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Geary las die hervorgehobenen Zeilen und stutzte. »Reserveflotte? Davon haben die Syndiks bis jetzt noch nie gesprochen?«

»Nein, Sir. Eine Suche in unseren Datenbanken hat in den letzten Jahrzehnten nur drei Verweise auf den Begriff in Berichten über die Syndiks ergeben. Es existieren keine tatsächlichen Daten, sondern nur die Identifizierung des Worts ›Reserveflotte‹ ohne irgendeinen Hinweis auf die Bedeutung.« Iger zeigte auf eine andere Zeile. »Das dort ist eine Vorratsanforderung. Wir haben einen Großteil dieser Nachricht entschlüsseln können, weil wir wissen, wie die Syndiks diese Anforderungen formatieren. Dadurch ist klar, was bestimmte Abschnitte bedeuten müssen. Dies hier sind Segmente der kompletten Anforderung, das da stellt den Anteil dar, den Heradao dazu beisteuern sollte. Typisch für die Syndiks ist eine äußerst strikt geregelte Logistik. Wenn man einen Schlachtkreuzer der D-Klasse mit Lebensmittelvorräten für sechzig Tage bestücken will, dann fordert man die Menge X von dieser Speise und die Menge Y von jener Speise an und so weiter und so fort.«

»Ich sehe da Heerscharen von X und Y«, merkte Geary an, als er die abgefangene Anforderung durchlas.

»Ja, Sir.« Iger atmete gedehnt aus. »Unter der Annahme, dass es sich um die Vorräte für sechzig Tage handelt, was bei den Syndiks der Regelfall ist, würde man mit dieser Anforderung eine Streitmacht versorgen können, die sich aus je fünfzehn bis zwanzig Schlachtschiffen und Schlachtkreuzern sowie aus hundert bis zweihundert Schweren und Leichten Kreuzern und Zerstörern zusammensetzt.«

Geary saß wie erstarrt da. Wie konnte eine so große Syndik-Streitmacht immer noch existieren? Seine Flotte hatte heldenhaft gekämpft und schwere Verluste hinnehmen müssen, aber jetzt hatte es so ausgesehen, als sei der Weg nach Hause endlich frei. Bis zu diesem Moment. »Und das hat ganz sicher nichts mit der Flotte zu tun, die wir hier zerstört haben?«

»Nein, Sir, ganz sicher nicht. Diese Nachricht wurde aus dem Sternensystem gesendet.«

»Dann würden Sie sagen, dass eine Syndik-Flotte von der von Ihnen beschriebenen Größe existiert und sich in einem Sternensystem aufhält, das nicht allzu weit von hier entfernt ist?«

»Ja, Sir.« Das musste man Iger lassen: Er versuchte nie, um den heißen Brei herumzureden, wenn er schlechte Neuigkeiten zu verkünden hatte.

»Wie ist das möglich? Wie können die Syndiks noch immer über eine so große Flotte verfügen, von der unsere Geheimdienstquellen nichts wissen?«

»Da können wir nur raten, Sir, aber ich glaube, damit liegen wir gar nicht so sehr daneben.« Abermals deutete Iger auf die angezeigten Nachrichten. »Wir glauben, dass ein Teil der Nachrichten, die diese Reserveflotte erwähnen, in die Syndik-Systeme Surt und Embla geschickt wurden.«

»Surt? Embla?« Die Namen kamen ihm irgendwie bekannt vor, aber er konnte sich nicht an den Zusammenhang erinnern, in dem er sie gehört hatte. »Ich wüsste auf Anhieb nicht, wo die liegen sollen.«

»Das hängt damit zusammen, dass sie weit vom Allianz-Gebiet entfernt liegen.« Iger wechselte zum Sternendisplay. »Hier, an den Grenzen des Syndik-Territoriums, die am weitesten von der Allianz entfernt sind.«

In diesem Moment ergab alles einen Sinn. »Eine Reserveflotte an der Grenze zu den Aliens als Schutz für den Fall, dass die sie angreifen.«

»Richtig, Sir«, stimmte Iger ihm zu. »Das ist die überzeugendste Erklärung. Eine Flotte, die so weit von der Allianz entfernt ist, dass wir keine Hinweise darauf finden konnten und somit auch nichts von ihrer Existenz wussten. Aber jetzt fürchten die Syndiks, wir könnten mit einem ihrer Hypernet-Schlüssel nach Hause gelangen. Also bringen sie die Reserveflotte ins Spiel, um uns aufzuhalten.«

»Verdammt. So was können wir nun wirklich nicht gebrauchen.«

»Ich weiß, Sir.«

»Irgendeine Ahnung, wo diese Flotte jetzt ist?«, fragte er mit Blick auf das Sternendisplay.

