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Warum hatten die Syndiks die Allianz-Verteidiger nicht längst erledigt? Und warum hatten sie nicht auch die übrigen Einrichtungen der Allianz bombardiert? Allerdings waren diese Bilder drei Stunden alt, und in der Zeit konnte viel passieren.

»Was ist denn das?« Desjani hatte ihr Display wachsam beobachtet, und nun huschten ihre Finger über die Tasten, um einen Teil der Darstellung zu wiederholen. »Sehen Sie mal hier, nach der letzten Auseinandersetzung mit den Allianz-Schiffen.«

Geary sah sich das Detail an, das sie hervorgehoben hatte, und vergrößerte den Ausschnitt, um besser erkennen zu können, was sich dort abspielte. Die optischen Sensoren der Flotte waren empfindlich genug, um selbst kleine Details wahrnehmen zu können, die sich am anderen Ende eines Sternensystems befanden. »Shuttles? Was machen die denn da?«

»Die pendeln zwischen den Schweren Kreuzern und den anderen Schiffen hin und her«, murmelte Desjani und gab weitere Befehle, um den Ausschnitt zu vergrößern, bis sie erkennen konnte, wo genau sich die Shuttles neben den Schiffen aufhielten. »Personal. Sehen Sie? Sie holen das Personal von den Schweren Kreuzern.«

»Warum?«

Rione meldete sich mit angestrengter Stimme zu Wort. »Automatische Steuerung. Sie haben mir doch mal erzählt, dass die Syndiks ihre Schiffe automatisieren und dann fernsteuern können.«

»Ja, aber warum sollten sie die Schweren Kreuzer fernle …« Die Antwort fiel ihm und Desjani im gleichen Moment ein.

»Sie wollen mit den Schweren Kreuzern das Hypernet-Portal zerstören«, sprach Desjani es aus. »Das passt alles gut zusammen. Die Syndiks sind tief ins System eingedrungen, aber sie haben weder die Allianz-Schiffe vernichtet noch die Allianz-Einrichtungen verwüstet.«

»Ein Köder«, hauchte Geary.

»Richtig. Wenn sie alles zerstört hätten, könnten wir in aller Ruhe in der Nähe des Sprungpunkts abwarten, weil sie ja früher oder später auf diesem Weg das System wieder verlassen wollen. Aber wenn es noch jemanden zu retten gibt …«

»Dann stürmen wir geradewegs auf sie los.« Geary strich mit einem Finger über sein Display, während er sich die nächsten Flottenbewegungen vorstellte. »Sobald sie uns gesehen haben, warten sie bis zum richtigen Augenblick, dann gehen sie auf die verbliebenen Allianz-Schiffe los und löschen sie aus, gleichzeitig schicken sie ihre Schweren Kreuzer Richtung Hypernet-Portal. Der Rest ihrer Streitmacht nimmt Kurs auf den Sprungpunkt und jagt an uns vorbei. Wenn wir endlich merken, was los ist, bewegt sich die Schockwelle schon auf uns zu, und die Syndiks verschwinden in letzter Sekunde in den Sprungraum. Hätten wir nicht längst herausgefunden, dass sie überhaupt nur hergekommen sind, um das Portal zu vernichten, dann wäre ihr Plan womöglich von Erfolg gekrönt gewesen.«

»Damit hätten sie uns und zugleich das gesamte System erwischt.« Desjani wirkte, als wollte sie die Syndiks mit bloßen Händen in Stücke reißen. »Aber wie können sie Gewissheit haben, dass das Portal ausreichend beschädigt wird? Das ist doch der Haken in ihrem Plan.«

»Das Niveau der Energieentladung lässt sich nach oben genauso verändern, wie man es abschwächen kann«, erwiderte Geary. Er sah nicht zu Rione hinüber. Als Cresida die Berechnungen durchgeführt hatte, wie man die Entladung eines Portals minimieren konnte, da hatte sie für ihn auch die umgekehrte Lösung kalkulieren müssen. Dieses Weltuntergangsprogramm hatte er dann Rione in der Hoffnung anvertraut, es niemals benutzen zu müssen. »Wir sollten davon ausgehen, dass die Syndiks mittlerweile auch dahintergekommen sind, wie das funktioniert.«

Sie waren jetzt schon seit fünfzehn Minuten hier. Der Feind würde die Flotte erst in zweieinhalb Stunden sehen, doch Geary konnte keine Sekunde dieser Zeit vergeuden, zumal jeder Befehl an die noch vorhandenen Allianz-Schiffe in diesem System genauso lange benötigen würde, um sie zu erreichen.

