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Es dauerte einen Moment, bis er einen Vorteil der Allianz-Flotte gegenüber den Syndiks fand. Meine Matrosen befinden sich auf einem außerordentlich hohen Niveau, sie haben mehr Erfahrungen gesammelt als der Durchschnitt, da in den vergangenen Jahrzehnten der Trend vorgeherrscht hatte, dass Schiffsbesatzungen bei einer Schlacht ums Leben kamen, bevor sie überhaupt Erfahrungen hatten machen können. Ich habe meine Matrosen überleben lassen.

Jedenfalls die meisten von ihnen.

Sie kämpfen wie der Teufel, und sie kämpfen bis zum Tod. Einige meiner Untergebenen sind auch gute Führer. Alle Schiffskommandanten werden auf mich hören, ich kann darauf zählen, dass sie meine Befehle ausführen. Jedenfalls fast alle meine Befehle. Er hielt kurz inne und überlegte, welchen Vorteil er noch auf seiner Seite hatte. Dann musste er auf einmal an die Syndik-Wachschiffe denken, die das Hypernet-Portal bei Lakota zerstört hatten, als die Allianz-Flotte noch viele Lichtstunden entfernt war. Und die Syndiks haben Angst vor mir. Gib es zu, das ist ein Vorteil für uns. Sie erwarten, dass ich das Unerwartete tue. Dass ich Dinge mache, zu denen niemand sonst in der Lage ist.

Wie kann ich das ausnutzen? Welche Überraschungen kann ich ihnen noch bieten, wenn die Möglichkeiten meiner Flotte so eingeschränkt sind? Zu schade, dass ich keinen Weg kenne, wie ich die Flotte so kämpfen lassen kann, wie sie es vor meinem Kommando gemacht hat, als sie noch geradewegs auf den Feind losging. Nachdem sie von Kaliban bis Cavalos mitangesehen haben, wie ich eine Schlacht befehlige, würden die Syndiks niemals erwarten, dass …

Kann ich das machen?

Er sah, wie die Flamme tanzte, während Ideen durch seinen Kopf wirbelten. Es könnte eine Lösung geben. Die würde die Brennstoffzellen zwar nicht schonen, aber sie auch nicht so sehr beanspruchen wie die Alternativen. Vorausgesetzt, die Schiffe und die Steuersysteme kommen damit zurecht. Und vorausgesetzt, ich kann die entsprechenden Befehle formulieren, bevor wir die Syndiks erreichen.

Und vorausgesetzt, Desjani bringt mich nicht um, wenn ihr klar wird, was mein Plan für die Dauntless bedeutet.

Danke, Vorfahren, ich habe verstanden.

Geary stand auf, verbeugte sich vor der Kerze, dann blies er die Flamme aus und beeilte sich, um in sein Quartier zu kommen. Vor ihm lag noch viel Arbeit mit dem Simulator.

Es dauerte eine Weile. Er musste verschiedene Ansätze versuchen, außerdem waren die Manöver für einen Menschen viel zu kompliziert, wenn er dabei nicht von den Gefechtssystemen des Schiffs unterstützt wurde. Als er sich die letztendlichen Steuerbefehle ansah, ergab das schwindelerregende Durcheinander aus Vektoren- und Geschwindigkeitsänderungen alles andere als ein geschlossenes Bild. Sobald er jedoch die Befehle durch den Simulator laufen ließ, funktionierte alles so, wie es sollte, auch wenn seine Erfahrungen und seine Ausbildung Geary zusammenzucken ließen, wenn er sich vorstellte, bei welchen Geschwindigkeiten die Schiffe ihren Kurs änderten, unmittelbar bevor es zum Kontakt mit dem Feind kam. Trotzdem bewegte sich alles im Rahmen der Möglichkeiten seiner Schiffe, was auch für die trägen Hilfsschiffe und die beschädigten Kriegsschiffe galt, die nur ein Minimum an Kurs- und Geschwindigkeitsveränderungen vornehmen mussten.

Er konnte sich gut vorstellen, wie seine alten Lehrer auf diesen Plan reagiert hätten. Das Konzept ist viel zu simpel, die Ausführung viel zu kompliziert. Sein Protest, es sei die beste Option, die ihm noch zur Verfügung stehe, hätte ermahnende Worte nach sich gezogen, er solle es doch vermeiden, in eine derartige Situation hineinzugeraten, wenn er so etwas als eine beste Option bezeichnete. Theoretisch oder in Friedenszeiten waren solche Ratschläge schön und gut, aber die Realität, ein Jahrhundert Krieg und der langwierige Rückzug aus dem Heimatsystem der Syndiks hatten dafür gesorgt, dass er sich nun in dieser Situation befand.

