. Die dünne Klinge des Floretts glühte wie unter einem unheimlichen, inneren Feuer.

Dicht hinter ihm hetzte ich auf die Reling zu. Das Deck des Schiffes hatte sich in ein Schlachtfeld verwandelt. Dutzende der grünen, peitschenden Tentakel waren dicht vor der Bordwand aus dem Meer emporgestiegen und bildeten einen wippenden, tödlichen Wald aus Schuppen und schnappenden Teufelsmäulern vor dem Schiff. Die Männer schossen ununterbrochen; andere hatten sich mit Enterhaken und langen, mit eisernen Spitzen versehenen Stangen bewaffnet und hackten und schlugen auf die Tentakel ein, die an Deck zu kriechen versuchten. Das Schicksal ihres unglücklichen Kameraden hatte sie gewarnt - sie vermieden es, den tödlichen Schlangenarmen zu nahe zu kommen und beschränkten sich darauf, die zuckenden Arme wieder ins Meer zurückzustoßen, und für einen Moment sah es fast so aus, als hätten sie Erfolg.

Aber nur für einen Moment. Die Kräfte der Männer erlahmten rasch, während das Ungeheuer im Meer weder Müdigkeit noch Schmerz zu kennen schien. Mehr und mehr der gewaltigen Fangarme tauchten gischtend aus dem Wasser auf, krochen wie gierige grüne Schlangen an der Bordwand empor, ringelten sich um die Reling oder schnappten nach den Matrosen.

Der tödliche Würgegriff um das Ruderboot hatte sich weiter geschlossen; die Pinasse war fast vollkommen unter der wogenden grünen Masse verschwunden. Die Schreie der Männer waren verstummt. Noch während ich hinsah, riß eine der armdicken Ketten, an denen das Boot hing, mit einem peitschenden Knall entzwei. Die Tentakelfaust zitterte und zerrte das Boot ein Stück mehr auf die Wasseroberfläche herab.

»Bleib immer in meiner Nähe, Robert«, keuchte Andara. »Und hab keine Angst - er kann dir nichts tun, solange ich bei dir bin.« Mit einem geschmeidigen Sprung setzte er über einen zuckenden Tentakel hinweg, strauchelte auf dem glitschigen Deck und fand mit weit ausgebreiteten Armen sein Gleichgewicht wieder. Der Degen in seiner Rechten vollführte eine blitzartige, halbkreisförmige Bewegung, schnitt in die schuppige Panzerhaut des Monsterarmes und hinterließ eine tiefe, klaffende Wunde.

Und diesmal schloß sich der Schnitt nicht! Im Gegenteil - als wäre die Klinge von Andaras Waffe mit einem unsichtbaren Gift bestrichen gewesen, erweiterten sich die Ränder der Wunde. Schwarzes Blut fraß sich wie Säure in die Planken des Decks, aber der Strom versiegte in wenigen Augenblicken. Die glitzernden Schuppen begannen sich zu kräuseln, rollten sich zusammen wie trockenes Laub. Der Fangarm zuckte, hob sich noch einmal in die Höhe und schlug in einer letzten, schon kraftlosen Bewegung gegen den Mast. Der Tentakel des Ungeheuers verdorrte in wenigen Sekunden, wie ein Zweig, der monatelang in der heißen Sonne gelegen hatte. Instinktiv taumelte ich zurück und preßte die Hand vor den Mund.