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Donhill runzelte die Stirn und sah mich fragend an. Sein Finger näherte sich dem Abzug der Schrotflinte. In seinen Augen begann ein mißtrauischer Funke aufzuglühen.

Ich gab ihm keine Gelegenheit, über den tieferen Sinn meiner Worte nachzudenken. Mit einer fast gemächlichen Bewegung ergriff ich die Hand des neben ihm stehenden Bankkassierers, zog ihn zu mir heran und verdrehte ihm mit einem plötzlichen Ruck den Arm.

Aus dem erschrockenen Aufschrei des Mannes wurde ein verzweifeltes Keuchen, als ich ihn herumzerrte, meinen Arm von hinten um seinen Hals schlang und mir den zappelnden Burschen wie einen lebenden Schutzschild vor den Körper hielt.

»Lassen Sie die Waffe fallen, Donhill!« sagte ich scharf.

Donhill keuchte, machte einen halben Schritt auf mich zu und blieb abrupt stehen, als ich den Druck auf Gellics Genick um eine Winzigkeit verstärkte. Ich hatte nicht vor, den Mann wirklich umzubringen, nicht einmal, ihm weh zu tun. Aber das konnte Donhill schließlich nicht wissen.

Wenigstens hoffte ich das.

»Damit kommen Sie nicht durch!« sagte Donhill. »Sie ...«

Statt meiner Antwort verdrehte ich Gellics Arm noch ein bißchen mehr, wartete, bis er sich instinktiv gegen den Druck stemmte - und versetzte ihm einen Stoß, der ihn haltlos gegen Donhill taumeln und beide zu Boden stürzen ließ.

Donhill kam nicht einmal dazu, einen Schreckensschrei auszustoßen. Bannermann sprang mit einem wütenden Knurren an mir vorbei, entriß ihm das Gewehr und schlug ihm den Kolben wuchtig in den Nacken. Donhill bäumte sich auf, verdrehte die Augen und erschlaffte.

»Raus hier!« brüllte Bannermann. »Zur Hintertür!« Gleichzeitig drehte er das Gewehr herum, richtete den Lauf auf die Tür und drückte ab.

Das dumpfe Krachen der Schrotladung vermischte sich mit den Schreckensschreien aus einem Dutzend Kehlen. Donhills Lynchkommando spritzte auseinander, als die Schrotladung unter die Männer fuhr. Die winzigen Bleikügelchen waren nicht mehr tödlich auf diese Entfernung, nicht einmal mehr wirklich gefährlich. Aber sie rissen schmerzhafte kleine Wunden und trieben die Männer vielleicht gründlicher zurück, als es eine normale Waffe getan hätte. Die einseitig bemalten, deckenhohen Fensterscheiben des Hotels zerbarsten und überschütteten die Männer auf der Straße zusätzlich mit einem Hagel kleiner, scharfkantiger Glassplitter.

Bannermann lachte schrill, fuhr herum und versetzte mir einen derben Stoß, der mich hinter seinen Männern zum rückwärtigen Teil der Halle taumeln ließ. Ich war viel zu verwirrt und überrascht, um überhaupt einen klaren Gedanken zu fassen. Bannermann zerrte mich wie ein Kind am Arm hinter sich her, stieß mich in einen Korridor und warf die Tür hinter sich ins Schloß.

»Dort entlang!« Am Ende des kurzen Korridors war ein Fenster. Bannermann stürmte darauf zu und schlug es ohne viel Federlesens ein. Das Klirren, mit dem die Scheibe zerbarst, erschien mir in der Enge des Raumes wie ein Kanonenschuß. Der Laut mußte bis zum anderen Ende des Ortes zu hören sein.

Bannermann feuerte seine Leute mit ungeduldigen Gesten an, stieg schließlich selbst durch das Fenster und streckte mir die Hand entgegen. Als ich das Hotel verließ, erbebte die Tür hinter uns unter einem ersten, wuchtigen Schlag.

»Sie verlieren keine Zeit«, knurrte Bannermann. »Kommen Sie!«

Keuchend sah ich mich um. Wir befanden uns in einer schmalen, von den nahezu fensterlosen Rückseiten der Häuser flankierten Straße. Von links drangen erregte Schreie und Rufe zu uns herein, auf der anderen Seite war der schmale blaue Streifen des Meeres zu sehen. Die Gasse mußte unmittelbar zum Strand hinunterführen.

»Okay«, sagte Bannermann. »Hört zu! Wir trennen uns - sechs einzelne Männer sind nicht so leicht zu fangen wie eine ganze Gruppe. Wir treffen uns nach Dunkelwerden unten am Strand. Und jetzt los!«

Geduckt huschten wir los. Drei von Bannermanns Männern tauchten ohne ein weiteres Wort in eine schmale Seitenstraße ein und verschwanden, der vierte blieb noch bei uns. Es war Ford, der Mann, der unten am See verletzt worden war.

