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Geary verzog seinerseits den Mund zu einem ironischen Lächeln. »Ich bin fest davon überzeugt, dass Captain Desjani mich davon in Kenntnis setzen wird, wenn ich nicht glaubwürdig wirke.«

»Gut. Ich möchte nämlich nicht, dass die Regierung der Allianz von irgendwem gestürzt wird, der angeblich im Namen jenes Helden handelt, dessen Legende von dieser Regierung überhaupt erst geschaffen wurde. Und ich möchte auch nicht mit Ihnen zu tun haben, falls es dazu kommt und Sie zu dem Schluss gelangen, dass Ihnen diese Rolle ja doch gefallen könnte.« Dann machte sie auf dem Absatz kehrt und verließ den Konferenzraum.

»War das gerade eine Drohung?«, fragte Desjani, nachdem sich die Luke hinter Rione geschlossen hatte.

»Ja, und nicht die Erste, auch wenn ich meine, dass es das erste Mal ist, dass sie das nicht nur unter vier Augen gemacht hat.«

»Warum lassen Sie ihr das durchgehen?«

»Weil es Momente gibt«, antwortete er, ohne den Blick von der Luke abzuwenden, »in denen ich nicht weiß, ob ich mir selbst über den Weg trauen kann. Und dann bin ich froh, wenn jemand da ist, der eine Drohung gegen mich ausspricht.«

Desjani dachte über seine Worte nach. »Ich muss zugeben, dass sie in einigen Punkten sogar recht hat. Unter anderem in dem Punkt, dass ich Ihnen Rückendeckung geben sollte.«

»Ich weiß, aber Sie haben der Allianz gegenüber ebenfalls einen Eid abgelegt.«

Sie schüttelte den Kopf. »Wir haben bereits darüber gesprochen. Sie werden Ihren Eid nicht brechen, und deshalb werde ich auch nicht gezwungen sein, gegen meinen Eid zu verstoßen. Wieso vertrauen Sie ihr eigentlich?«

Diese Frage war berechtigt, wenn man in Erwägung zog, dass Rione eine Politikerin war. Mit großem Entsetzen hatte Geary erfahren müssen, dass die Flottenoffiziere den gewählten Führern der Allianz mit dem ärgsten Misstrauen begegneten, das man sich vorstellen konnte. Jetzt deutete er mit einer leichten Kopfbewegung auf die Luke, durch die Rione den Konferenzraum verlassen hatte. »Auch wenn sie mir und allen anderen eine Menge verheimlicht, bin ich trotzdem fest davon überzeugt, dass es zwei Dinge gibt, die Victoria Rione zutiefst liebt. Das eine ist ihr Ehemann, über den wir herausgefunden haben, dass er in Kriegsgefangenschaft geraten ist und womöglich noch lebt. Das andere ist die Allianz. Für die Allianz würde sie ihr Leben opfern, Tanya, so wie Sie und ich. Glauben Sie nicht, sie täte das nicht, nur weil sie keine Uniform trägt. Rione ist der Allianz treu ergeben, und ich glaube, sie ist so unbestechlich, wie es ein Mensch nur sein kann. Sie ist oft eine schreckliche Nervensäge, trotzdem können wir ihr vertrauen.«

»Ein Gutes hat Heradao«, meinte Desjani. »Wenigstens können wir da mühelos unsere Feinde identifizieren.« Dann merkte sie in einem für sie völlig untypischen, melancholischen Tonfall an: »Manchmal denke ich an die Zeit zurück, bevor wir Sie gerettet hatten. Damals lautete die Antwort auf alles: ›Tötet die Syndiks.‹ Sie waren der Feind. Der Sieg war unser, wenn wir genügend von ihnen getötet hatten. Es hat zwar nicht funktioniert, aber es war auch alles viel einfacher. Sie haben unser Leben viel komplizierter gemacht.«

»Die Syndiks sind nach wie vor der Feind«, entgegnete Geary. »Solange wir uns auf diese Tatsache konzentrieren, sollte das Ganze nicht zu kompliziert werden.«

»Sie bitten mich darum, einen Politiker zu respektieren«, hielt sie ihm vor Augen. »Das ist keine Leichtigkeit.«

Er musterte sie einen Moment lang und versuchte zu verstehen, wieso Flottenoffiziere wie Desjani der Allianz gegenüber treu ergeben sein konnten, wenn sie zugleich den gewählten Führern der Allianz keinen Respekt entgegenbrachten. Zum Teil war das sicher eine völlig verständliche, menschliche Einstellung, da jeder einen Sündenbock dafür benötigte, dass der Krieg keine Fortschritte machte. Zudem hatte Rione selbst ihm gegenüber eingeräumt, dass die politischen Führer der Allianz in vollem Umfang für ihr Handeln während der letzten hundert Jahre verantwortlich waren. Vielleicht war er ja in dieser Hinsicht ein lebender Anachronismus, ein Offizier, der daran glaubte, dass man den Führern der Allianz automatisch Respekt entgegenzubringen hatte, und für den alles andere einfach zu schwer zu akzeptieren war. »Ich denke, Sie werden mir einfach vertrauen müssen, wenn ich sage, wir können ihr vertrauen.«

