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Was alles geschehen war, nachdem ihn der Stein betäubt hatte, erfuhr Bilbo später; aber es bereitete ihm mehr Kummer als Freude, und er war sein Abenteuer nun gründlich leid. Er wollte nur noch nach Hause. Bis er sich aber auf den Rückweg machen konnte, musste er noch ein wenig warten, und inzwischen kann ich einiges von dem, was vorgefallen war, berichten. Die Adler hatten schon lange den Verdacht geschöpft, dass die Orks sich zu einem Kriegszug sammelten; ihrer Wachsamkeit konnten die Marschkolonnen in den Bergen nicht ganz verborgen bleiben. Darum hatten auch sie sich in großer Zahl unter der Führung des Adlerfürsten der Nebelberge gesammelt, und als sie schließlich den Krieg von fern wittern konnten, waren sie, vom Sturm getragen, herbeigeeilt und in letzter Sekunde zur Stelle gewesen. Sie waren es, die die Orks von den Berghängen verjagten: Sie warfen sie über die Klippen oder scheuchten sie hinunter, dass sie heulend und entgeistert ihren Feinden in die Waffen liefen. Nicht lange, so waren die Orks vom Einsamen Berg weggeräumt, und die Elben und Menschen konnten endlich den Zwergen unten im Tal zu Hilfe kommen.

Aber auch mit den Adlern waren die Verbündeten noch weit in der Unterzahl. In dieser letzten Stunde war Beorn auf dem Schlachtfeld erschienen – niemand wusste, wie und woher. Er kam ganz allein und in Bärengestalt, doch die Kampfeswut schien ihn ins fast Riesenhafte vergrößert zu haben.

Sein Gebrüll klang wie Paukenschlag und Kanonendonner; und er fegte die Orks und die Wölfe wie Federn und Strohhalme beiseite. Er fiel über ihre Nachhut her und durchbrach ihren Einschließungsring wie ein Donnerkeil. Auf einem runden Hügel hielten die Zwerge noch stand, um ihre Fürsten geschart. Dort beugte Beorn sich nieder und hob Thorin auf, der von Speeren durchbohrt gefallen war, und trug ihn aus dem Getümmel.

Gleich darauf kam er wieder, in verdoppelter Wut. Nichts konnte ihm widerstehen, keine Waffe schien ihn verwunden zu können. Er zerfetzte Bolgs Leibwache; dann griff er sich Bolg selbst und erdrückte ihn. Entsetzen packte die Orks, und sie flohen in alle Richtungen. Bei ihren Feinden aber verscheuchte die neue Hoffnung alle Müdigkeit. Sie setzten den Flüchtenden scharf nach und ließen nicht viele entkommen. Manche trieben sie in den Eilend; manche, die nach Süden oder Westen flohen, jagten sie in die Sümpfe um den Waldfluss, wo die meisten von ihnen umkamen, während die wenigen, die noch bis ins Reich der Waldelben gelangten, dort erschlagen wurden oder im weglosen Dunkel des Waldes verschwanden. In den Liedern hieß es später, drei Viertel der Orksoldaten des Nordens seien an diesem Tag umgekommen, und danach hatte das Gebirge etliche Jahre lang Frieden.

Vor Einbruch der Nacht war die Schlacht entschieden gewesen, aber die Verfolgung war noch im Gange, als Bilbo ins Lager zurückkehrte, und außer den ernstlich Verwundeten waren nicht viele im Tal geblieben.

»Wo sind die Adler?«, fragte er Gandalf am Abend, als er es sich unter vielen warmen Decken bequem machte.

»Manche jagen die Feinde«, sagte der Zauberer, »aber die meisten sind zu ihren Horsten heimgeflogen. Sie wollten nicht länger bleiben und sind schon in der Morgendämmerung aufgebrochen. Dain hat ihren Fürsten mit Gold bekrönt und ihnen ewige Freundschaft geschworen.«

»Das ist schade – ich meine, ich hätte sie so gern wiedergesehen«, sagte Bilbo schläfrig. »Aber vielleicht seh ich sie noch auf dem Heimweg. Ich denke, ich kann doch bald heimkehren?«

»So bald du nur willst«, sagte der Zauberer.

Tatsächlich vergingen aber noch ein paar Tage, bevor Bilbo aufbrach. Sie begruben Thorin Eichenschild tief unter dem Berg, und Bard legte ihm den Arkenstein auf die Brust.

»Dort soll er liegen, bis der Berg einstürzt«, sagte er. »Möge er all seinem Volk Segen bringen, das bald wieder hier wohnen wird!«

Auf Thorins Grab legte der Elbenkönig dann das Schwert Orkrist, das Thorin in der Gefangenschaft abgenommen worden war. In den Liedern heißt es, immer wenn Feinde nahten, würde das Schwert im Dunkeln aufleuchten, und so könnten die Zwerge in ihrer Festung nie überrascht werden. Dain Nainssohn nahm nun dort seinen Wohnsitz und wurde König unter dem Berge, und um seinen Thron in den alten Hallen sammelten sich viele andere Zwerge. Von Thorins zwölf Gefährten blieben nur noch zehn: Fili und Kili waren gefallen, als sie ihn mit ihren Schilden und ihren Leibern deckten, denn er war der ältere Bruder ihrer Mutter. Die anderen blieben bei Dain.