Wir erreichten das Ende der Straße und blieben stehen. Vor uns lag ein halbrunder, freier Platz, vielleicht zwanzig, allerhöchstens fünfundzwanzig Yards im Durchmesser, aber völlig ohne Deckung. Wenn irgend jemand auch nur zufällig aus dem Fenster sah, während wir ihn überquerten, waren wir verloren. Bannermann lugte vorsichtig um die Hausecke und nickte abgehackt. Seine Hände spannten sich um den Schaft des Schrotgewehres. »Keiner da«, murmelte er. »Los jetzt!«

Ich zählte in Gedanken bis drei, raffte das bißchen Mut, das mir geblieben war, zusammen, und rannte hinter dem Captain auf den Platz hinaus.

Der Schuß fiel, als wir noch fünf Schritte von seinem gegenüberliegenden Rand entfernt waren. Es war ein heller, peitschender Laut, ein Geräusch, das sich gar nicht wie ein Gewehrschuß anhörte. Ford taumelte, griff sich im Laufen an die Brust und fiel vornüber.

Ich strauchelte, versuchte, nach rechts auszuweichen, und kam durch den plötzlichen Richtungswechsel aus dem Gleichgewicht. Mit hilflos rudernden Armen fiel ich zu Boden.

Aber auch Bannermann reagierte augenblicklich. Und er reagierte ganz anders, als man es von einem gemütlichen Klipperkapitän wie ihm erwartet hätte. Ohne sich auch nur umzusehen warf er sich in vollem Lauf zur Seite, rollte über die Schulter ab und kam mit einer gleitenden, unglaublich schnellen Bewegung auf die Knie hoch. Ein zweiter Schuß peitschte, und kaum eine Handbreit neben Bannermann spritzte eine Fontäne von Staub und Funken hoch.

Bannermann schien es nicht einmal zu bemerken. Das Schrotgewehr in seinen Händen entlud sich mit einem dumpfen Krachen, und vom anderen Ende des Platzes ertönte ein halberstickter Laut.

Ich rollte herum und sah, wie eine der Gestalten, die aus einer Seitenstraße aufgetaucht war, in die Knie brach, während die anderen in heller Panik nach allen Seiten davonliefen.

Bannermann warf das nutzlos gewordene Gewehr fort, sprang hoch und zerrte mich mit einer groben Bewegung auf die Füße. »Weg hier!« keuchte er. »Die Burschen werden sich verdammt schnell von ihrem Schrecken erholen!«

Wir rannten los. Hinter uns wurden Schreie laut, und schon nach wenigen Sekunden glaubte ich, das hastige Trappeln harter Stiefelsohlen zu hören, aber ich wagte es nicht, mich umzudrehen.

Bannermann spurtete vor mir dahin, bog wahllos in die erste Straße ein, die sich vor ihm auftat - und blieb so abrupt stehen, daß ich in vollem Lauf gegen ihn prallte und gestürzt wäre, hätte er nicht blitzschnell zugegriffen und mich aufgefangen.

»Danke«, sagte ich automatisch. »Ich ...«

Der Rest des Satzes blieb mir im wahrsten Sinne des Wortes im Halse stecken, als mein Blick an Bannermann vorbei in die Straße hineinfiel.

Hinter uns kamen die Stimmen und Schritte der Verfolger näher, aber Bannermann machte keine Anstalten mehr, davonzulaufen.

Es gab auch nichts, wohin er hätte laufen können.

Die Straße führte vielleicht noch fünfzig Schritte geradeaus und endete dann vor einer senkrechten Ziegelsteinwand.

Die Straße, in die wir geflohen waren, war eine Sackgasse!

Die Zelle maß weniger als drei Schritte im Quadrat, und sie war, sah man von der strohgedeckten, an der Wand verschraubten Pritsche ab, vollkommen leer. Das Licht fiel durch ein schmales, vergittertes Fenster hoch unter der Decke. Die Wände waren feucht, und ein leichter, fauliger Geruch hing in der Luft. Auch auf der schwarzlackierten Metalltür, die den Raum verschloß, glänzte Feuchtigkeit, und in den Ritzen des Fußbodens hatten sich Schimmelpilz und Moder eingenistet.

Der Mann auf dem Lager bewegte sich im Schlaf. Er war nicht aufgewacht, seit man ihn vor Stunden hierher gebracht hatte, aber die Augen hinter den geschlossenen Lidern bewegten sich immer wieder, als durchlitte er einen Alptraum, und sein Gesicht war von einer unnatürlichen Blässe, obwohl seine Stirn vor Hitze glühte. Von seinem rechten Handgelenk führte eine schmale Kette zu einem rostigen Eisenring hoch oben in der Wand.