Выбрать главу

»Ich habe immer gehört«, sagte Bilbo mit furchtsamer Piepsstimme, »dass Drachen unterwärts etwas dünnhäutiger sind, besonders in der Gegend der – äh – weichen Brust; aber wenn du so gut gerüstet bist, hast du daran natürlich auch gedacht.«

Smaug prahlte nun nicht mehr. »Deine Informationen sind veraltet«, sagte er wegwerfend. »Ich bin von oben bis unten mit Stahlschuppen und harten Edelsteinen gepanzert. Keine Klinge dringt da durch.«

»Hätte ich mir denken können!«, sagte Bilbo. »Wahrhaftig, niemand kommt Fürst Smaug dem Undurchdringlichen gleich. Was für eine Pracht, eine Weste aus lauter edlen Diamanten!«

»Ja, freilich, die ist sehr schön, eine Rarität«, sagte Smaug, wider alle Vernunft geschmeichelt. Er wusste nicht, dass der Hobbit schon bei seinem vorigen Besuch etwas von seinem eigentümlichen Unterkleid zu sehen bekommen hatte und nun aus gutem Grund darauf brannte, noch einmal näher hinzuschauen. Der Drache rollte sich herum. »Schau!«, sagte er. »Was sagst du dazu?«

»Atemberaubend herrlich! Perfekt! Makellos! Umwerfend!«, rief Bilbo laut aus; für sich aber dachte er: »Alter Narr! Wenn das kein kahler Fleck ist, auf der Mulde an der linken Brustseite! Da bist du so nackt wie eine Schnecke ohne Häuschen.«

Nachdem er das gesehen hatte, wollte er schleunigst fort. »So, nun will ich deine Herrlichkeit nicht länger aufhalten«, sagte er, »oder dich um den wohlverdienten Schlaf bringen. Ich glaube, Ponys wollen erst mal gefangen sein, wenn sie einen ordentlichen Vorsprung haben. Und mit Dieben ist das auch nicht anders«, fügte er als kleine Stichelei zum Abschied hinzu. Dann rannte er los, den Tunnel hinauf.

Es war eine Bemerkung, die dem Drachen nicht gefiel, denn er blies ihm mächtige Flammen nach, und so schnell der Hobbit auch die Steigung hinaufrannte, er war noch lange nicht in Sicherheit, als Smaug seinen grässlichen Kopf in die Tunnelöffnung drückte. Der ganze Kopf mit dem Rachen passte zum Glück nicht hinein, aber die Nüstern schickten ihm Dampf und Feuer hinterher, die ihn fast betäubten. Blindlings taumelte er weiter, in Angst und unter Schmerzen. Weil er sich im Gespräch mit Smaug so gut gehalten hatte, war er schon sehr zufrieden mit sich gewesen, aber sein Fehler am Ende brachte ihn zur Vernunft.

»Lache nie über einen Drachen, solang er noch lebt, Bilbo, du Trottel!«, sagte er sich, und später sagte er das oft auch laut, bis es ein Sprichwort wurde. »Du hast dieses Abenteuer noch lange nicht hinter dir«, fügte er hinzu, und auch das war nur allzu richtig.

Der Nachmittag neigte sich schon zum Abend hin, als er oben wieder ankam, über die »Türschwelle« stolperte und ohnmächtig umfiel. Die Zwerge brachten ihn wieder zu sich und kümmerten sich so gut sie konnten um seine Verbrennungen. Aber es dauerte lange, bis das Haar an seinem Hinterkopf und an den Fersen richtig nachgewachsen war: Es war bis auf die Haut versengt und verbrannt. Einstweilen gaben seine Freunde sich alle Mühe, ihn aufzumuntern. Sie waren neugierig, was er zu erzählen hatte, und wollten vor allem wissen, warum der Drache so einen fürchterlichen Krach gemacht hatte und wie Bilbo entkommen war.

Aber der Hobbit machte sich Sorgen und Vorwürfe, und es fiel ihnen schwer, etwas aus ihm herauszubekommen. Wenn er alles recht bedachte, fand er, dass er dem Drachen manche Dinge lieber nicht hätte sagen sollen, und er hatte wenig Lust, davon zu berichten. Die alte Drossel saß wieder nahebei auf einem Felsen, den Kopf auf die Seite gelegt, und hörte alles mit an, was sie redeten. Was Bilbo für eine schlechte Laune hatte, kann man daran sehen, dass er einen Stein nahm und nach der Drossel warf. Sie flatterte nur ein wenig beiseite und setzte sich wieder auf ihren Platz.