Mit dem Schatz verfuhr Dain zu aller Zufriedenheit. Es konnte natürlich keine Rede mehr davon sein, jedem den ursprünglich vorgesehenen Anteil zu geben: Balin und Dwalin, Dori, Nori und Ori, Oin und Gloin, Bifur, Bofur und Bombur – oder auch Bilbo. Doch ein Vierzehntel allen geschmiedeten und ungeschmiedeten Silbers und Goldes wurde Bard überlassen, denn Dain sagte: »Wir wollen die Abmachung, die der Tote getroffen hat, achten, und den Arkenstein hat er nun in Verwahrung genommen.«

Auch ein Vierzehntel von diesem Schatz war noch ein gewaltiges Vermögen, mehr als viele Menschenkönige besaßen. Von seinem Anteil schickte Bard dem Bürgermeister der Seestadt eine Menge Gold; und seine Freunde und Gefolgsmänner belohnte er großzügig. Dem Elbenkönig gab er Girions Smaragde, die Edelsteine, die er am höchsten schätzte und die Dain ihm zurückerstattet hatte.

Zu Bilbo sagte er: »Dieser Schatz gehört Ihnen ebensogut wie mir, obwohl die alten Verträge nicht mehr gelten können, weil so viele dazu beigetragen haben, den Schatz zu gewinnen und zu verteidigen. Und wenn Sie auch bereit waren, auf Ihren Anspruch ganz zu verzichten, möchte ich doch nicht, dass Thorins Worte, die er bereut hat, wahr werden: dass für Sie wenig übrig bleiben wird. Darum möchte ich Sie von allen am reichsten belohnen.«

»Sehr freundlich von Ihnen«, sagte Bilbo. »Aber eigentlich bin ich erleichtert, dass mir die Sorge abgenommen wird. Wie in aller Welt hätte ich all das Zeug ohne Mord und Totschlag unterwegs bis nach Hause schaffen sollen? Und was ich zu Hause damit anfangen könnte, weiß ich auch nicht. Ich bin mir sicher, bei Ihnen ist der Schatz besser aufgehoben.«

Aber am Ende war er doch bereit, zwei kleine Kisten mitzunehmen, die eine voll Silber, die andere voll Gold, nicht mehr, als ein einziges kräftiges Pony tragen konnte. »Damit kann ich gerade noch fertigwerden«, sagte er.

Dann wurde es endlich Zeit, von den Freunden Abschied zu nehmen. »Lebe wohl, Balin«, sagte er, »und lebe wohl, Dwalin, lebt wohl, Dori, Nori und Ori, Oin und Gloin, Bifur, Bofur und Bombur! Mögen eure Bärte sich niemals lichten!« Und zum Berg hin gewandt fügte er hinzu: »Lebe wohl, Thorin Eichenschild! Lebt wohl, Fili und Kili! Möge euer Andenken nie verblassen!«

Dann machten die Zwerge vor ihrem Tor eine tiefe Verbeugung, aber die Worte blieben ihnen im Halse stecken. »Auf Wiedersehn und viel Glück auf deinen Wegen!«, brachte Balin schließlich heraus. »Wenn du uns je besuchst, sobald unsere Hallen wieder schön hergerichtet sind, werden wir dir ein prächtiges Festessen geben.«

»Wenn ihr je in meine Gegend kommt«, sagte Bilbo, »dann zögert nicht zu klingeln! Tee gibt’s um vier, aber jeder von euch ist jederzeit willkommen.«

Dann wandte er sich fort.

Das Elbenheer war auf dem Rückmarsch. Es war betrüblich zusammengeschmolzen, und doch waren viele froh, denn nun würden die Nordlande für manch einen langen Tag Frieden haben. Der Drache war tot, die Orks waren niedergeworfen, und die Elben freuten sich von Herzen auf einen schönen Frühling nach diesem Winter.

Gandalf und Bilbo ritten hinter dem Elbenkönig, und neben ihnen ging Beorn, nun wieder in Menschengestalt, der auf dem ganzen Weg laut sang und alberte. So kamen sie bis nahe an den Saum des Düsterwalds, etwas nördlich von der Stelle, wo der Waldfluss ins offene Land heraustrat. Dort hielten sie an, denn der Zauberer und Bilbo mochten den Wald nicht betreten, obwohl der König sie einlud, eine Weile in seinen Hallen zu Gast zu bleiben. Sie gedachten, am Rand des Waldes entlangzureiten, um sein nördliches Ende herum durch die Einöde, die ihn vom Grauen Gebirge trennte. Es war ein langer und eintöniger Weg, aber nachdem die Orks nicht mehr zu fürchten waren, schien er ihnen sicherer als die schrecklichen Pfade unter den Bäumen. Außerdem nahm auch Beorn diesen Weg.