Desjani warf ihm einen herausfordernden Blick zu. »Sie wissen, was Schlachtkreuzer tun, Captain Geary.«
»Oh ja.« Er hatte noch zwölf Schlachtkreuzer in seiner Flotte, von denen etliche schwer beschädigt waren. Aber sie verfügten über die Feuerkraft, die er benötigte, und sie waren in der Lage, sie dort zum Einsatz zu bringen, wo sie etwas bewirken konnte. »Wie schnell können wir fliegen, ohne dass uns die Brennstoffzellen ausgehen, sobald wir die Syndiks erreicht haben?«
Sie rechnete kurz. »0,14 Licht. Wird die Dauntless sie begleiten?«, fügte sie mit einer Mischung aus Sorge und Hoffnung an.
»Darauf können Sie wetten.« Er begann neue Formationen auszuarbeiten. »Wir müssen die Flotte aufteilen. Eine Formation, die aus den zwölf Schlachtkreuzern besteht und von den Leichten Kreuzern sowie einigen Zerstörern begleitet wird. Die andere Formation setzt sich zusammen aus den Schlachtschiffen, den Schweren Kreuzern und den restlichen Zerstörern.«
»Alles klar. Ich sorge dafür, dass das Zwölfte Leichte Kreuzergeschwader und das Dreiundzwanzigste Zerstörergeschwader bei den Schlachtschiffen bleiben. Ihr Bestand an Brennstoffzellen ist zu niedrig, als dass sie die Schlachtkreuzer begleiten könnten.«
»Gute Idee.« Sie arbeiteten beide in aller Eile und überprüften immer wieder gegenseitig ihre Resultate. Dann übermittelte Geary die Befehle. »Alle Einheiten der Allianz-Flotte, führen Sie bei Zeit zwei eins null fünf die angehängten Steuerbefehle aus.« Er hielt inne und ging die Liste der Schlachtschiffe durch. Die Warspite. Sie hatte sich bewährt. »Captain Plant, Sie sind der Befehlshaber der Schlachtschiff-Formation. Sollte mir etwas zustoßen, müssen Sie alles in Ihrer Macht Stehende versuchen, um die Syndiks an der Zerstörung des Hypernet-Portals zu hindern.«
»Habe verstanden«, erwiderte Plant Sekunden später. »Viel Glück, Sir.«
Rione kam zu ihm und redete so leise, dass nur er sie hören konnte. »Captain Geary, Sie können die Dauntless nicht einer solchen Gefahr aussetzen.«
»Madam Co-Präsidentin«, gab er genauso leise zurück. »Wenn das Hypernet-Portal zusammenbricht, dann ist die Dauntless in Gefahr, ganz gleich wo sie sich in diesem Sternensystem aufhält. Wir müssen die Syndiks davon abhalten, und die Dauntless ist jetzt ein Zwölftel meiner Schlachtkreuzerstreitmacht. Sie wird von ihren Schwesterschiffen gebraucht.«
Rione schnaubte aufgebracht, kehrte aber ohne ein weiteres Wort auf ihren Platz zurück.
»Danke, Sir«, wisperte Desjani.
»Wir müssen die Syndiks schlagen und selbst überleben, Captain Desjani. Können wir das schaffen?«
»Wir werden verdammt noch mal unser Bestes geben, Sir.«
Auf dem Display teilten sich die glatten Formen der Allianz-Unterformationen. Gut die Hälfte der Schiffe bildeten eine einzelne Scheibe, zu der alle überlebenden Schlachtschiffe, die Schweren Kreuzer sowie eine brauchbare Anzahl an Zerstörern gehörten. Die Schlachtkreuzer, die meisten Leichten Kreuzer und die übrigen Zerstörer glitten vorwärts und nahmen die Form einer kleineren Scheibe an, die sich auf einen Vektor begab, der sie zwischen die Reserveflotte und das Hypernet-Portal bringen würde.
Geary verspürte eine gewisse Erregung, als die Schlachtkreuzer vorpreschten und sich dem Feind mit einer Beschleunigung näherten, mit der es Schlachtschiffe niemals aufnehmen konnten. Er war nie zuvor Teil einer großen Schlachtkreuzerformation gewesen, die sich geradewegs auf den Gegner stürzte. Zwar machte die Vernunft ihn darauf aufmerksam, wie schwach die Panzerung und die Schilde seiner Schiffe waren, und er wusste auch, dass diese Streitmacht nicht mehr viele Treffer einstecken konnte, doch das änderte nichts an der völlig irrationalen Begeisterung, die dieser Sturmlauf bei ihm auslöste.