»Nicht weit von hier entfernt. Ein Sternensystem, das mit ein oder zwei Sprüngen zu erreichen ist. Zumindest dürften sie vor Kurzem dort gewesen sein.«

»Kalixa? Das war ein mögliches Ziel, das wir von Dilawa aus hätten ansteuern können. Dort hätten sie das Hypernet-Portal verteidigen können, und das Portal würde ihnen ermöglichen, schnell den Standort zu verändern, sollten wir dort nicht eintreffen.«

Iger nickte. »Durchaus möglich, Sir. Aber die Wachschiffe, die uns beobachtet haben, werden in Kürze Kalixa erreichen und sie davon in Kenntnis setzen, dass wir uns für Heradao entschieden haben. Also werden sie wahrscheinlich in ein Sternensystem wechseln, in dem sie uns aufhalten können.«

Also noch eine weitere große Schlacht, und das vermutlich gegen eine erfahrene Streitmacht, die über reichlich Brennstoffzellen und Munition verfügte. Seine Wut über diese Wendung des Schicksals ließ etwas nach, als Geary sich ausmalte, was hätte geschehen können, wären sie dieser Flotte ohne Vorwarnung in die Arme geflogen. »Lieutenant Iger, Sie und Ihre Leute haben hervorragende Arbeit geleistet. Das sind extrem wichtige Informationen. Vielen Dank.«

Iger strahlte ihn an. »Danke, Sir. Ich werde dafür sorgen, dass jeder in dieser Abteilung erfährt, was Sie gesagt haben.« Dann aber ließ der Offizier Unbehagen erkennen. »Sir, ich weiß, unsere vorrangige Aufgabe ist es, uns Gedanken über die möglichen Konsequenzen zu machen. Aber wenn die Syndiks die ganze Zeit über eine so große Streitmacht an der Grenze zu diesen Aliens stationiert hatten, dann muss es doch einen Grund geben, die Aliens zu fürchten. Was, wenn die Aliens nun merken, dass diese Streitmacht abgezogen wurde?«

»Gute Frage, Lieutenant. Allerdings bin ich mir sicher, dass sie das bereits wissen. Wenn diese Aliens Schiffe im Hypernet umleiten können, dann sind sie immer auf dem Laufenden, sobald das Netz benutzt wird. Die Reserveflotte kann von so weit entfernt nur das Hypernet benutzen, wenn sie eine Chance haben will, uns aufzuhalten. Das heißt, die Aliens haben längst mitbekommen, was los ist.«

»Dann wissen sie auch, dass sich ihnen jetzt eine günstige Gelegenheit für einen Schlag gegen die Syndiks bietet.« Iger biss sich auf die Lippe. »Und wenn wir diese Reserveflotte zerstören, was wir machen müssen, wenn wir ihr begegnen, dann wird das für die Aliens eine noch bessere Gelegenheit.«

Geary betrachtete die Darstellung der Syndikatwelten auf dem Display und malte sich aus, was passieren könnte, wenn die Syndik-Führer abtrünnige Sternensysteme nicht schnell wieder unter ihre Kontrolle brachten, wenn ihre Flotte vorübergehend zu geschwächt war, um das eigene Territorium zu verteidigen, und wenn die Aliens diesen Moment nutzten und angriffen. Eine unumstößliche Lehre aus der die Geschichte war die Erkenntnis, dass ein Imperium nur so stark war, wie seine Fähigkeit, das Volk im Zaum zu halten. Geht diese Fähigkeit verloren, dann neigt jedes Imperium dazu, sehr schnell zu zerfallen.

Er musste diese Reserveflotte vernichten, wenn er seine eigene Flotte nach Hause bringen wollte. Doch damit löste er womöglich eine Entwicklung aus, durch die viele von den Syndiks kontrollierte Systeme so enden würden wie Heradao.

»Sir?«, riss Iger ihn aus seinen Gedankengängen. »Ist irgendetwas über die Absichten dieser Aliens bekannt?«

»Nein, Lieutenant. Es gibt nur Mutmaßungen, die auf zu wenigen Fakten beruhen. Von den Absichten einmal abgesehen, wissen wir ja nicht mal, wozu sie fähig sind. Im Grunde genommen wissen wir überhaupt nichts über sie. Lieutenant Iger, wenn wir auf diese Reserveflotte stoßen, müssen wir so viele Senioroffiziere wie möglich festnehmen, um sie zu verhören. Ganz sicher werden sie Informationen darüber besitzen, was die Syndiks über die Aliens herausgefunden haben.«

»Sehr wahrscheinlich, Sir«, bestätigte Iger, fügte dann aber hinzu: »Allerdings würde es Sie wohl überraschen, wie oft jemand so völlig darauf konzentriert ist, ein Geheimnis für sich zu behalten, dass er die wichtigsten Informationen nicht mal denjenigen überlässt, die sie dringend benötigen, nur weil er Angst hat, irgendetwas davon könnte gegen ihn verwendet werden.«