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Also hatte sie sich auch versucht gefühlt, aber vor den anderen nichts gesagt, damit nicht der Eindruck entstand, sie könnte seine Position untergraben. »Ganz sicher? Nein, das nicht. Aber es muss ordentlich verhandelt werden. Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass ein Lynchmob seinen Willen durchgesetzt hat. Das haben Sie übrigens gut gemacht, wie Sie Fensin zum Reden gebracht haben. Woher wussten Sie, dass Sie Verrat ins Spiel bringen mussten?«

Sie verzog den Mund. »Aus einigen Unterhaltungen mit Lieutenant Riva. Er sprach ein paar Mal von solchen Dingen, aber da verstand ich eigentlich nicht so richtig, um was es ging. Allerdings konnte ich mich daran erinnern, wie wütend er wurde, wenn die Rede auf jemanden kam, der seiner Meinung nach zu sehr auf die Syndiks hörte. Das war mir im Gedächtnis geblieben.« Sie schaute den Korridor entlang und fügte ein wenig tonlos hinzu: »Es ist nicht so, als würde ich an Riva denken. Für gewöhnlich überhaupt nicht.«

»Verstehe.« Zu seinem Erstaunen verspürte Geary einen Anflug von Eifersucht. Er musste das Thema wechseln. »Ich frage mich, ob ich nicht vielleicht auf diesen Irrweg geraten wäre, hätten die Syndiks mich gefangengenommen.«

Desjani warf ihm einen missbilligenden Blick zu. »Nein, das wären Sie nicht. Ihnen sind die Leute wichtig, die Ihnen unterstellt sind, aber Sie kennen auch die Risiken, die sie einzugehen haben. Sie waren bislang immer in der Lage, diese beiden Dinge im Gleichgewicht zu halten.«

»Die Leute sind mir so wichtig, dass ich sie in den Tod schicke«, gab er zurück und bemerkte, welch verbitterter Tonfall sich dabei eingeschlichen hatte.

»Das ist richtig. Bei zu viel Kaltblütigkeit werden ihre Leben vergeudet, aber bei zu viel Vorsicht sterben sie auch, und zwar ohne dass sie etwas erreicht haben. Ich will gar nicht erst so tun, als könnte ich verstehen, warum die Dinge so sind, aber Sie wissen das.«

»Ja.« Er spürte, dass seine momentane schlechte Laune sich prompt besserte, und lächelte sie an. »Danke, dass Sie hier sind, Tanya.«

»Es ist nicht so, als könnte ich irgendwo anders sein als hier.« Sie erwiderte sein Lächeln, dann aber wurde sie ernst und salutierte. »Ich muss mich um mein Schiff kümmern, Sir.«

»Dann will ich Sie davon nicht abhalten.« Er salutierte ebenfalls und sah ihr nach, wie sie wegging.

Sie musste sich um ihr Schiff kümmern und er musste die Titan rufen, um Commander Lommand wissen zu lassen, welch unerfreuliche Fracht zu ihm unterwegs war. Die Last des Kommandos wog mal schwerer und mal nicht so schwer, aber sie war immer da.

Am nächsten Morgen fühlte er sich besser. Der dritte Planet von Heradao war angenehm weit entfernt, die Flotte war wieder mit den zurückgelassenen Einheiten vereint, und inzwischen war der gesamte Tross auf dem Weg zum Sprungpunkt nach Padronis. Sogar der alte Syndik-Verpflegungsriegel, den er zum Frühstück ausgewählt hatte, schien gar nicht so schrecklich zu schmecken wie sonst üblich.

Auf einmal summte die Komm-Einheit in seinem Quartier. »Sir, wir haben hier eine dringende Bitte um ein Gespräch mit Ihnen. Sie kommt von Commander Vigory.«

»Commander Vigory?« Vergeblich versuchte er, den Namen einem Gesicht oder einem Schiff zuzuordnen, also schlug er in der Datenbank nach. Ein weiterer ehemaliger Kriegsgefangener von Heradao. Kein Wunder, dass er mit dem Namen nichts anfangen konnte. Er war auf die Spartan gebracht worden, und nach der Zusammenfassung in der Datenbank hatte er eine ziemlich routinemäßige Karriere hinter sich gebracht, als er in Syndik-Gefangenschaft geraten war. »Na gut, dann stellen Sie ihn durch.«

Der schmale, hagere Commander Vigory sah aus wie viele andere Gefangene auch, die sie aus dem Arbeitslager befreit hatten. »Captain Geary«, begann er in förmlichem Tonfall. »Ich möchte mich bei Ihnen melden, um dem Befehlshaber der Flotte den gebührenden Respekt zu erweisen.«

»Vielen Dank, Commander.«

»Und ich möchte Sie davon in Kenntnis setzen, dass ich immer noch auf ein neues Kommando warte.«