Es war kein kluger Zug, doch – bei seinen Vorfahren – es fühlte sich großartig an.
Er fragte sich, wie viele seiner Schlachtkreuzer diese Attacke überleben würden.
Zwölf
Weitere Mitteilungen mussten verschickt werden, eine davon war für den Feind bestimmt. »Stellen Sie eine Verbindung zum Flaggschiff der Syndiks her«, befahl er, und als die Verbindung stand, setzte er seine beste »Legendärer Held«-Miene auf, dann sprach er: »An den CEO, der die Reserveflotte der Syndikatwelten befehligt. Hier spricht Captain John Geary. Uns ist bekannt, vor wem Sie die Syndikatwelten auf der anderen, dem von der Allianz abgewandten Seite Ihres Territoriums beschützen sollten. Sie wissen, dass es nicht die Allianz war, die das Hypernet-Portal bei Kalixa zerstört hat. Und Sie wissen, wer das in Wahrheit getan hat. Lassen Sie sich nicht zu deren Werkzeug machen. Es wird Ihnen nicht erlaubt werden, Ihre Befehle in diesem Sternensystem auszuführen. Auf die Ehre unserer Vorfahren. Geary Ende.«
Wahrscheinlich würde es nichts bringen, dennoch hatte er es nicht unversucht lassen wollen.
Die nächste Mitteilung: »An das Kommandozentrum der Allianz im Varandal-System, hier spricht Captain John Geary, der befehlshabende Offizier der Allianz-Flotte. Ich werde versuchen, die Syndik-Flotte zu vernichten, und ich benötige jeden Beistand, den Sie uns gewähren können. Sie sollten wissen, dass es das Ziel der Syndiks ist, das hiesige Hypernet-Portal zu zerstören und auf diese Weise eine Energieentladung von der Größenordnung einer Nova zu erzeugen. Auf die Ehre unserer Vorfahren. Geary Ende.«
Desjani gab ihm ein Zeichen. »Cresida sendet ihre Nachricht an jeden im System.«
»Sehr gut.« Er überlegte kurz und sah sich an, wie sich seine Schiffe durchs All bewegten, wobei ihre Flugbahnen auf dem Display ein leuchtendes Netz bildeten. Die Schlachtkreuzer flogen in einem weiten Bogen, während die Schlachtschiffe sich geradewegs durch das System schnitten, damit sie alle ihre Positionen zu beiden Seiten der Syndiks einnehmen konnten.
Hätte er noch etwas zu seiner Großnichte sagen sollen? Aber was? Immerhin befanden sie sich mitten in einer Schlacht. Wahrscheinlich ist dir aufgefallen, dass die Repulse nicht bei der Flotte ist. Das liegt daran, dass dein Bruder wahrscheinlich gestorben ist, als er beim Rückzug aus dem Heimatsystem der Syndiks der Flotte Rückendeckung gab. Übrigens soll ich dir etwas von ihm ausrichten.
Nein, alles Persönliche würde warten müssen. Jane Geary konnte jetzt nichts gebrauchen, was sie von ihren Aufgaben abzulenken vermochte, und das galt für ihn genauso. Solange dieses Gefecht noch nicht hinter ihnen lag, war er an erster Stelle der Flottenbefehlshaber, an zweiter Stelle Captain John Geary, und erst an dritter Stelle war er der Großonkel von Jane Geary.
Die Schlachtkreuzer nahmen gemeinsam mit den Leichten Kreuzern und den Zerstörern ihre Formation ein, während die Schlachtschiffe bereits hinter ihnen zurückfielen. Nach der kurzzeitigen Hektik folgte nun eine lange Phase des Wartens. Trotz der höheren Geschwindigkeit würden die Schlachtkreuzer fünfundzwanzig Stunden benötigen, ehe sie ihr Ziel erreichten, einen Orbit zwischen den Syndiks und dem Hypernet-Portal. In gut zweieinhalb Stunden würde die Reserveflotte die Ankunft der Allianz-Flotte im System beobachten können, und nicht ganz drei Stunden später konnte die Allianz-Flotte dann feststellen, zu welcher Reaktion sich die Syndiks entschlossen hatten.
Geary wandte sich an die Flotte: »Status der sofortigen Gefechtsbereitschaft ist aufgehoben. Ihre Leute sollen sich eine Weile ausruhen.«
»Sir, die Howitzer bittet um Instruktionen.«
Er nahm die Anfrage entgegen und sah, wie die Befehlshaberin der Howitzer ihn entgeistert anstarrte. »Wie lauteten Ihre Befehle, Captain?«, fragte Geary.