Oberste Priorität hatten die verbliebenen Verteidiger von Varandal. »Hier spricht Captain John Geary, Befehlshaber der Allianz-Flotte. An Captain Jane Geary, Befehlshaberin der Eingreiftruppe, die Varandal verteidigt. Die Syndiks beabsichtigen, das Hypernet-Portal in diesem System kollabieren zu lassen, indem sie genügend Trossen zerstören. Wenn das Portal zusammenbricht, entsteht eine Energieentladung, die alles auslöschen wird, was in diesem System existiert. Wir gehen davon aus, dass die Syndiks das mithilfe von unbemannten und ferngelenkten Schweren Kreuzern erreichen wollen, da diese Kreuzer beim Zusammenbruch des Portals ebenfalls zerstört werden. Ihr Befehl lautet, das Portal zu beschützen.« Seine Stimme versagte einen Moment lang, erst dann konnte er fortfahren: »Und zwar um jeden Preis. Der Schutz des Portals hat Vorrang vor allem anderen, auch vor der Zerstörung von Syndik-Schiffen, die das Portal nicht bedrohen, und auch vor dem Schutz der übrigen Allianz-Einrichtungen in diesem Sternensystem. Lassen Sie nicht zu, dass Ihre Streitmacht als Bedrohung unschädlich gemacht wird, es sei denn, das ist zum Schutz des Portals erforderlich. Halten Sie durch, Hilfe ist unterwegs. Auf die Ehre unserer Vorfahren. Geary Ende.«

Er hatte es bis in das Sternensystem geschafft, in dem sich seine Großnichte befand, und seine ersten Worte an sie waren der Befehl, sich zu opfern, falls anders das Hypernet-Portal nicht geschützt werden konnte.

»Sind Sie sich sicher, dass nicht jemand Ihre Befehle widerrufen wird?«, fragte Rione. »Es könnte im System immer noch den einen oder anderen überlebenden Admiral geben.«

»Niemand hat Jane Geary bislang das Kommando entzogen«, warf Desjani ein, als würde sie auf etwas antworten, das jemand anders gesagt hatte. »Aber wir sind zurück zu Hause, und jemand könnte diesen Schiffen oder unserer Flotte einen sinnlosen Sturmlauf gegen die Syndiks befehlen.« Desjani drehte sich zu ihrem Komm-Wachhabenden um. »Sollten Befehle für Captain Geary eingehen, die von einem ranghöheren Offizier in diesem System kommen, dann möchte ich sicherstellen, dass es auf diesem Schiff nicht zu einem gravierenden Problem kommt, was den Empfang und die Weiterleitung ankommender Nachrichten angeht. Jeglicher Fehler wäre unverzeihlich. Unter diesen Umständen werde ich persönlich alle derartigen Nachrichten sichten, bevor ihr Empfang bestätigt wird und bevor eine Weiterleitung an andere Schiffe erfolgt. Es muss absolute Gewissheit bestehen, dass diese Nachrichten nicht verstümmelt sind und dass Captain Geary nicht im verkehrten Moment abgelenkt wird.«

Der Komm-Wachhabende reagierte einen Augenblick lang verwirrt, nickte dann aber ernst. »Verstanden, Captain. Wenn ich eine solche Nachricht sehe, leite ich sie ausschließlich an Sie weiter, damit Sie überprüfen können, wie stark verstümmelt sie ist.«

»Ja, richtig. Sie werden Captain Geary in keiner Weise behelligen, solange wir die Syndiks in diesem Sternensystem nicht erledigt haben.« Desjani lehnte sich zurück und sah Geary an. »Gibt es ein Problem, Sir?«

»Nur die Erkenntnis, dass ich Sie vielleicht immer noch unterschätze, Captain Desjani.«

Sie zog eine Augenbraue hoch. »Das kann sehr gefährlich sein, Sir.«

»Dem werde ich nicht widersprechen.« Er drehte sich zu Rione um. »Madam Co-Präsidentin, während ich mit den Syndiks zu tun habe, könnten Sie in der Zwischenzeit in Erfahrung bringen, was dieses Sternensystem auf der Allianz-Seite zu bieten hat.«

Rione machte eine vage Geste. »Daran sitze ich schon. Soweit ich das derzeit sagen kann, bin ich hier die ranghöchste politische Figur, also müssen Sie sich keine Sorgen machen, dass Ihnen von dieser Seite reingeredet wird.«

»Damit bleiben nur noch die Syndiks. Wie machen wir denen einen Strich durch die Rechnung, Tanya?« Genau genommen kannte er die Antwort längst, weil sie die einzige Lösung war. »Wir müssen die Verteidiger unterstützen, und der Rest der Flotte muss sich den Syndiks widmen und sie daran hindern, das Portal zusammenbrechen zu lassen. Also müssen wir ihnen so sehr wehtun, dass sie ihr Vorhaben nicht mehr in die Tat umsetzen können.«