Immer noch? Geary sah auf die Uhr. Nicht mal ein Tag war vergangen, seit die Flotte den Orbit um den dritten Planeten verlassen hatte. Erst dann wurde ihm bewusst, was Vigory noch gesagt hatte. »Ein neues Kommando?«

»Jawohl, Sir.« Vigory schaute ihn mit einem fordernden Ausdruck in den Augen an. »Eine Durchsicht der Flottenaufzeichnungen hat ergeben, dass zahlreiche Schiffe dieser Flotte für einen Offizier von meinem Dienstgrad geeignet sind, aber derzeit von Offizieren befehligt werden, die jünger sind als ich.«

»Sie erwarten von mir, dass ich irgendeinem meiner Offiziere das Kommando entziehe, damit Sie sein Schiff bekommen können?«

Diese Frage schien für Vigory völlig überraschend zu kommen. »Ja, natürlich, Sir.«

Geary kämpfte gegen den Wunsch an, diesen Mann so zusammenzustauchen, dass ihm Hören und Sehen verging. Er versuchte, so ruhig wie möglich zu klingen. »Wie würden Sie sich fühlen, wenn man Ihnen unter solchen Umständen Ihr Schiff wegnehmen würde, Commander?«

»Das ist ohne Bedeutung, Sir. Das hier ist eine Frage der Ehre und der angemessenen Würdigung meines Dienstgrads und meiner Position. Ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass jedes Schiff in der Flotte von meinen Erfahrungen und meinen Kommandofähigkeiten profitieren würde.«

O ja, Vigory hatte wahrscheinlich in seinem ganzen Leben noch nie an etwas gezweifelt, was seine Person anging, überlegte Geary, während er das Gesicht des Mannes betrachtete. Laut Datenbank war Vigory vor fünf Jahren in Gefangenschaft geraten. Er war das Produkt einer Flotte, in der die individuelle Ehre Vorrang vor allem anderen hatte und in der Schiffe ins Gefecht zogen, ohne einer halbwegs brauchbaren Taktik zu folgen. Vielleicht war dieser Mann trotzdem ein ganz brauchbarer Offizier, aber Geary konnte sich nicht die Zeit nehmen, in dieser Phase des Rückflugs den Befehlshaber eines seiner Schiffe erst noch umzuerziehen – ganz zu schweigen davon, dass das gegenüber jedem befehlshabenden Offizier in dieser Flotte äußert unfair gewesen wäre.

»Commander, ich werde Ihnen das jetzt so erklären, wie ich kann. Jeder Befehlshaber in dieser Flotte begleitet mich seit dem Heimatsystem der Syndiks, jeder von ihnen hat sich in zahlreichen Gefechten mit dem Feind bewährt und seinen Mut und seine Ehre unter Beweis gestellt.« Das war zwar in einigen Fällen völlig übertrieben, aber auf solche Feinheiten schien Vigory ohnehin nicht zu achten. »Ich werde keinem meiner momentanen Befehlshaber das Kommando entziehen, solange er kein grobes Fehlverhalten an den Tag legt. Diese Flotte ist auf dem Weg ins Allianz-Gebiet. Wenn wir dort angekommen sind, können Sie darum bitten, das Kommando über ein neugebautes Kriegsschiff zu erhalten oder ein vorhandenes Schiff zu übernehmen, dessen Befehlshaber auf einen anderen Posten versetzt wird.«

Vigory schien nicht zu begreifen, was Geary gesagt hatte. »Sir, ich erwarte, dass ich in allernächster Zeit ein Kommando in dieser Flotte zugeteilt bekomme, das meinem Dienstgrad und meinen Fähigkeiten angemessen ist.«

»Dann muss ich Ihnen leider mitteilen, dass sich Ihre Erwartungen nicht erfüllen werden.« Geary versuchte, nicht wütend zu werden, doch er merkte, dass sein Tonfall energischer wurde. »Sie werden den Dienst verrichten, den die Allianz von Ihnen einfordert, so wie jeder Offizier in dieser Flotte.«

»Aber … ich …«

»Vielen Dank, Commander Vigory. Ich weiß Ihre Bereitschaft zu schätzen, den Dienst zu verrichten, den die Allianz benötigt.«

Nachdem das Gespräch beendet war, lehnte sich Geary zurück und legte eine Hand über seine Augen. Im nächsten Moment wurde die Türglocke zu seinem Quartier betätigt. Na, wunderbar. Kann dieser Morgen noch schlimmer werden? Er ließ die Luke öffnen und setzte sich etwas gerader hin, als Victoria Rione eintrat. »Captain Geary.«

»Madam Co-Präsidentin.« Sie waren in genau diesem Raum viele Male körperlich intim gewesen, doch diese Zeit lag hinter ihnen. Sie würden beide nicht versuchen, aus dieser früheren Beziehung noch irgendeinen persönlichen Nutzen zu ziehen.