»Verwünschter Vogel!«, knurrte Bilbo. »Ich glaube, er belauscht uns. Er gefällt mir gar nicht.«

»Lass die Drossel in Frieden!«, sagte Thorin. »Drosseln sind gut und hilfreich – dies ist ein sehr alter Vogel, vielleicht einer der letzten vom alten Stamm, der einst hier lebte und von meinem Vater und Großvater gezähmt war. Es war eine Rasse langlebiger Zaubervögel, und diese hier könnte eine von denen sein, die damals schon lebten, vor bald zweihundert Jahren. Die Menschen von Thal verstanden früher ihre Sprache und ließen sie mit Botschaften zur Seestadt und anderswohin fliegen.«

»Na, dann hat sie jetzt Neuigkeiten genug, die sie dort hinbringen kann, wenn sie darauf aus ist«, sagte Bilbo, »nur glaube ich nicht, dass es dort noch Leute gibt, die sich mit der Drosselsprache befassen.«

»Was ist denn nun passiert?«, riefen die Zwerge. »Fang endlich an zu erzählen!«

Also erzählte ihnen Bilbo, woran er sich erinnern konnte, und er gestand auch, dass er das unbehagliche Gefühl hatte, der Drache könnte aus seinen Rätseln zu viele richtige Schlüsse gezogen haben, da er ja auch noch die Lager und die Ponys gesehen hatte. »Ich bin sicher, er weiß, dass wir aus der Seestadt gekommen sind und von dort Unterstützung hatten; und ich habe das grässliche Gefühl, dass er als Nächstes in dieser Richtung etwas unternehmen könnte. Hätte ich doch um alles in der Welt nichts von einem Fassreiter gesagt – da kann in dieser Gegend ja selbst ein blindes Kaninchen nur an die Menschen vom See denken!«

»Lass gut sein, das ist nicht zu ändern! Es ist schwer, sich nicht zu verplappern, wenn man mit einem Drachen redet – jedenfalls habe ich das schon oft gehört«, sagte Balin, um ihn zu trösten. »Wenn du mich fragst: Ich finde, du hast dich sehr gut gehalten. Immerhin hast du eine sehr nützliche Sache herausgefunden und bist mit dem Leben davongekommen, und das kann nicht jeder von sich sagen, der einmal mit Smaug oder seinesgleichen geredet hat. Zu wissen, dass der alte Wurm ein Loch in seiner Diamantenweste hat, könnte noch ein großes Glück sein.«

Damit nahm das Gespräch eine andere Wendung, und sie begannen über die historischen, mythischen und umstrittenen Fälle von Drachentötung zu diskutieren, über die verschiedenen Arten von Stichen, Stößen, Finten und Körpertäuschungen und über allerlei Kunstgriffe, Methoden und Strategien, die dabei angewandt wurden. Einen schlummernden Drachen zu überraschen war nach herrschender Meinung nicht so leicht, wie es sich anhörte, und beim Versuch, ihn im Schlaf zu erstechen oder zu verwunden, war ein katastrophaler Misserfolg noch wahrscheinlicher als beim kühnen Frontalangriff. Die ganze Zeit, während sie redeten, hörte die Drossel ihnen zu, bis sie schließlich, als die Sterne hervorkamen, still die Flügel ausbreitete und davonflog. Und die ganze Zeit, während sie redeten und die Schatten länger wurden, fühlte sich Bilbo immer unbehaglicher und bekam immer mehr Vorahnungen.

Zuletzt unterbrach er sie. »Ich bin sicher, wir sitzen hier auf keinem guten Platz«, sagte er, »und ich sehe auch keinen Grund, hier zu bleiben. Das schöne grüne Gras hat der Drache versengt, außerdem ist es schon Nacht, und es wird kalt. Aber ich spür es in den Knochen, dass dieser Platz noch einmal angegriffen wird. Smaug weiß jetzt, wie ich in seine Halle heruntergekommen bin, und ihr könnt ihm zutrauen, dass er erraten wird, wo das andere Ende des Tunnels ist. Er wird diese ganze Seite des Berges kurz und klein schlagen, wenn nötig, um uns den Eingang zu versperren. Und wenn wir dabei zermalmt werden, ist ihm das nur umso lieber.«

»Du bist heute ein Schwarzseher, Bilbo Beutlin!«, sagte Thorin. »Warum hat Smaug nicht den unteren Eingang versperrt, wenn ihm so viel dran liegt, uns fernzuhalten? Das hat er bisher nicht getan, sonst hätten wir es gehört.«

»Ich weiß nicht, ich weiß nicht – weil er zuerst noch einmal versuchen wollte, mich in die Falle zu locken, nehme ich an, und jetzt vielleicht, weil er damit warten will bis nach der Jagd heute Nacht, oder weil er sein Schlafzimmer nicht beschädigen will, wenn er’s vermeiden kann – aber mir wär es lieber, ihr würdet jetzt nicht diskutieren. Smaug wird jetzt jeden Moment hervorkommen, und unsere einzige Chance ist dann, rechtzeitig im Tunnel zu sein und die Tür zu schließen.«