Er überprüfte die Zeit und die Positionen der Syndiks, wobei er diesmal ausnahmsweise für die langen Verzögerungen dankbar war, die durch die immensen Entfernungen im Weltall verursacht wurden. Desjani hatte sich bei ihm gemeldet. Kaum hatten die Syndiks entdeckt, dass die Allianz-Flotte den Sprungpunkt verlassen hatte, hatten sie einen Vektor eingeschlagen, der ihren Kurs kreuzen würde, falls sie unverändert auf den Sprungpunkt nach Padronis zuhielten. Eine Lichtstunde nach ihnen hatte auch die kleinere feindliche Flotte reagiert und war auf Abfangkurs gegangen. Beide Formationen waren mit 0,08 Licht unterwegs; die gleiche Geschwindigkeit, mit der sich auch die Allianz-Flotte vorwärtsbewegte. Das bedeutete, dass beide Seiten sich beständig einander näherten. Bei einer Gesamtgeschwindigkeit von 0,16 Licht würde es noch zwanzig Stunden dauern, ehe sich die Flotten endlich begegneten.

Der Nachteil an der Entscheidung der Syndiks, nicht schneller als mit 0,8 Licht vorzurücken, bestand darin, dass sie ganz offensichtlich versuchten, möglichst gut platzierte Treffer zu landen, wenn sie in Feuerreichweite gelangten. Sie waren tatsächlich bereit, geduldig abzuwarten, um der Allianz-Flotte maximale Schäden zuzufügen.

Geary setzte sich, rief die Gefechtsbefehle auf und sah sie sich noch einmal kritisch an, ehe er sich an die Brücke der Dauntless wandte: »Richten Sie bitte Captain Desjani aus, dass ich sie in meinem Quartier erwarte.«

Er wartete ab, beobachtete den Feind und überlegte, wie die Syndiks wohl manövrieren würden, wenn der Kontakt erfolgt war. Plötzlich wurde die Türglocke betätigt, und er ließ Desjani eintreten.

Die richtete ihren Blick sofort auf das Display über dem Tisch. »Wie sieht der Plan aus?«, fragte sie. Nach ihrem Gesichtsausdruck zu urteilen, hatte sie ihre Neugier so lange gezügelt, wie es ihr nur irgend möglich gewesen war.

»Kompliziert.« Das entsprach den Tatsachen. Und richtig kompliziert würde es werden, wenn Desjani sah, wo sich die Dauntless aufhalten sollte, wenn die Flotten aufeinandertrafen.

»Ich kann es mir ansehen.«

»Dafür wäre ich Ihnen sogar dankbar.« Er verzog den Mund, unglücklich darüber, dass er wusste, wie sie reagieren würde. »Ich habe mal etwas Neues ausprobiert.« Dann verstummte er und betrachtete die Darstellung seiner Strategie.

»Gut, Sir«, erwiderte Desjani schließlich. »Das ist kein Problem. Aber wenn Sie meine Meinung hören wollen, dann muss ich das Manöver ganz sehen.«

Wenn Desjani einmal ein Ziel ins Auge gefasst hatte, dann ließ sie nicht mehr locker. Andererseits wollte er ja auch ihre Meinung wissen. Am besten war es, das Ganze schnell hinter sich zu bringen. »Okay, aber ich muss Sie noch mal warnen, dass das ein ganz anderer Ansatz ist.«

Sie war erkennbar verwirrt über seine Worte, also senkte er den Blick, seufzte und tippte die Befehle ein, mit denen die Simulation gestartet wurde. Desjani schaute sich an, was da ablief, und machte verwundert große Augen, als sie sah, wie die Formation der Allianz-Flotte mit einem Mal in einen scheinbar wilden Haufen zerfiel, als der Feindkontakt erfolgte. Während sich die Kriegsschiffe im letzten Moment neu formierten, erstarrte plötzlich Desjanis Miene. »Sie …« Es schien ihr den Atem verschlagen zu haben, denn erst nach einer Pause redete sie weiter, und das in einem fast stimmlosen Tonfalclass="underline" »Sir, ich muss Sie respektvoll fragen, ob Sie Ihr Vertrauen in mich oder mein Schiff verloren haben.«

»Nein, keineswegs.«