Desjani gab einen mürrischen Laut von sich. »Ich werde mein Bestes geben, sie mit Respekt zu behandeln, weil das meine Pflicht als Offizier ist und weil Sie für sie bürgen, aber ich gehe nicht davon aus, dass ich ihr jemals werde vertrauen können.« Sie näherte sich der Luke, ohne den Blick von ihm abzuwenden. »Ich akzeptiere Ihr Urteil, weil ich Ihnen vertraue.«

Hunderte Kriegsschiffe und ihre Besatzungen vertrauten ihm, dass er sie nach Hause brachte. Das Schicksal der Allianz und vielleicht sogar der gesamten Menschheit hing von seinen Entscheidungen ab, aber es war das Vertrauen dieser einen Frau, das ihm wirklich wichtig war. Rione hatte einmal davon gesprochen, dass Leute eigentlich nie für eine große Sache kämpften, sondern dass sie aus den persönlichsten Gründen den Kampf wählten. Selbst wenn sie behaupteten, sich für irgendwelche hehren Ideale einzusetzen, kämpften sie in Wahrheit doch nur für die Kameraden an ihrer Seite und für die geliebten Menschen, die zu Hause saßen. Geary drehte sich um und betrachtete das Sternendisplay. Sein Blick wanderte von Heradao weiter zu Padronis, Atalia und schließlich Varandal. So nah. So weit waren sie gekommen. Und jetzt musste er sicherstellen, dass sie den Rest des Weges auch noch hinter sich brachten, ganz gleich, was bei Heradao auf diese Flotte wartete.

So viele Menschen vertrauten ihm, waren überzeugt davon, dass er in der Lage war, die Flotte nach Hause zu führen. Und einer von diesen Menschen war Tanya Desjani.

Bevor die Flotte Dilawa verließ, musste er noch eine weitere Besprechung einberufen. Sobald sie im Sprungraum waren, konnten nur noch einfache, kurze Nachrichten von Schiff zu Schiff übermittelt werden. Es handelte sich um eine kleine, erlesene Gruppe, mit der Geary reden wollte.

Wieder saß er im Konferenzraum, aber diesmal wirkte der Tisch nicht viel größer, als er tatsächlich war. Ringsum fanden sich die holographischen Bilder von Captain Duellos, Captain Tulev und Captain Cresida, während Geary, Desjani und Rione körperlich anwesend waren. »Wir nähern uns der Heimat«, begann Geary. »Wir sind noch nicht da, und ich rechne mit einem hässlichen Kampf bei Heradao oder einem der anderen Syndik-Sternensysteme, die wir noch durchqueren müssen. Aber wir haben allen Grund, davon auszugehen, dass wir mit den Syndiks zurechtkommen. Was wir allerdings nicht wissen – wie werden die Aliens reagieren, wenn diese Flotte es tatsächlich bis nach Hause schafft?«

Tulev erinnerte an einen Stier, als er behäbig nickte. »Die Aliens haben schon bei Lakota versucht, diese Flotte zu besiegen und zu vernichten. Daraus lässt sich folgern, dass es ihnen nicht gefallen wird, wenn wir unser Ziel wirklich erreichen.«

»Aber was werden sie unternehmen?«, fragte sich Cresida. »Wenn unsere Vermutungen zutreffen, dann könnten sie den Zusammenbruch aller Hypernet-Portale der Menschen auslösen. Werden sie tatsächlich diese Maßnahme ergreifen, wenn wir es nach Hause schaffen?«

»Das ist einer der Punkte, die mir Sorgen machen«, sagte Geary.

»Wir haben noch ein wenig Zeit«, erklärte Rione ruhig, aber entschieden. Alle sahen sie daraufhin fragend an, und sie deutete mit einer flüchtigen Handbewegung auf das über dem Tisch schwebende Sternendisplay. »Lassen Sie uns zuerst überlegen, was wir über ihre Taktiken wissen. Es scheint nicht so, dass sie gegen uns oder gegen die Syndiks direkt vorgegangen sind. Stattdessen haben sie uns dazu veranlasst, uns gegenseitig Verluste zuzufügen.«

»Das ist wohl wahr«, stimmte Duellos ihr zu.

»Was wissen die Aliens über diese Flotte?«, fuhr Rione fort. »Dass wir wissen, dass die Hypernet-Portale als extrem zerstörerische Waffen eingesetzt werden können. Wir müssen davon ausgehen, dass die Aliens durch Agenten oder Geheimdienstquellen auf unsere Erkenntnisse aufmerksam gemacht worden sind, bei denen es sich möglicherweise nur um automatisierte Würmer und Ähnliches handelt.«